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Ringen um Finanzierung:Wie es um das Deutschlandticket steht
von Roman Leskovar
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Die gemeinsamen Zahlungen von Bund und Ländern zum Deutschlandticket enden zum Jahreswechsel. Droht wieder eine Hängepartie oder finden beide Seiten eine dauerhafte Einigung?
Obwohl die Rahmenbedingungen nie leicht waren - das Deutschlandticket scheint eine treue Kundschaft gefunden zu haben. Rund 13,5 Millionen monatliche Käufer zählt der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) durchgehend seit Ende letzten Jahres. Und das trotz Preiserhöhung auf 58 Euro und immer wieder zähen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung.
Für den Fahrgastverband Pro Bahn ist es misslich, dass in der Politik um den Fortbestand immer wieder gestritten wird.
Jeder, der überlegt das Deutschlandticket zu kaufen, fragt sich: Wie lange gibt es das überhaupt noch?
Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender Pro Bahn
"Das ist das Schlimmste, was man machen kann, wenn man so ein Angebot auf den Markt bringt", ärgert sich der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann.
Jetzt wird auf der Sonderkonferenz der Verkehrsminister gemeinsam mit dem neuen Bundesminister Patrick Schnieder (CDU) am Freitag einmal mehr über die Zukunft gesprochen. Denn die finanziellen Zusagen gelten wieder nur bis Jahresende.
Deutschlandticket: Gefeilsche um Finanzierung droht
Bislang schießen Bund und Länder jeweils 1,5 Milliarden Euro jährlich dazu, um die Einbußen der Verkehrsunternehmen auszugleichen. Weil das Deutschlandticket oft günstiger ist als die alten Tarife machen die Betriebe Verluste. Fest steht dabei, das Geld reicht nicht mehr.
"Wir werden mehr als drei Milliarden Euro brauchen im nächsten Jahr. Das liegt daran, dass einfach die Kosten steigen bei den Verkehrsunternehmen. Personal, Energie und so weiter", stellt Lars Wagner vom VDV klar.
Es droht also wieder Gefeilsche. Einer dpa-Umfrage von vergangener Woche zufolge herrscht vor der Sonderkonferenz nicht mal Einigkeit unter den Ländern. Die Mehrheit aber scheint wenig gewillt zu sein, mehr zu zahlen. Selbst Stadt-Staaten wie Berlin nicht, in denen es prozentual besonders viele ÖPNV-Nutzer gibt. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) sagt gegenüber ZDFheute:
Wir haben immer gesagt, wer bestellt, der bezahlt auch. Und wenn mehr Finanzbedarf besteht, dann ist der Bund derjenige, der das übernehmen muss.
Ute Bonde, Berlins Verkehrssenatorin
Schwarz-rote Bundesregierung will Fortbestand
Die Haltung der Bundesregierung ist bislang im Koalitionsvertrag nachzulesen. Darin plädieren Union und SPD für den Bestand des Tickets über dieses Jahr hinaus. Allerdings soll der Preis auf Dauer steigen. "Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht", heißt es wörtlich.
Was das genau bedeutet, darüber dürften Länder und Kunden vor der Sitzung gleichermaßen rätseln. Droht den Nutzern langfristig eine starke Verteuerung und was kommt bis 2029 auf die Länder zu? Beim Fahrgastverband Pro Bahn jedenfalls macht man sich wenig Illusionen über die Preisentwicklung. Naumann schätzt:
Es muss jetzt erstmal geklärt werden, ob man größere Sprünge macht oder lieber jährlich kleine. Aber das Deutschlandticket wird im Preis deutlich steigen müssen. 70 bis 80 Euro sind da durchaus drin.
Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender Pro Bahn
Potenzial des Deutschlandtickets noch nicht ausgeschöpft?
Einig sind Fahrgastvertreter und VDV darin, dass das Ticket-Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. 15 Millionen Kunden hält der Verkehrsbetriebe-Dachverband für realistisch. Dafür müsste es allerdings mehr Anreize geben.
"Beim Job-Ticket gibt es noch ganz viel Potenzial. Allerdings läuft auch dieser Rabatt beim Deutschlandticket aus zum Jahresende nach aktuellem Stand. Und bei den Azubis ist auch noch was möglich analog zu den Studierenden-Vergünstigungen", sagt Wagner.
Bei der Sonderkonferenz dürfte es zunächst nur um die Finanzierung gehen. Und um ein zweites großes Thema. Auf der Tagesordnung steht wohl auch das milliardenschwere Sondervermögen Infrastruktur. Viel Gesprächsstoff für die angesetzten vier Stunden.
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