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Mehr Geld für die Bundeswehr:Neue Milliarden sollen die Lücken stopfen
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Der F-35 Jet, Transport-Hubschrauber und U-Boote wurden bestellt mit dem bisherigen Sondervermögen. Doch es reicht nicht: Die Bundeswehr ist nicht zu einhundert Prozent einsatzbereit.
"Wir sind blanker als blank," sagt der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner. Viel Material habe man an die Ukraine abgegeben, zu spät sei Material bestellt und die Rüstung zu schleppend in Gang gesetzt worden.
Zum Beispiel ist die Division 2025 nicht einsatzbereit, dabei war sie als kalt-startfähige Kampftruppe der Nato für dieses Jahr zugesagt.
Vor allem solchen Landstreitkräften - die so essentiell für die Landes- und Bündnisverteidigung sind - fehlt es an Vielem: "Panzer, Infanterie, aber auch die elektronische Kampfführung, der Sanitätsdienst - es ist ein Mix an Fähigkeiten für die Dimension Land", so Wüstner.
Das haben wir in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt.
André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbands
Lücken bei Gerät und Fähigkeiten
Die Fähigkeitslücken sind zahlreich. Ohne die Amerikaner fehlt es an Aufklärung und Zielerfassung. Es mangelt an Drohnen und an Marschflugkörpern, die über eine lange Strecke fliegen und feindliche Stellungen in weiter Entfernung zerstören können.
Selbst wenn die Bundeswehr nun neue Flugabwehrsysteme bekommt, gibt es davon schlicht zu wenig - ein Risiko für Truppe und Bevölkerung.
"Das heißt, es würden zu viele Raketen durchkommen und entsprechend massive Schäden entweder an kritischer Infrastruktur oder auch an Ballungszentren machen, und dagegen muss man sich rüsten", sagt Christian Mölling, Direktor im Programm "Europas Zukunft" der Bertelsmann Stiftung.
Wir haben auch nicht genug, um ganz Deutschland oder ganz Europa abzudecken. Wir müssten eine Auswahl treffen.
Christian Mölling, Bertelsmann Stiftung
Ohne Personal ist alles Gerät wenig wert
Für künftige Nato-Anforderungen braucht es bis zu 70.000 zusätzliche Soldaten. Der Personalmangel ist die größere Herausforderung für die Bundeswehr als der Mangel an Material, ohne Wehrpflicht wird es wohl nicht gehen.
Doch dafür fehlt es an nötigen Strukturen - Kasernen sind abgebaut, Ausbilder nicht mehr da. Hinzu kommt, dass die Bundeswehr vor allem auch Spezialisten anwerben und sich als Arbeitgeber auf einem umkämpften Arbeitsmarkt durchsetzen muss.
"Aber Menschen zu motivieren, in die Streitkräfte einzutreten und gerade in diesen Zeiten darüber nachzudenken auch ihr Leben für dieses Land zu geben," wendet Mölling ein, "das ist eine besondere Herausforderung, die auch eine andere politische Ansprache braucht, als wir sie in den letzten Jahren erlebt haben."
Industrie fordert feste Aufträge
Wenigstens geht die Beschaffung von Gerät inzwischen deutlich zügiger. Die Schiene zwischen politischen Entscheidern und dem Beschaffungsamt in Koblenz läuft reibungsloser. Marktverfügbares Material statt sogenannter "Goldrandlösungen", das ist die neue Leitlinie.
Dennoch ist die Forderung der Rüstungsbauer nach langfristigen festen Zusagen aus der Politik aktueller denn je. Bislang war unklar, wie viel Geld Deutschland nach Auslaufen des Sondervermögens für Verteidigung ausgeben will und kann.
Nun, mit den neuen Mitteln, erhofft man sich Planbarkeit: "Wenn wir wirklich in ganz erhebliche Investments gehen, um nochmal den Output zu vervielfachen, dann reden wir über Größenordnungen, die wirklich nur vor dem Hintergrund einer klaren Ansage unserer Kunden - also in unserem Fall der Bundesregierung - möglich sind," sagt Hans Christoph Atzpodien, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.
Die Chancen der zweiten Zeitenwende
Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat die erste Zeitenwende ausgelöst, die Abkehr der USA von Europa nun eine zweite. In den ersten drei Jahren der Zeitenwende wurde Vieles vielleicht zu langsam umgesetzt.
André Wüstner vom Bundeswehrverband ist dennoch hoffnungsvoll: "Das rächt sich hoffentlich nicht bitterlich." Europa habe noch eine Chance, Europa sei stark, "nur es müssen jetzt die entsprechenden Schritte gegangen werden".
Ines Trams ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.
Quelle: dpa
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