Bürokratie: Platzt der Knoten? Staatsmodernisierung im Kabinett

Staatsmodernisierung im Kabinett:Platzt der Bürokratie-Knoten?

Jan Henrich aus dem ZDF-Hauptstadtstudio

von Jan Henrich

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Beim "Entlastungskabinett" will die Bundesregierung am Mittwoch über ein Reformpaket zum Bürokratieabbau entscheiden. Weitere sollen nach den Plänen des Digitalministers folgen.

Karsten Wildberger, aufgenomme am 06.05.2025

Karsten Wildberger will die Staatsmodernisierung vorantreiben.

Quelle: ddp

Deutschland habe sich verknotet. Mit diesem Bild hatte Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) vor einigen Wochen im Bundestag die Ausgangslage für seine Modernisierungsagenda beschrieben. Das Land sei gefesselt von zu vielen Vorschriften, Verfahren und Regeln. Es brauche deswegen große Entlastungen und Vereinfachungen.

Bundesverkehrsminister Karsten Wildberger

Die Modernisierungsagenda für den Bund sei ein "ganz konkretes Umsetzungspapier", sagt der Digitalminister Karsten Wildberger. Das habe man "in dieser Form" noch nicht gehabt.

01.10.2025 | 5:24 min

An diesem Mittwoch beschäftigt sich das Bundeskabinett mit dem ersten konkreten Reform-Paket aus seinem Haus. Der Minister wird zeigen müssen, dass sich Bürokratieabbau nicht in den Details verstrickt.

Koalitionsvertrag: Acht Prozent weniger Verwaltungskosten

An ambitionierten Zielen fehlt es der Bundesregierung beim Thema Digitalisierung nicht. Die Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um rund 16 Milliarden Euro sinken, die Personalkosten in der Bundesverwaltung um acht Prozent reduziert werden. Hinzu kommt das Versprechen, Bauanträge, Behördengänge oder Genehmigungen zu vereinfachen.

Wir stellen behördenübergreifend Aufgaben, Institutionen und Behörden auf den Prüfstand.

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 21. Legislaturperiode

Rund 80 Maßnahmen hatte die Bundesregierung bei ihrer Kabinettsklausur Anfang Oktober dafür ins Auge gefasst. Die genaue Umsetzung blieb noch offen.

Über 90.000 Einzelnormen auf Bundesebene

Denn die scheint beim Thema Bürokratieabbau vor allem eine Fleißarbeit zu werden. Zum Stichtag im Mai 2024 gab es nach Angaben des Deutschen Bundestags allein auf Bundesebene 4.664 geltende Gesetze und Rechtsverordnungen, insgesamt mit über 90.000 Einzelnormen. Hinzu kommen etliche Verwaltungsvorschriften, die innerhalb der Behörden greifen.

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Zwei Bürgermeister zeigen, wie Bürokratieabbau in Kommunen funktioniert – zwischen Digitalisierungsfortschritt und Regelchaos.

20.10.2025 | 11:32 min

Jede einzelne könnte man potenziell auf Vereinfachungen hin überprüfen. Und damit ist es noch nicht getan, denn am Ende ist es ein schmaler Grat zwischen Bürokratieabbau und einer Deregulierung, die den Zweck vieler politischer Entscheidungen und etablierter Standards untergräbt.

Wildberger: "Staatsmodernisierung ist Teamwork"

Aus diesem Grund ist Wildberger bei seinem Vorhaben vor allem auf eines angewiesen: Die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien. Die allermeisten der angepeilten Maßnahmen befassen sich mit Themen aus anderen Ressorts. Dort scheint die Motivation, sich an den Projekten zu beteiligen, unterschiedlich stark ausgeprägt.

Ein Grund, warum Wildberger vermutlich immer wieder auf einen notwendigen Schulterschluss hinweist. In einer Bundestagsrede betonte er zuletzt das notwendige Teamwork. Darauf wird es auch gegenüber den Ländern und Kommunen ankommen. Denn viele bürokratische Vorgänge, mit denen Bürgerinnen und Bürger überhaupt in Kontakt kommen, finden dort statt und werden dort organisiert.

Erstes "Entlastungskabinett" mit mehreren Gesetzesentwürfen

Eine erste Handvoll konkreter Gesetzesentwürfe will die Bundesregierung an diesem Mittwoch auf den Weg bringen. "Entlastungskabinett" wird das neue Format genannt und es soll nach den Vorstellungen des Ministers zum regelmäßigen Instrument werden.

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Laut Medienberichten stehen unter anderem Gesetzentwürfe zur Digitalisierung von Immobilienverträgen und zu Entlastungen im Pass- und Ausweiswesen auf der Tagesordnung. Mehrere Dutzend weiterer Maßnahmen für einen effizienteren Staat hatte die Bundesregierung bereits in ihrer Modernisierungsagenda identifiziert.

Die große Entlastung wird vermutlich keine der Maßnahmen alleine bringen. Bleibt abzuwarten, ob in der Summe der Projekte am Ende der Knoten platzt.

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