Wie US-Präsident Trump mit dem Fall Garcia den Rechtsstaat testet

Analyse

Migrant in Gefängnis abgeschoben:Wie Trump den Rechtsstaat im Fall Garcia testet

Katharina Schuster
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Er suchte Schutz in den USA: Nun sitzt Kilmar Abrego Garcia in einem Gefängnis in El Salvador. Warum der Fall mehr als ein Einzelschicksal ist - und was er zeigt.

Der Grenzschutzbeauftragte des Weißen Hauses spricht vor der Presse in Washington.
Wegen der willkürlichen Abschiebung des Einwanderers Garcia fordert eine US-Richterin nun Aufklärung. Trotz gerichtlicher Anordnung verweigert die Regierung die Rückführung des Einwanderers. 16.04.2025 | 1:41 min
Die Geschichte von Kilmar Abrego Garcia beginnt in El Salvador. Wahrscheinlich hätte er selbst nie geahnt, dass er so schnell dorthin zurückkehren würde. Seit über einem Jahrzehnt lebte der 29-Jährige legal in Maryland, USA - verheiratet mit einer US-Amerikanerin, Vater dreier Kinder.
Und doch wurde er am 15. März 2025 abgeschoben. Zurück in ein Land, aus dem er einst floh - bedroht von Banden, wie ein US-Gericht anerkannte, das ihm daher Schutz vor genau dieser Abschiebung gewährte.
Kilmar Armando Abrego Garcia
Der Fall des unrechtmäßig abgeschobenen Kilmar Armando Abrego Garcia löst in den USA heftige Debatten aus.
Quelle: AP

Trump widersetzt sich dem Supreme Court

Die US-Regierung spricht von einem "administrativen Fehler". Trotz rechtskräftiger Schutzanordnung war Garcia abgeschoben worden, auf Grundlage unbelegter Behauptungen, er sei ein Bandenmitglied. Ein Gericht hat das nie bestätigt. Und doch wurde er in einem Hochsicherheitsgefängnis für Banden (Cecot) untergebracht.
Karte Cecot-Gefängnis, El Salvador, USA
Quelle: ZDF

Der Fall lässt ein Land aufhorchen. Denn was danach geschehen ist, sprengt nicht nur rechtsstaatliche Konventionen, sondern stellt auch die Grundfesten der US-Verfassung infrage. Der Supreme Court urteilte: Die Abschiebung sei unrechtmäßig. Die Regierung wurde angewiesen, Garcia zurückzuholen. Doch US-Präsident Donald Trump ignoriert bisher das Urteil.
"Die Vereinigten Staaten konnten ihr Justizsystem immer aufrechterhalten, weil die Präsidenten die Urteile des Supreme Courts respektiert haben", sagt die Verfassungsrechtlerin Deborah Pearlstein von der Princeton University. "Wir stecken jetzt also in einem echten Dilemma." Was Trumps Verhalten langfristig für das US-Rechtssystem bedeute, sei ungewiss.
Trotz eines Gerichtsurteils verweigert Trump die Rückkehr eines US-Einwanderers, der im Hochsicherheitsgefängnis sitzt. Was das für die Rechtstaatlichkeit bedeutet ordnet Claudia Bates ein.
Trotz eines Gerichtsurteils verweigert Trump die Rückkehr eines US-Einwanderers, der in El Salvador einsitzt. Was das für die Rechtsstaatlichkeit bedeutet, ordnet Claudia Bates ein.16.04.2025 | 1:13 min

US-Senator von Maryland besucht Garcia in El Salvador

Als der salvadorianische Präsident Nayib Bukele, der sich selbst als "coolster Diktator der Welt" bezeichnet hat, am Montag das Weiße Haus besuchte, nutzte Trump die gemeinsame Pressekonferenz zur Machtdemonstration. Seine Linie ist klar: kompromisslose Abschiebungen. Sogar die Abschiebung von US-Staatsbürgern schließt er nicht mehr aus.
Die US-Demokraten bezeichneten Garcias Abschiebung als grausame Konsequenz von Trumps Missachtung der Gerichte. Am Donnerstagabend besuchte der Senator von Maryland Garcia in El Salvador. Ins Gefängnis selbst durfte der US-Demokrat Chris Van Hollen nicht - das Treffen fand daher offenbar in einem Restaurant statt.
Van Hollen berichtet, wieder zurück in den USA, auf einer Pressekonferenz: "Garcia sagte, dass er keine Angst vor den anderen Gefangenen in seiner unmittelbaren Zelle hatte, aber dass er durch den Aufenthalt im Cecot traumatisiert war und Angst vor vielen der Gefangenen in anderen Zellen hatte, die ihm zugerufen und ihn auf verschiedene Weise verspottet hatten."
Demonstranten zeigen ihre Unterstützung für Jennifer Vasquez Sura, die Ehefrau von Kilmar Abrego Garcia, der irrtümlich nach El Salvador abgeschoben wurde.
Wegen des Vorwurfs der Bandenkriminalität hat die US-Regierung einen Einwanderer nach El Salvador überstellen lassen. Der Supreme Court fordert aufgrund fehlender Beweise seine Rückkehr, Nein, sagt der US-Präsident.16.04.2025 | 1:41 min
"Mein Hauptziel dieser Reise war es, Kilmar zu treffen", schreibt Van Hollen auf X. Ein ausführlicher Bericht solle nach seiner Rückkehr folgen.

X-Post von Chris Van Hollen

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US-Historiker spricht von Weckruf

Für den US-Historiker Donald Nieman ist der Fall ein Weckruf: "Trumps Vorgehen zeigt eine klare Missachtung der Gerichte und der Rechtsstaatlichkeit."

Es ist ein Stresstest für das System. Wenn wir ihn nicht bestehen, ist niemand mehr sicher - und die USA ähneln dann eher Ungarn oder der Türkei.

Donald Nieman, US-Historiker

Der Präsident habe die Möglichkeit gehabt, sich nach dem Fehler auf diplomatische Zwischentöne zurückzuziehen, erklärt Nieman im Gespräch mit ZDFheute. Stattdessen provoziere Trump frontal. "Trump verweigerte dem Gericht das Feigenblatt eines gutgläubigen Versuchs, Abrego Garcia zu befreien - und das wird ihm das Gericht nicht verzeihen", sagt Nieman.
Sogar der Oberste Richter John Roberts, selbst ein Verfechter weitreichender präsidialer Befugnisse, habe eine klare Grenze gezogen: "Der Supreme Court hat signalisiert, dass er nicht zulassen wird, dass die Rechtsstaatlichkeit ignoriert wird." Und doch bleibe die Macht des höchsten Gerichts letztlich symbolisch.
Nieman erinnert daran, dass der Supreme Court auf die öffentliche Meinung angewiesen sei, um seine Urteile durchzusetzen. Die Verfassung sei kein Selbstläufer. Vielleicht sei es am Ende genau dieser Fall, der die Frage aufwerfe, wie weit ein Präsident gehen kann und wie stark die Institutionen wirklich sind, die ihn eigentlich in die Schranken weisen sollen.
Eine Reihe Soldaten marschieren vor dem weißen Haus, im Hintergrund eine Flagge der USA
Die Amtseinführung Donald Trumps als nächster US-Präsident steht kurz bevor. Unser Korrespondent Elmar Theveßen berichtet über die Auswirkungen auf das Land und seine Bürger.15.01.2025 | 12:39 min

Fall Garcia: Ein Prüfstein für die Verfassung

Kilmar Abrego Garcia sitzt derweil weiter in Haft in El Salvador. Die USA, seine Familie - all das scheint in weiter Ferne. Und doch steht sein Schicksal längst nicht mehr nur für ein persönliches Unrecht. Es ist ein Prüfstein für die amerikanische Verfassung.
Garcias Geschichte begann in El Salvador. Ob sie auch dort enden muss, liegt nun nicht mehr allein in juristischen Händen.
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.

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Quelle: dpa

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