Präsidentschaft in Chile:Linkskandidatin und Ultrarechter ziehen in Stichwahl ein
Bei der Präsidentschaftswahl in Chile liegt die linke Kandidatin Jeannette Jara ersten Zwischenergebnissen zufolge vorn. Ihr folgt der Rechtsaußen-Politiker José Antonio Kast.
Erstmals seit 2012 herrschte für die 15,7 Millionen registrierten Wählerinnen und Wähler in Chile wieder die Wahlpflicht.
Quelle: AFPBei der Präsidentschaftswahl in Chile wird die Entscheidung in einer Stichwahl zwischen der Linkskandidatin Jeannette Jara und dem ultrarechten Politiker José Antonio Kast fallen.
Beim ersten Wahlgang am Sonntag kam die gemäßigte Kommunistin Jara nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen auf 26,8 Prozent, gefolgt von Kast mit knapp 24 Prozent. In der entscheidenden zweiten Wahlrunde am 14. Dezember ist der deutschstämmige Kast laut Umfragen der Favorit.
Kast bewirbt sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt
Der Kandidat der Republikanischen Partei dürfte dann die Stimmen von Anhängern von anderen Rechtskandidaten auf sich vereinen, die im ersten Wahlgang ausgeschieden sind. Der 59-Jährige, der sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt bewirbt, zeigte sich nach dem ersten Wahlgang siegesgewiss: "Wir werden unser Heimatland wieder aufbauen", sagte der Vater von neun Kindern vor Anhängern.
Der Anwalt, dessen Vater in der NS-Zeit Wehrmachtsoldat war, wäre der erste Rechtsaußen-Präsident in Chile seit dem Ende der Herrschaft von Diktator Augusto Pinochet (1973-1990). Kast selbst macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Diktator, der tausende Oppositionelle verfolgen, foltern und töten ließ.
Eine zwangsgeräumte Textilfabrik, ein Krankenhaus voller dunkler Geheimnisse und ein Gefangenenlager in der Wüste: Diese drei verlassenen Orte erzählen vom Terror der Pinochet-Diktatur in Chile.
25.04.2025 | 44:47 minJara: "Lasst nicht zu, dass die Angst eure Herzen einfriert"
Linkskandidatin Jara rief nach der ersten Wahlrunde dazu auf, nicht zu verzagen. "Lasst nicht zu, dass die Angst eure Herzen einfriert", sagte sie. Die 51-jährige frühere Arbeits- und Sozialministerin gehört der Kommunistischen Partei des südamerikanischen Landes an. Sie gilt aber als gemäßigt links und tritt als Kandidatin eines Mitte-Links-Bündnisses an.
Im ersten Wahlgang schnitt Jara schlechter ab als von Meinungsforschern vorhergesagt, Kast dagegen besser. Rodrigo Arellano von der chilenischen Universidad del Desarrollo bezeichnete den Ausgang der ersten Wahlrunde daher als "sehr schlechte Nachrichten" für Jara. Es sei "unwahrscheinlich", dass sie die Stichwahl gewinnen könne.
Im Jahr 2021 wählten die Chilenen Gabriel Boric, einen damals 35-jährigen linken Studentenführer, zum jüngsten Präsidenten in der Geschichte des Landes. Seine Wahl stellte eine politische Sensation dar und markierte einen historischen Wendepunkt in Chiles Geschichte.
20.12.2021 | 2:03 minUm die Nachfolge des scheidenden linksgerichteten Präsidenten Gabriel Boric hatten sich insgesamt acht Kandidaten beworben. Das chilenische Wahlrecht sieht eine Stichwahl vor, wenn im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht. Am Sonntag landete der populistische Kandidat Franco Parisi überraschend auf dem dritten Platz, vor dem Rechtsradikalen Johannes Kaiser und der konservativen Kandidatin Evelyn Matthei.
Wahlkampfthemen: Kriminelle Banden und Einwanderung
Wichtigste Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen kriminelle Banden sowie die Einwanderung. In der Amtszeit von Präsident Boric ist die Mordrate zwar um zehn Prozent gesunken, doch die zunehmende Gewalt krimineller Banden bereitet vielen Chilenen Sorgen. Zudem verzeichnete das Land einen Anstieg der Migrationszahlen. Eine Mehrheit der Chilenen bringt den Anstieg der Kriminalität mit der illegalen Einwanderung in Verbindung.
Den Schutzstatus von mehr als 600.000 Venezolanern in den USA hatte Trump im Januar aufgehoben. Hunderte wurden anschließend abgeschoben. Ein Bundesrichter stellt sich nun dagegen.
01.04.2025 | 2:38 minKast hat angekündigt, die rund 337.000 Menschen ohne Papiere - überwiegend Venezolaner - aus dem Land zu werfen. Im Wahlkampf kündigte er Massenabschiebungen, den Bau einer Grenzmauer, die Aufrüstung der Polizei und den Einsatz der Armee in kritischen Gebieten an. Kast sagte bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Santiago de Chile:
Wir brauchen Einheit, um die Probleme (...) im Zusammenhang mit der Sicherheit anzugehen.
José Antonio Kast, Präsidentschaftskandidat
Linkskandidatin Jara versicherte nach ihrer Stimmabgabe in Santiago, dass sie "keinerlei Komplexe in puncto Sicherheit" habe.
Angst zu schüren reicht nicht aus, um ein Land zu regieren.
Jeannette Jara, Präsidentschaftskandidatin
Wahlpflicht erstmals seit 2012
Parallel zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl wurden auch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer in dem südamerikanischen Land neu gewählt. Zudem wurde die Hälfte der Sitze im Senat neu vergeben. Erstmals seit 2012 galt wieder eine Wahlpflicht in Chile.
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