Irak wählt neues Parlament - zwischen Kriegserbe und Machtstreit

Parlamentswahl im Irak:Irak wählt: Hoffnung im Schatten fremder Mächte

von Jan Fritsche, Kairo

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Der Irak wählt ein neues Parlament. Viel hat sich in dem von Krieg und Terror geplagten Land verbessert. Zugleich ringen der Iran und die USA um Einfluss.

11.11.2025, Irak, Bagdad: Wahlhelfer zählen die Stimmzettel, während sie ein Wahllokal während der Parlamentswahlen schließen.

Der Irak wählt ein neues Parlament, doch Begeisterung kommt vor den Wahllokalen nicht auf. Viele Iraker sind frustriert wegen mangelnder Grundversorgung und der Korruption im Land.

11.11.2025 | 2:46 min

Iraks Ministerpräsident Mohammed al-Sudani gibt sich als Baumeister von Bagdad. Mit dem Ausbau von Straßen, Brücken und Krankenhäusern will er bei den Irakern punkten. Nach der Parlamentswahl am Dienstag, 11. November hofft er auf eine zweite Amtszeit. Den Baukran hat er zu seinem Symbol im Wahlkampf gemacht.

Positive Entwicklung der Sicherheitslage

Tatsächlich hat sich im Irak vieles zum Positiven gewendet: Die Sicherheitslage ist so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr, Touristen kommen ins Land, es entstehen jede Menge Wohnungen und Hotels.

Irakische Wähler:innen sind bei einer Wahlstation zu sehen.

Im Irak sind mehr als 21 Millionen Menschen aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Iraks amtierender Ministerpräsident Sudani bewirbt sich für eine zweite Amtszeit.

11.11.2025 | 0:14 min

Und doch ist längst nicht alles gut. Das Land ist im höchsten Maße abhängig vom Erdölexport. Obwohl sich damit viel Geld verdienen lässt, hat der Irak es bislang nicht geschafft, eine verlässliche Strom- und Wasserversorgung im Land aufzubauen.

Junge Menschen sind unzufrieden

Gerade junge Menschen haben die alten Machteliten satt. Seit Jahrzehnten kandidierten immer wieder dieselben. Die Jüngeren sehnen sich nach Veränderung und einem Ende der Korruption der herrschenden Klasse.

Ein irakischer Elektriker macht eine Pause von der Arbeit an einem Stromgenerator.

Im Irak ist es inmitten der Sommerhitze zu Stromausfällen gekommen. Mitarbeiter des Elektrizitätsministeriums arbeiteten daran, die Stromversorgung wiederherzustellen.

12.08.2025 | 3:07 min

Das Wahlsystem im Irak ist kompliziert. Nicht nur, dass mehr als 30 Parteien und Wahlbündnisse antreten. Gewählt wird im mehrheitlich schiitisch geprägten Irak vor allem entlang ethnischer und konfessioneller Linien. Präsident wird nach gängiger Praxis ein Kurde, Ministerpräsident ein Schiit und Parlamentspräsident ein Sunnit.

Es gibt einen möglichen Königsmacher

Eine besondere Rolle nimmt bei dieser Wahl der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr ein, der als der vielleicht populärste Politiker des Landes gilt. Bei der vergangenen Parlamentswahl 2021 erhielt er die meisten Stimmen, scheiterte jedoch daran, ein Regierungsbündnis zu bilden.

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Ein neues Gesetz im Irak schränkt die Rechte von Frauen massiv ein. Wir zeigen, wen das betrifft und wie sie weiterhin für ihre Rechte kämpfen.

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Al-Sadr hat zum Boykott der jetzigen Wahl aufgerufen, unter anderem wegen der grassierenden Korruption und des Vorwurfes des Stimmenkaufs. Seine Anhänger werden auf bis zu acht Millionen schiitische Iraker geschätzt. So könnte er zum Königsmacher werden, sollten er und seine Anhänger sich auf eine bestimmte Seite schlagen.

Kampf um Einfluss in der Region

Auch international hat die Wahl im Irak große Bedeutung. Das Land ist in hohem Maße abhängig von den Erzrivalen USA und Iran. Der US-Dollar spielt beim Ölhandel eine große Rolle, aus Iran kauft der Irak Gas zur Stromerzeugung. Beide Länder unterstützen den Irak militärisch - der ebenfalls schiitisch geprägte Iran durch seine Milizen, die wiederum Teherans Einfluss im Irak sichern.

Sicherheitsbedenken
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Ein Mitglied der US-Marines trägt einen Sandsack während der Verstärkung an der amerikanischen Botschaft in Bagdad im Januar 2020.

Vor allem für Iran ist es wichtig, den Irak in seiner Einflusssphäre zu halten. Nach dem Fall von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien und der Schwächung der Hisbollah im Libanon sowie der Hamas im Gaza-Streifen hat das Land an Macht verloren. Irak ist für Iran der größte Handelspartner und ein Weg, dem "maximalen Druck" von US-Präsident Donald Trump zu entgehen.

"Letzte Warnung" aus Washington

Die Spannungen in der Region haben wenige Tage vor der Wahl noch einmal zugenommen. Iraks Verteidigungsminister Thabit al-Abbasi hat nach eigenen Angaben eine "letzte Warnung" von US-Kriegsminister Pete Hegseth bekommen, die von Iran unterstützten Milizen müssten sich aus einem möglichen neuen Konflikt in der Region heraushalten.

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Regierungsbildung kann dauern

Bis sich nach der Wahl heute in Bagdad eine neue Regierung formiert hat, dürften, bedingt durch das komplizierte konfessionelle Machtteilungssystem, Wochen und Monate vergehen. Bei der vergangenen Parlamentswahl 2021 hat dieser Prozess mehr als ein Jahr gedauert.

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