Sunak-Desaster bei Kommunalwahlen: Alarm bei den Tories

Analyse

Kommunalwahlen in England:Sunak-Desaster: Alarm bei den Tories

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von Wolf-Christian Ulrich
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Die Tories erleiden bei den Kommunalwahlen die schlimmste Niederlage seit 40 Jahren. Die Zeichen stehen jetzt auf Regierungswechsel bei den anstehenden Parlamentswahlen.

Rishi Sunak am 24.04.2024 in Berlin.
Nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen werden Rishi Sunak kaum noch Chancen bei der Parlamentswahl eingeräumt.
Quelle: Imago

Die britische Politik ist immer wieder für spektakuläre Überraschungen gut - aber dass die Tories nach dieser Klatsche bei den englischen Kommunalwahlen noch die Parlamentswahl gewinnen können, glaubt fast niemand mehr. Das Land wolle den Wandel, so heute die zentrale Botschaft der Labour-Partei, die den Tories in vielen Kommunen Ämter abjagen konnten.

Dieses Wahlergebnis ist eine klare Botschaft an den Premierminister, dass die Leute genug haben und einen Wechsel wollen.

Keir Starmer, Chef der Labour-Partei

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Regierungspartei kämpft an drei Fronten

Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt. Und so versucht Premierminister Rishi Sunak heute noch den Eindruck zu erwecken, alles laufe nach Plan: "Ich bin darauf fokussiert, unsere Arbeit weiterzumachen." Doch die meisten Wähler scheinen genau damit nicht mehr einverstanden zu sein. Deshalb kämpfen die Konservativen an mittlerweile drei politischen Fronten gleichzeitig: verlieren an Labour, an die Liberalen und an die rechte Reform UK, der alten Brexit-Partei von Nigel Farage.

Sie haben den Brexit nicht hinbekommen, sie haben die Einwanderung nicht im Griff. Und die Leute sind die Tory-Unfähigkeit wirklich leid, es reicht uns.

Richard Tice, Parteichef Reform UK

Angesichts der anstehenden Parlamentswahl herrscht bei den Tories nun Alarm. Kaum jemand glaubt noch, dass Sunak sein Amt verteidigen kann.

Tories: Kaum noch Chancen für Parlamentswahl

Manche Unterhaus-Abgeordnete zählten schon die Stimmen für ein Misstrauensvotum, doch für eine Führungsrevolte fand sich kein Kandidat. Normalerweise drohte jetzt die Rebellion im Unterhaus - doch in der Tory-Fraktion sei inzwischen komplett die Luft raus, so Matthew Holehouse, politischer Korrespondent des "Economist".

"Diese Ergebnisse könnten auch bei der Parlamentswahl eine heftige Niederlage bedeuten. Viele haben aufgegeben und glauben, sie verlieren ihre Jobs. Sie sitzen in einem brennenden Flugzeug und müssen abspringen.

Matthew Holehouse, "The Economist"

Rishi Sunak hatte versucht, mit dem Ruanda-Gesetz bei denjenigen zu punkten, die gegen Einwanderung sind: von Arbeitskräften, von illegal einreisenden Migration und von Asylbewerbern.

Viele Wähler frustriert wegen der Lage im Land

Doch die meisten Wähler ächzen unter stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und sind entsetzt ob der acht Millionen Menschen, die darauf warten, im Krankenhaus behandelt zu werden. Außerdem nervt sie ein jahrelanger Investitionsstau - Ergebnis einer Politik, die sich vor allem auf den Brexit konzentrierte, aber nicht auf Innovation. Viele wissen nicht, warum die Tories, die seit 14 Jahren Verantwortung tragen, hier neue Impulse setzen könnten.

Die Wähler sind müde, sie haben genug und das alles entwickelte sich zu der Botschaft: Wandel. Da ist es sehr hart für einen Premierminister, das mit irgendeiner Maßnahme noch zu drehen.

Matthew Holehouse, "The Economist"

Dies war nicht nur eine Kommunalwahl. Es war eine dunkelrote Karte für die aktuelle Tory-Regierung. Eine Testwahl, die aus Sicht der Konservativen nichts Gutes verheißt für die anstehende Parlamentswahl.
Wolf-Christian Ulrich ist Reporter im ZDF-Studio London

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