Schüsse auf Ministerpräsident:Fico-Attentat: Prozess in Slowakei startet
Über ein Jahr nach den Schüssen auf den slowakischen Premier Fico beginnt der Prozess gegen den Angeklagten. "Lang lebe die freie Kultur", rief dieser beim Eintreffen im Gericht.
Der Angeklagte Juraj Cintula muss sich wegen des Attentats auf Ministerpräsident Fico vor Gericht verantworten.
Quelle: dpaMehr als ein Jahr nach dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico muss sich der mutmaßliche Täter seit Dienstag vor Gericht verantworten. Er habe auf Fico geschossen, um für eine "freie Kultur" einzutreten, sagte der 72-jährige Dichter Juraj Cintula zum Prozessauftakt in Banska Bystrica im Zentrum des Landes.
Der 72-Jährige ist angeklagt, im Mai 2024 aus nächster Nähe vier Schüsse auf Fico abgefeuert zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm "Terrorismus" vor, ihm droht lebenslange Haft.
Das Attentat auf Robert Fico hat eine Diskussion über die politische Stimmung in der Slowakei entfacht.
16.05.2024 | 2:07 minAngeklagter leugnet Tötungsabsicht
Der Angeklagte wurde von schwer bewaffneten Polizisten ins Gerichtsgebäude geführt. "Lang lebe die freie Kultur" und "lang lebe die Demokratie", rief er bei seinem Eintreffen. Auf Reporterfragen nach dem Motiv für seine Tat sagte Cintula, er habe auf Fico geschossen, "weil er die Kultur unterdrückt".
In einem Zeitungsinterview hatte der 72-Jährige gesagt, er habe Fico nicht töten wollen und deshalb nicht auf Herz und Kopf des Politikers gezielt. Er sei erleichtert gewesen, dass Fico überlebte.
Inwieweit die Politik bei dieser Tat eine Rolle spielt, sei von "großer Bedeutung", denn es herrsche ein "sehr aufgeheiztes Klima" in der Slowakei, berichtet ZDF-Reporterin Britta Hilpert.
16.05.2024 | 2:58 minDer Attentäter hatte im Mai 2024 nach einer Sitzung des slowakischen Kabinetts in der Kleinstadt Handlova auf den nationalistischen und Kreml-nahen Regierungschef geschossen und ihn schwer verletzt. Fico musste sich nach dem Angriff zwei langen Operationen unterziehen und konnte sein Amt zwei Monate lang nicht ausüben.
Cintula droht lebenslange Haft
Die Anklage hatte ursprünglich Mordversuch gelautet. Im Juli 2024 stufte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf jedoch wegen des mutmaßlich politischen Motivs auf Terrorismus hoch. Damit droht Cintula im Falle einer Verurteilung lebenslange Haft. Die Prozessakten umfassen 18 Aktenordner mit insgesamt 6.200 Seiten.
Cintulas Anwalt Namir Alyasry wies den von der Anklage erhobenen Vorwurf eines Terroranschlags vor Gericht zurück. Der 72-Jährige habe "ausschließlich" Wut auf Fico empfunden und nicht auf die gesamte Regierung, sagte er.
Kultusministerin Šimkovičová wird als rechtsextrem eingestuft. Die einst bunte Kulturlandschaft der Slowakei erlebt unter ihr eine Zäsur. Was nicht konservativ genug ist, muss weg.
30.01.2025 | 2:05 minFico: Medien und Opposition für Attentat verantwortlich
Cintula selbst äußerte sich im Gerichtssaal nicht. Unmittelbar nach der Tat hatte er der Polizei gesagt, er protestiere gegen Maßnahmen der slowakischen Regierung, darunter die Einstellung der Militärhilfe für die von Russland angegriffene Ukraine.
Fico, der das Amt des Regierungschefs bereits zum vierten Mal bekleidet, hatte Cintula als ein "Produkt des Hasses" und einen "von den Medien und der Opposition geschaffenen Attentäter" bezeichnet.
In der Slowakei haben Tausende gegen den Kurs von Premier Fico und für Unterstützung der Ukraine demonstriert. Fico hatte kürzlich über einen Austritt aus EU und Nato spekuliert.
08.03.2025 | 0:18 minExperte: Regierung nutzt Attentat "zu ihrem Vorteil"
Seit Ficos Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten 2023 fährt seine Regierung einen harten Kurs gegen Nichtregierungsorganisationen, Kultureinrichtungen und von ihr als "feindlich" eingestufte Medien. Auch die Einschränkung von Rechten der LGBTQAI+-Gemeinschaft sorgte für Proteste in der Slowakei.
Die Regierungskoalition habe versucht, das Attentat "zu ihrem Vorteil zu nutzen", sagte der Politikexperte Grigorij Meseznikov. Sie habe versucht, die Tat "mit den Aktivitäten der Oppositionsparteien in Verbindung zu bringen, ohne dass es dafür Beweise oder Zeugenaussagen gab".
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