Rede zur Lage der EU:Von der Leyen: "Europa muss kämpfen"
Es ging um den Zustand und die Zukunft Europas, als Ursula von der Leyen vor dem EU-Parlament gesprochen hat. Ihre Diagnose: Die Lage ist ernst, Europa muss handeln.
"State of the Union": Die Rede von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in voller Länge
10.09.2025 | 78:02 minUrsula von der Leyen hat schon einige Reden vor dem Europäischen Parlament gehalten. In gewohnter Marnier betrat sie auch heute den Saal mit einem Lächeln im Gesicht, gab Küsschen links und rechts und schüttelte Hände. Doch ab dem Moment, in dem sie sich hinter dem Rednerpult einfand, änderten sich ihre Gesichtszüge. An Stelle des freundlichen Lächelns traten Ernsthaftigkeit und Sorge um die Zukunft Europas.
Die EU steht unter Druck. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine geht weiter, in den USA regiert wieder Trump und die fehlende Wettbewerbsfähigkeit bedrohen die Einigkeit und Stabilität von Europa.
Auch deshalb waren die Erwartungen an ihre Rede, die Worte der vermeintlich mächtigste Frau der EU, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, so hoch. In ihrer Rede zur Lage der EU vor dem Parlament in Straßburg formulierte sie daher einen deutlichen Appell:
Die Frontlinien für eine neue auf Macht basierende Weltordnung werden jetzt gezogen. Europa muss kämpfen.
Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin
Einmal im Jahr tritt die EU-Kommissionspräsidentin vor das Europäische Parlament, um die Rede zur Lage der EU (englisch: State of the European Union) zu halten. Angelegt an die State of the Union Rede, die der amerikanische Präsident einmal im Jahr im Kongress hält, zieht die Kommissionspräsidentin Bilanz über das vergangene Jahr, benennt zentrale Herausforderungen und Vorhaben für das kommende Jahr. An die Rede schließt sich eine Debatte im Parlament an.
Unabhängigkeit durch Innovation und militärische Absicherung
Stärke soll die EU durch eine bessere Wettbewerbsfähigkeit und den Aufbau in Sicherheit und Verteidigung beweisen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der EU zum Vorfall in Polen geäußert. Sie kündigte außerdem an, Zahlungen an Israel auszusetzen.
10.09.2025 | 1:36 minInsbesondere im Verteidigungsbereich könne die EU-Kommission bereits Erfolge aufweisen, bilanziert der EU-Forschungsgruppenleiter der Stiftung für Wissenschaft und Politik Nicolai von Ondarza. Beim Handel sehe es bisher jedoch düster aus:
Vom Draghi-Bericht hat sie kaum etwas umgesetzt. Da wird sie deutlich nachlegen müssen.
Dr. Nicolai von Ondarza, Stiftung für Wissenschaft und Politik
Und das, obwohl der Bericht mit seinen konkreten Anforderungen für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit mittlerweile vor einem Jahr vorgestellt wurde. Die Kommissionspräsidentin versicherte in ihrer Rede zumindest die Anforderungen des Berichts weiter umzusetzen. Dazu gehört unter anderem eine Initiative für kleine bezahlbare Autos von europäischen Herstellern, um den Anschluss an chinesische Konkurrenten nicht weiter zu verlieren.
Von der Leyen hat Polen nach den russischen Drohnen die volle Solidarität zugesichert.
10.09.2025 | 1:36 minUnzufriedenheit bei Handelsabkommen
Ein Thema, das besonders für Unmut sorgt, vermeidet Ursula von der Leyen bis zum Ende ihrer Rede: Das Handelsabkommen mit den USA. Sie ist sich sicher: "Wir haben das Bestmögliche für Europa herausgeholt. Wir haben unseren Unternehmen sogar einen relativen Vorteil verschafft."
Ursula von der Leyen und Donald Trump hatten sich unlängst auf einen Zoll-Deal geeinigt. Was bedeutet das für die EU? Ein Überblick.
28.07.2025 | 1:08 minDie eigene Lobpreisung sei nicht verwunderlich, findet Nicolai von Ondarza. Denn es ist einer der Punkte, die die Kommissionspräsidentin besonders angreifbar mache: "Die Mehrheit, die von der Leyen gewählt hat, wirft ihr vor, zu zahm gegenüber Trump vorgegangen zu sein und nicht den offenen Konflikt gesucht zu haben."
Kritik, die in der darauffolgenden Parlamentsdebatte nicht abebbt. Iratxe García Pérez, Fraktionsvorsitzende der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten kritisiert:
Wo ist Europa gewesen, als sie ein unfaires Abkommen mit Trump abgeschlossen haben? Europa zahlt 15 Prozent Zölle, die USA keine. Das werden wir nicht akzeptieren.
Iratxe García Pérez, Progressive Allianz der Sozialdemokraten
Reaktion auf dramatische Lage in Gaza
Zum Aufhorchen sorgte von der Leyens Maßnahmen zum Schutz der Palästinenser. Die EU-Kommission setzt ihre finanzielle Unterstützung für Israel aus. Sie schlägt Sanktionen gegen extremistische israelische Minister vor und möchte Teile des Assoziierungsabkommens ausetzen.
Angesichts der Eskalation von Gewalt im Gaza-Streifen setzt die EU-Kommission ihre Unterstützung für Israel aus - dazu ZDF-Korrespondent Ulf Röller.
10.09.2025 | 1:35 minOb sich von der Leyen mit diesen Vorschlägen durchsetzen kann, ist im Angesicht der fehlenden Einigkeit im Israel-Gaza-Krieg auf EU-Ebene fraglich. Dennoch haben ihre Worte Signalwirkung, erklärt Brüssel Korrespondent Ulf Röller:
Man sieht darin eine große Symbolik. Von der Leyen macht dadurch deutlich, wo sich die EU positioniert.
Ulf Röller, ZDF-Korrespondent in Brüssel
Viel Applaus und sonst Buhrufe von rechts
Nicht nur durch die globalen Machtverschiebungen war der Druck auf von der Leyen zuletzt gestiegen. Auch im Parlament ist die Stimmung wegen Vorwürfen fehlender Transparenz und ihrer Annäherung an rechtsaußen Parteien angespannt. Die Rede habe deswegen auch eine besondere Wichtigkeit für von der Leyen, erklärt von Ondarza: "Es ist ein Versuch von ihr auf das Parlament und die Parlamentsmehrheit zuzugehen."
Rechtsruck in Europa, die USA kein verlässlicher Partner mehr in Handels- und Sicherheitsfragen. Was nun, Frau von der Leyen? Fragen von Bettina Schausten an die EU-Kommissionspräsidentin.
02.06.2025 | 18:29 minUnd zumindest in Teilen scheint sie es geschafft zu haben. Weitgehende Unterstützung bekommt von der Leyen zwar nur aus ihrer eigenen Parteienfamilie. Mit geplanten Maßnahmen in puncto Klimaschutz, Gaza und dem Schutz der Demokratie sichert sie sich aber auch die Unterstützung der Liberalen und Grünen. Auf Worte müssen jetzt Taten folgen, so die beiden Fraktionen.
Vehemente Kritik an der Politik der Kommissionspräsidentin kam aus den rechten Fraktionen PfE und ESN. Der Co-Vorsitzende der Linken-Fraktion, Martin Schirdewan, forderte von der Leyens Rücktritt.
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