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Trotz Verbots:Zehntausende zur Budapest Pride erwartet
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In der ungarischen Hauptstadt Budapest soll am Nachmittag die verbotene Pride-Parade stattfinden. Trotz Sorge vor Polizeigewalt hoffen die Veranstalter auf einen Teilnahmerekord.
Trotz Verbots ist am Nachmittag in Ungarns Hauptstadt Budapest die alljährliche Pride-Parade geplant. Sie ist diesmal auch eine Kraftprobe zwischen der Regierung des Rechtspopulisten Viktor Orban und dem links-grün-liberalen Budapester Bürgermeister Gergely Karacsony.
Nach Lesart der Regierung und einem Beschluss der Polizei ist die Parade verboten, weil seit März alle Veranstaltungen untersagt sind, die Kinder mit dem Thema nicht-heterosexueller Lebensweisen in Berührung bringen können.
Bürgermeister Karacsony sieht das anders und hat die Pride zu einer offiziellen Feier der Hauptstadt Budapest erklärt, bei der das Versammlungsrecht nicht gelte. Deswegen benötige die Pride auch keine Genehmigung der Polizei, so der Rathauschef.
Veranstalter hoffen auf Teilnehmerrekord
Bei Pride-Paraden demonstrieren Menschen für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, Trans- und queeren Menschen (LGBTQ).
Die Organisatoren der Budapest Pride hoffen auf einen Rekord an Teilnehmern, um ein starkes Signal gegen Orbans Anti-LGBTQ-Gesetze zu setzen. In den vergangenen Jahren kamen laut den Veranstaltern jeweils mehr als 30.000 Menschen zur Pride.
Grünen-Abgeordnete Reintke: Situation "sehr angespannt"
In diesem Jahr haben auch mehr als 70 Europaabgeordnete aus verschiedenen Ländern ihre Teilnahme angekündigt. Darunter ist die grüne Europaabgeordnete Terry Reintke. Sie sagte dem ZDF am Freitagabend, die Situation vor der Pride sei in Budapest "sehr angespannt".
Es kann sowohl eine friedliche Parade mit zehntausenden Menschen sein (...), es kann aber auch passieren, dass diese Veranstaltung von der Polizei aufgelöst wird - eventuell mit Wasserwerfern oder Tränengas.
Terry Reintke, Abgeordnete der Grünen im Europaparlament
"Und dass sie angegriffen wird von angekündigten Gegendemonstranten, von Neonazis zum Beispiel", ergänze Reintke. Die Pride stehe für Demokratie, Menschenrechte und Freiheit. Sie wolle gemeinsam mit den anderen Abgeordneten zeigen, dass sie an der Seite der queeren Community stehe.
Extreme Rechte plant Gegendemo
Die extrem rechte Parlamentspartei Mi Hazank hat zeitgleich in Budapest eine von der Polizei genehmigte Gegendemonstration geplant. Karacsony rief die Polizei auf, dafür zu sorgen, dass es zu keinen Konflikten zwischen Pride-Teilnehmern und ihren Gegnern kommt.
Orban hatte in einem Interview versucht, Befürchtungen über Polizeigewalt gegen Teilnehmer der Pride-Parade zu zerstreuen. Die Polizei habe zwar die Befugnis, "solche Veranstaltungen aufzulösen", aber "Ungarn ist ein zivilisiertes Land", sagte Orban am Freitag in einem Interview mit einem staatlichen Radiosender.
Es wird rechtliche Konsequenzen geben, aber es darf nicht das Ausmaß körperlicher Gewalt annehmen.
Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident
Teilnehmern der Veranstaltung droht eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro. Die Polizei hat die Befugnis, Technologie zur Gesichtserkennung zu nutzen, um Teilnehmer zu erkennen. Den Organisatoren der Veranstaltung könnte eine einjährige Freiheitsstrafe drohen.
EU und 30 Staaten fordern Rücknahme des Verbots
Zuvor hatten sich mehr als 30 Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien, dafür eingesetzt, die Parade zuzulassen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte die ungarischen Behörden auf, das Verbot der Demonstration aufzuheben, damit die Organisatoren keine Angst vor Bestrafung haben müssten.
Orban wies die Forderung zurück. Den Appell von der Leyens verglich er mit Anweisungen aus Moskau zu Zeiten der Sowjetunion. "Genau wie Moskau betrachtet sie Ungarn als ein untergeordnetes Land und glaubt, sie könne den Ungarn von Brüssel aus befehlen, wie sie zu leben haben", sagte Orban. Die Budapest Pride findet seit drei Jahrzehnten traditionell in der Prachtstraße Andrássy út im Herzen der Hauptstadt ein.
Quelle: dpa, AFP, Reuters, ZDF
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