Antimuslimischer Rassismus trifft vor allem Frauen
Antimuslimischer Rassismus:Islamfeindlichkeit trifft vor allem Frauen
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Die Zahl antimuslimischer Übergriffe erreicht laut der Initiative Claim einen neuen Höchststand. Das Netzwerk verzeichnete 2024 mehr als 3.000 Fälle. Häufig sind Frauen betroffen.
Frauen leiden besonders stark unter antimuslimischem Rassismus.
Quelle: dpa
Von antimuslimischem Rassismus betroffene Menschen in Deutschland wenden sich nur selten an staatliche Stellen, um Anzeige zu erstatten oder Unterstützung zu erhalten. Zu dieser Einschätzung kommen Mitarbeiter von Beratungsstellen, die mit dem Netzwerk Claim zusammenarbeiten.
Im vergangenen Jahr sei hier "ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber staatlichen, aber auch zivilgesellschaftlichen Institutionen" deutlich geworden, heißt es in der bundesweiten Jahresbilanz von Claim. Es herrsche ein Klima der Angst. Zudem sei eine zunehmende Resignation unter den Betroffenen zu beobachten. Im schulischen Bereich würden Vorfälle häufig nicht gemeldet, weil Eltern Angst vor Repressionen hätten.
... ist eine gesellschaftliche Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit in Deutschland. Das selbsterklärte Ziel von Claim ist es, Organisationen und Projekte gegen antimuslimischen Rassismus zu stärken und sichtbar zu machen. Die Initiative vereint und vernetzt eigenen Angaben zufolge über 50 Akteure der Zivilgesellschaft. (Quelle: Claim)
Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurden 2024 so viele Erfahrungen gemeldet wie noch nie. Fast die Hälfte davon waren rassistische Diskriminierungen.03.06.2025 | 1:39 min
Frauen oft Zielscheibe rassistischer Übergriffe
Wie die Bilanz für 2024 zeigt, hat das Netzwerk im vergangenen Jahr 3.080 Fälle von antimuslimischem Rassismus oberhalb und unterhalb der Strafbarkeitsgrenze dokumentiert, nach 1.926 registrierten Fällen im Jahr 2023.
Direkt vergleichbar sind diese Zahlen nicht: So stieg die Zahl der teilnehmenden Beratungsstellen im vergangenen Jahr von 17 auf nunmehr 26 in 13 Bundesländern, wie Güzin Ceyhan von Claim erklärte. Doch auch die 17 Beratungsstellen, die 2023 schon teilnahmen, hätten über ein "deutlich höheres Beratungsaufkommen" berichtet. Einige Taten des vergangenen Jahres seien "sehr brutal und menschenverachtend", sagte Ceyhan.
Laut einer aktuellen Studie fühlen sich Angehörige von Minderheiten in Deutschland regelmäßig diskriminiert. 54 Prozent seien demnach mindestens einmal monatlich betroffen.20.03.2025 | 1:30 min
In rund 70 Prozent der 2024 dokumentieren antimuslimischen Vorfälle wurden Frauen zur Zielscheibe. Da von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden müsse, lasse die Geschlechterverteilung zwar keine repräsentativen Rückschlüsse zu. Die Fallzahlen stünden jedoch im Einklang mit Ergebnissen entsprechender Studien.
Angriffe haben seit Hamas-Massaker in Israel zugenommen
Erwachsene, aber auch Kinder würden als "Messerstecher", Antisemiten oder Terroristen beschimpft und teils auch bedroht, berichtet das Netzwerk. Darin spiegelten sich gesellschaftliche, mediale und politische Debatten wider.
Verbale und tätliche Angriffe hätten besonders nach dem terroristischen Angriff der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 zugenommen sowie in zeitlichem Zusammenhang zu mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlägen in Deutschland. In einigen Fällen wird die Verharmlosung des Holocaust bei Sachbeschädigungen und Beleidigungen mit Hass auf Muslime verknüpft, hat Claim festgestellt.
Vor fünf Jahren hat ein Mann in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen.19.02.2025 | 1:54 min
Ceyhan berichtete von 13-jährigen Mädchen, die in Dresden von Rentnerinnen als "Kopftuchjuden" beschimpft worden seien, und von Moscheen, die mit Hakenkreuzen beschmiert wurden. Eine palästinensische Familie sah sich laut Claim mit dem Spruch "Dreckige Araber, verschwindet endlich aus Europa!" konfrontiert. Einer anderen Familie habe man einen Schweinekopf vor die Tür gelegt.