Die Jeff-Bezos-Hochzeit: Amazon-Gründer will Venedig abriegeln

Venedig hatte keine Könige, sondern Dogen. So nannte man die Staatsoberhäupter der Republik Venedig. Sie stammten meist aus einflussreichen Adelsfamilien, die mit ihrem Reichtum über Jahrhunderte die Lagunenstadt prägten.

Der moderne Doge von Venedig, zumindest für ein paar Tage, heißt Jeff Bezos: Amazon-Boss mit einem geschätzten Vermögen von rund 220 Milliarden Dollar, einer der reichsten Menschen der Welt.

Als Bühne für seine prunkvolle Hochzeit mit Lauren Sánchez hat sich Bezos die ganze Stadt ausgesucht und die nobelsten Hotels komplett gebucht. Das Veranstaltungsprogramm für Donnerstag, Freitag und Samstag erinnert dabei an ein exklusives Festival: Themenpartys, Cocktailpartys, elegante Abendessen und die Hochzeitszeremonie.

Angesichts der Lage im Nahen Osten und der anhaltenden Proteste in Venedig haben sich die Sicherheitsvorkehrungen jedoch deutlich verschärft. An vielen Straßenecken sowie auf öffentlichen Plätzen sind vermehrt Polizei und Militär präsent.

Medienberichten zufolge sollen auch Scharfschützen auf einigen Dächern positioniert worden sein. Das Promi-Paar muss seine Pläne anpassen. Der Hauptakt des Spektakels, die Trauung, soll weiterhin auf der Insel San Giorgio Maggiore stattfinden. Geplant ist eine Zeremonie im Garten des ehemaligen Benediktinerklosters direkt gegenüber des Dogenpalastes.

Die wichtigste Änderung betrifft die große Abschlussfeier am Samstagabend: Nun ist ein ehemaliges Werftgelände im Arsenale-Viertel vorgesehen. Die Hallen dort gelten als leichter zu sichern, zudem ist die Anfahrt über Wasser - etwa mit Wassertaxis oder privaten Jachten - einfacher zu kontrollieren.

Auch größere Schiffe wie die Superjacht "Koru" von Jeff Bezos könnten den Hafen unter bestimmten Bedingungen noch erreichen. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich: Die italienischen Behörden legten dem Amazon-Boss angesichts von Terrorgefahr und Protesten wohl nahe, auf dieses Schmankerl zu verzichten.

Denn die Luxus-Hochzeit spaltet die Stadt. "Da muss sich keiner wundern, wenn der Eindruck entsteht, Venedig sei käuflich", sagte eine Einheimische der Deutschen Presse-Agentur, "Wir behandeln die Stadt als sei das Disneyland." Andere äußern sich stolz und freuen sich über die Zusatzeinnahmen für ihre Stadt.

Doch die Stimmen der Kritiker sind laut: Am Montag wurde auf dem Markusplatz von Aktivisten ein riesiges Transparent mit der Aufschrift "If you can rent Venice for your wedding, you can pay more tax" ("Wenn du Venedig für deine Hochzeit mieten kannst, kannst du mehr Steuern zahlen") enthüllt. Die Aktion, die wenige Minuten später endete, sollte auf die "soziale und klimatische Ungerechtigkeit" solcher Veranstaltungen hinweisen.

Fest steht: Venedig wird in den kommenden Tagen zur Bühne für die Mächtigen der Welt. Auf der Gästeliste stehen nach Medienberichten rund 200 Prominente: unter anderem Bill Gates, Kylie Jenner, Kim Kardashian, Leonardo DiCaprio, Oprah Winfrey und Orlando Bloom. Die Gesamtkosten des Events schätzen italienische Zeitungen auf zwischen 15 und 30 Millionen Euro.

Damit ist die Hochzeit von Bezos und Sánchez weit mehr als ein privates Fest - sie ist auch ein Akt symbolischer Machtausübung. Teile Venedigs wurden am Donnerstag bereits für die Öffentlichkeit gesperrt.

Der Soziologe Pierre Bourdieu würde die Luxus-Hochzeit wohl zudem als Ritual der sozialen Abgrenzung betrachten, das deutlich macht, wer dazu gehört - und wer nicht. So hielten es auch damals die Adelsfamilien und Dogen in Venedig - Macht und Geld lenken schon immer die Geschicke der Stadt.