Nostalgische Bahn: Unglück in Lissabon trifft Touristenattraktion

Nostalgische Standseilbahn:Unglück trifft Lissabons Touristenattraktion

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Jeder, der schon einmal in Lissabon war, kennt sie: die Seilbahnen mit ihren gelb-weißen Waggons. Ausgerechnet einer dieser Waggons riss nun 16 Menschen in den Tod.

Blumen und ein Ballon mit rotem Herz (R) als Zeichen der Anteilnahme für die Opfer sind am Tag nach dem Unfall der Standseilbahn Gloria in Lissabon am 4. September 2025 zu sehen. Portugal hat am Donnerstag einen nationalen Trauertag abgehalten, nachdem eine der berühmten Standseilbahnen Lissabons entgleist war und 16 Menschen, darunter auch Ausländer, ums Leben gekommen waren. Fünf weitere Personen wurden schwer verletzt.

Unter den Betroffenen des schweren Standseilbahnunglücks in Lissabon sind offenbar auch Deutsche. In Portugal wurde ein nationaler Trauertag ausgerufen. Die Ursachensuche läuft.

04.09.2025 | 2:24 min

Sie gehören zu den Wahrzeichen der portugiesischen Hauptstadt Lissabon: die gelb-weißen Waggons der Standseilbahnen, die Touristen an einige der vielen malerischen Aussichtspunkte der Stadt bringen, ohne dass diese sich die steilen Gassen hinauf quälen müssen.

Auf Hügeln erbaut, ist Lissabon berüchtigt für seine steilen Anstiege und verwinkelten Gassen, die auch fitte Fußgänger schnell aus der Puste bringen. Da sind die nostalgischen Seilbahnen, die Straßenbahnen ähneln, willkommene Alternativen.

Der "Elevador da Gloria" ist eine dieser drei Standseilbahnen, sie verbindet die Innenstadt Lissabons mit dem Szeneviertel Bairro Alto. Auf 265 Metern erklimmt sie mehrmals täglich die steile Straße Rua da Glória, wobei sie am Praça dos Restauradores startet und am Aussichtspunkt Sao Pedro de Alcantara endet.

Historischer Waggon entgleist - viele Tote

Auf dieser Route entgleiste einer der Waggons am Mittwoch, mindestens 16 Menschen kamen dabei ums Leben, 21 wurden verletzt. Auch Deutsche sind laut Auswärtigem Amt von dem Unglück betroffen.

Lissabons Seilbahnen sind über 100 Jahre alt

Der Betrieb der Standseilbahnen, die seit dem späten 19. Jahrhundert durch Lissabon fahren, wurde nach dem Unglück eingestellt. Weder in der Geschichte des Elevador da Gloria noch der zwei anderen Linien gab es bisher vergleichbare Unfälle.

Der Elevador da Gloria ging 1885 an den Start, als zweite Standseilbahn Lissabons.

Elevador do Lavra

Der Elevador do Lavra ist die älteste Standseilbahn Lissabons.

Quelle: Imago

Bereits ein Jahr zuvor, am 19. April 1884, war der Elevador do Lavra in Betrieb gegangen. Er verbindet seitdem den Platz Largo da Anunciada mit der Rua Camara Pestana und erklimmt dabei den Hügel Sant Ana.

Im Jahr 1892 kam dann der Elevador da Bica hinzu, der den Hügel Santa Catarina hinauf- und hinabfährt und dabei die Rua de São Paulo mit dem Platz Largo do Calhariz verbindet.

Elevador da Bica

Mit 137 Jahren auf dem Buckel ist der Elevador da Bica die jüngste Standseilbahn in Lissabon.

Quelle: Imago

Seit 1915 werden die drei Standseilbahnen elektrisch betrieben. 2002 wurden sie zu nationalen Denkmälern Portugals erklärt.

Wie das Seilbahn-System funktioniert

Auch in Deutschland gibt es Standseilbahnen - etwa in Dresden. Im Gespräch mit ZDFheute erklärt Betriebsleiter Markus Dörr die Technik hinter dem Seilbahntyp, der dem der verunglückten Elevador da Gloria ähnelt.

Demnach sind zwei Wagen durch ein Zugseil miteinander verbunden, was als "Herzstück jeder Seilbahn bezeichnet werden kann". Während in Dresden das Seil durch eine Antriebsmaschine in der Bergstation bewegt wird, befindet sich in den Bahnen in Portugal der Antrieb in den Wagen.

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In der Schweiz hatte vor einigen Monaten die steilste Seilbahn der Welt eröffnet - allerdings keine Standseilbahn.

02.01.2025 | 2:05 min

Zusätzlich werde die Schwerkraft genutzt, so Dörr. Der Wagen, der nach unten fährt, zieht den Wagen, der hochfährt, nach oben. Für den unwahrscheinlichen Worst-Case, dass das Seil reißt, gebe es Bremsen in den Wagen. Damit diese wissen, wann sie greifen müssen, werde etwa die Seilspannung überwacht.

Wenn die Seilspannung nachlässt, wird dort sofort ein Schalter ausgelöst, der dafür sorgt, dass die Wagenbremsen dann schließen oder die Fangbremsen.

Markus Dörr

Ob in Portugal tatsächlich das Seil gerissen ist, ist bisher noch nicht bestätigt. Experten teilen jedenfalls im Netz die Vermutung. Zudem hätten möglicherweise auch noch die Bremsen versagt.

Quelle: dpa, ZDF

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