Vorwurf der Bestechlichkeit:Korrupter Staatsanwalt? Prozess in Kokain-Fall
von Oliver Deuker
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Ein Staatsanwalt soll mit einer Kokain-Bande Informationen geteilt und damit Tausende Euro verdient haben. Auch Warnungen vor Razzien sind ein Vorwurf - nun beginnt der Prozess.
Im Landgericht Hannover muss sich ein Staatsanwalt verantworten: Er soll geheime Infos an eine Kokain-Bande weitergegeben und Ermittlungen behindert haben.
Quelle: dpa
Staatsanwalt Yashar G. aus Hannover arbeitete bis zu seiner Verhaftung im Oktober 2024 in der Abteilung Betäubungsmittel. Im größten Kokainverfahren der europäischen Geschichte, das G. leitete, soll er vertrauliche Informationen und wichtige Ermittlungsschritte weitergegeben haben. Davon ist die Ermittlungsbehörde überzeugt.
Für seine Tätigkeit als sogenannter Maulwurf habe er 5.000 Euro im Monat erhalten und weitere 5.000 Euro für besonders wichtige Informationen. Die Täter, die unter anderem 16 Tonnen Kokain nach Deutschland geschmuggelt haben sollen, konnten sich aufgrund der undichten Stelle bei den Ermittlungsbehörden ihrer geplanten Festnahme im Frühjahr 2021 entziehen.
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Verdächtige in Kokain-Fall konnten sich absetzen
Im Rahmen einer breit angelegten Durchsuchungsaktion konnten damals nur 20 von 32 mutmaßlichen Tätern festgenommen werden. Die restlichen Verdächtigen setzten sich ins Ausland ab, darunter der mutmaßliche Hauptbeschuldigte.
Laut Anklage soll sich Yashar G. im Zeitraum zwischen Juni 2020 und März 2021 in 14 Fällen jeweils wegen Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Verletzung des Dienstgeheimnisses und dabei in zwei Fällen zudem tateinheitlich wegen Strafvereitelung im Amt strafbar gemacht haben.
Timo Rahn, der Verteidiger von Yashar G., sagt, dass sein Mandant die aktuellen Anklagevorwürfe vollständig bestreitet. Zum Prozessauftakt will er sich vollumfänglich einlassen und zu den Vorwürfen äußern.
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Kritik an Vorgesetzten der Staatsanwaltschaft in Hannover
In der Korruptionsaffäre um den Staatsanwalt Yashar G. geriet auch die Staatsanwaltschaft Hannover in Bedrängnis. So sollen Vorgesetzte bereits im Juni 2020 anonyme Hinweise erhalten haben, dass ein iranisch-stämmiger Staatsanwalt aus der Abteilung für Betäubungsmittelsachen vertrauliche Informationen an Dritte weitergegeben habe.
Das behauptet Strafverteidiger Raban Funk, der in der Vergangenheit zahlreiche Mandate aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität übernahm und als sehr gut vernetzt gilt. Stimmen seine Behauptungen, wäre Yashar G. klar zu identifizieren gewesen.
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Justizministerium: Vorgehen wird intern geprüft
Der gesamte Vorgang wird derzeit intern geprüft, heißt es aus dem Justizministerium. Dabei geht es um die Frage, ob Vorgesetzte von Yashar G. möglicherweise gegen Dienstvorschriften verstießen.
Obwohl in den vergangenen Jahren immer wieder Verdachtsmomente gegen Yashar G. auftauchten und seine Vorgesetzten auch hierüber informiert gewesen sein sollen, zog die damalige Leitung der Staatsanwaltschaft Hannover Yashar G. nicht aus der Abteilung für Betäubungssachen ab.
Ein Mitte 2022 gegen G. eingeleitetes Verfahren wurde Ende 2023 wieder eingestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt zahlreiche Beweismittel gegen G. vorgelegen haben sollen, die Insider als "durchaus belastend" einschätzen.
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Angeklagter konnte Verfahren trotz Vorwürfen fortführen
Stattdessen durfte Yashar G. das 16-Tonnen-Verfahren weiterführen, obwohl gegen ihn zum Beginn der Hauptverhandlungen, im Dezember 2022, bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats lief.
Bei den Ermittlungen wurde damals auch die Privatwohnung des angeklagten Staatsanwaltes und sein Dienstzimmer durchsucht. Dabei wurden laut Ermittlungen Indizien gesichert, die den Tatverdacht gegen ihn erhärten - darunter Dateien von vertraulichen Ermittlungsakten und Einsatzplänen der gescheiterten Razzien gegen die Kokainbande im Frühjahr 2022.
Prozess unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen
Die sichergestellten Unterlagen sind ein wichtiges Beweismittel im anstehenden Prozess gegen G. Der Prozess findet unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen im Landgericht Hannover statt.
Mitangeklagt ist ein 41 Jahre alter Boxtrainer, der als Mittelsmann fungiert und Informationen an die Kokain-Bande weitergegeben haben soll.
Quelle: dpa
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