Auslöser Cannabis-Diebstahl: Prozess im Kölner "Drogenkrieg"
Cannabis-Diebstahl war Auslöser:Erste Prozesse im Kölner "Drogenkrieg"
von Ralph Goldmann
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Eine Serie von Explosionen, Schüssen und sogar eine Entführung stellten die Polizei vergangenes Jahr vor ein Rätsel. Diese Woche stehen sieben Tatverdächtige vor Gericht.
Explosionen, ein Raub von 700 Kilogramm Marihuana und brutale Geiselnahmen im letzten Jahr werden drei Männern vorgeworfen. Diese müssen sich nun vor dem Landgericht Köln verantworten.09.04.2025 | 3:28 min
Es war Juni vergangenen Jahres, als drei junge Männer einer Kölner Drogenbande etwa 700 Kilogramm Cannabis in einer Lagerhalle in der Nachbarstadt Hürth versteckten. Doch einer von ihnen hatte offenbar andere Pläne als die übrigen, witterte wohl ein großes Geschäft.
Der 22-jährige Deutsch-Algerier Aymen G. soll, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, mit Komplizen einer anderen Drogenbande die Hälfte des Cannabis entwendet haben. Dabei fesselten und misshandelten sie die Kontrahenten und hielten sie mehrere Stunden in ihrer Gewalt.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm jetzt schweren Raub, Freiheitsberaubung und Beihilfe zum Cannabis-Handel vor. Aymen G. schweigt zu den Vorwürfen. Die beiden anderen stehen wegen bewaffnetem und bandenmäßigem Cannabis-Handel und Verstoß gegen das Waffengesetz vor Gericht. An diesem Mittwoch beginnt der Prozess.
Schüsse und Geiselnahmen folgen auf einen eskalierten Streit von Drogenbanden um 350 Kilo Cannabis. Den Ermittlern ist nun ein wichtiger Durchbruch mit Festnahmen gelungen. 24.01.2025 | 1:34 min
Explosionen und Schüsse im Rheinland und Ruhrgebiet
Doch der Cannabis-Diebstahl in Hürth war nur der Anfang einer ganzen Serie von Vorfällen im Rheinland und im Ruhrgebiet. Mehrere Explosionen und Schüsse auf Wohnhäuser verunsicherten die Menschen. Es kam sogar zu einer Entführung und Geiselnahme in einem Wohnhaus in Köln-Rodenkirchen, die bundesweit Schlagzeilen machte. Der Prozess gegen einen der mutmaßlich Beteiligten beginnt am Donnerstag.
Bereits im Januar hatten Polizei und Staatsanwaltschaft einen Ermittlungserfolg präsentiert. 23 Beschuldigte von Kölner Drogenbanden sitzen seitdem in Haft. Kripo-Chef Michael Esser nannte das "einen herausragenden Erfolg" der 80-köpfigen Ermittlungsgruppe "Sattla" (Arabisch für Haschisch):
Auch wenn Bürgerinnen und Bürger nicht direktes Ziel dieser Taten waren, haben die Auseinandersetzungen im Drogenmilieu große Verunsicherung ausgelöst und auch Unbeteiligte in erhebliche Gefahren gebracht.
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Michael Esser, Kriminaldirektor
Sommer 2024 - mehrere Explosionen erschüttern Köln. Die Polizei ermittelte intensiv.04.10.2024 | 1:59 min
Zunächst waren die Ermittler davon ausgegangen, dass sie es mit kriminellen Taten der sogenannten "Mocro-Mafia" zu tun haben, also Banden der organisierten Drogenkriminalität, die in den Niederlanden vor allem Marokkaner rekrutieren und sich nach Deutschland ausgebreitet haben.
Sieben von ihnen sollen auch für den Tod des Journalisten Peter R. de Vries verantwortlich sein. Obwohl dem Netzwerk nicht mehr nur marokkanisch-stämmige Mitglieder angehören, wird der Begriff in den Niederlanden weiterverwendet.
Der Anschlag auf Kriminalreporter Peter de Vries zeigte, wie skrupellos das organisierte Verbrechen gegen Gegner vorgeht und wie wenig die Politik dem entgegensetzt. 09.07.2021 | 2:10 min
Kriminalitätsphänomen "Crime as a service"
Die Kölner Ermittler sprechen jetzt vielmehr von einem neuen Phänomen namens "Crime as a service": Drogenbanden im Rheinland bedienen sich junger Männer aus den Niederlanden im Alter zwischen 18 und 30 Jahren als Handlanger, die hier im Auftrag der Banden Sprengsätze zünden. Sie bieten sich über Soziale Netzwerke wie Apps oder Messengerdienste an.
Die ausführenden Täter kennen dabei in der Regel den Auftraggeber nicht. Auch die eigentlichen Hintergründe der Tat sind diesen nicht bekannt.
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Michael Esser, Kriminaldirektor
Drei junge Niederländer sollen auch in Hürth beteiligt gewesen sein. Sie stehen am Freitag vor Gericht. Der Vorwurf gegen sie: gemeinschaftlich begangene Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung. Es gebe in den Niederlanden einen ganzen Pool solcher junger Männer, die bereit seien, solche Taten auszuführen, sagt der Kriminalitäts-Experte Robin Hofmann. Die Täter seien nicht besonders gut oder intelligent, stammten meist aus prekären Verhältnissen, seien aber wild entschlossen.
Die machen die Drecksarbeit für ein paar hundert Euro.
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Robin Hofmann, Kriminalitäts-Experte Universität Maastricht
Während die Kölner Ermittler keine Anhaltspunkte dafür sehen, dass bei all dem auch die "Mocro-Mafia" eine Rolle spielt, vermutet Hofmann durchaus Überschneidungen.
Die Polizei NRW ermittelte auch zu Entführungen, Folterungen, Morden und gezielten Sprengattacken in Köln. 11.07.2024 | 3:06 min
Zwar mache die Gruppe sich nicht in NRW breit, er hält es aber für wahrscheinlich, dass einzelne Mitglieder wohl als Vermittler aufgetreten sein könnten. Für die Kölner Prozesse diese Woche wurden die Sicherheitsvorkehrungen deshalb erhöht.
Ralph Goldmann ist Reporter im Studio Düsseldorf.
Quelle: dpa
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