Raritäten aus des Dichters Feder:Goethe-Briefe in Hamburg unterm Hammer
von Martin Niessen
Dramen, Romane, Gedichte, wissenschaftliche Abhandlungen - Goethe war Vielschreiber. Und hinterließ auch noch rund 20.000 Briefe. 60 davon werden nun in Hamburg versteigert.
Bei der Auktion der Goethe-Fundstücke boten Viele anonym.
Quelle: ZDF"Treulichst G". Ein schlichtes "Goethe". Oder mit den Initialen "J" und "W" und einem kleinen "v" für das von. Die Signaturen Johann Wolfgang von Goethes sind fast so facettenreich wie sein literarisches Werk.
Die Handschrift mit den weit geschwungenen Ober- und Unterlängen der Buchstaben ist typisch für die damals verbreitete Deutsche Kurrentschrift, sehr ordentlich und gut lesbar. Findet zumindest Silke Lehmann. Die Antiquarin des Auktionshauses Ketterer hat sich durch eine Sammlung geschäftlicher und privater Korrespondenz des Dichterfürsten gearbeitet, die nun versteigert worden ist.
Von Weinbestellung und Gesichtsrose bis Schlossumbau
Mit weißen Stoffhandschuhen holt sie eines der Exponate aus einem Schutzumschlag, die Tinte etwas verblasst, das Papier leicht vergilbt und dennoch angesichts seines Alters von mehr als 200 Jahren sehr gut erhalten. Behutsam legt sie es auf eine Unterlage aus schwarzem Tuch. Es ist eine umfangreiche Weinbestellung Goethes, bekennender Liebhaber guter Tropfen.
Bei Goethe denkt man an unvergessliche deutsche Dichtung. Tatsächlich war er auch als Naturforscher aktiv und hat seine Erkenntnisse mit seinen eigenen Mitteln veröffentlicht: in der Dichtung.
08.01.2020 | 8:28 min"Es ist schon ziemlich cool und wirklich etwas Besonderes, heute mehr als 200 Jahre alte Briefe von Johann Wolfgang Goethe lesen zu dürfen", sagt Lehmann, die - mit kurzen Unterbrechungen - seit 1999 für das Auktionshaus arbeitet und sich schon im Studium mit Goethe beschäftigte. So werde das literarische Genie auch in seinem gesellschaftlichen und politischen Wirken greifbarer.
Frei nach Faust "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein" etwa klagt Goethe in einem Schreiben als Geheimrat an seinen Dienstherrn Herzog Carl August, in dem es eigentlich um die Umgestaltung des Weimarer Schlosses geht, sein Leid wegen einer schmerzhaften Gesichtsrose.
Viele Goethe-Briefe auch Experten unbekannt
Das Interesse an den Goethe-Briefen ist groß, zur Versteigerung der Auktionssaal im Hamburger Kunsthaus Ketterer am Mittag gut gefüllt. Online und telefonisch sind weitere Bieter zugeschaltet, Privatsammler, aber auch Stiftungen und Museen.
Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller sind wohl die bekanntesten Schriftsteller der deutschen Literatur. Bis heute gelten die beiden als Nationaldichter.
13.03.2025 | 11:30 minDie Schriftstücke stammen aus dem Nachlass des süddeutschen Sammlers Walter Barth, zusammengetragen in den 1920er und 1930er Jahren - bis zur Auktion am Montag in Privatbesitz gewesen und deswegen auch Experten kaum bekannt.
Auch sehr private Briefe wie ein Entschuldigungsschreiben für seine Enkel finden sich in der Sammlung.
Quelle: ZDFRund zwei Dutzend davon hat Goethe eigenständig verfasst, andere sein Privatsekretär, vom Meister aber persönlich unterschrieben und mit Kommentaren versehen. Die Briefe entstanden im Zeitraum zwischen 1780 und 1832 und werden ergänzt mit Autographen aus Goethes engstem Umfeld, von Friedrich Schiller etwa, Charlotte von Stein oder Bettina von Arnim.
Einladung an Humboldt: "In der lebhaftesten Hoffnung"
Schon der Umfang der Sammlung sei etwas Besonderes, sagt Enno Nagel, Auktionator und Goethe-Experte bei Ketterer Kunst. "Wir sehen Goethe hier als Dichter, als Wissenschaftler, als Kunsthistoriker, als Minister, der vielfältige Aufgaben zu betreuen hatte. Der zuständig für die Theaterleitungen war, für die Kriegskommission, für den Bau des neuen Schlosses."
Und wir sehen ihn nicht zuletzt auch als Menschen, der für seine Enkel eine Entschuldigung schreibt, als Großvater.
Enno Nagel, Auktionator und Goethe-Experte
"In der lebhaftesten Hoffnung" signiert von Goethe einen Brief.
Quelle: ZDFEin Highlight der Sammlung: eine persönliche Einladung für ein Treffen mit dem großen Naturforscher Alexander von Humboldt, signiert "in der lebhaftesten Hoffnung". Für den Brief aus dem Jahr 1831, taxiert auf achttausend Euro, erhält am Ende ein unbekannter Online-Bieter den Zuschlag - für fünfzigtausend Euro.
Die Einladung an Alexander von Humboldt, geschrieben von Wolfgang von Goethe.
Quelle: ZDFGesamterlös der 60 Briefe aus Goethes Feder: knapp fünfhunderttausend Euro. Womit zumindest die lebhaftesten Hoffnungen des Auktionshauses deutlich überschritten wurden.
Martin Niessen ist Korrespondent im ZDF-Studio in Hamburg.
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