Sicherheit von Patienten:3.700 Behandlungsfehler im Jahr 2024
Der Medizinische Dienst meldet 3.700 Behandlungsfehler im Jahr 2024. Die Dunkelziffer sei deutlich höher, so ein Experte. Was Patienten bei einer falschen Behandlung tun können.
Im Zusammenhang mit Behandlungsfehlern wurden im vergangenen Jahr 75 Todesfälle ermittelt.
Quelle: dpaEin 86-jähriger Mann bekommt ein Medikament gespritzt - und muss deswegen wiederbelebt werden. Eigentlich war das Mittel für seinen Bettnachbarn gedacht, und eigentlich hätte es geschluckt werden müssen. Solche und andere grobe Behandlungsfehler kommen in Krankenhäusern und Praxen selten vor, können aber für die Betroffenen gravierende Folgen haben.
134 Fälle solcher sogenannten "Never Events" hat der Medizinische Dienst bei seinen Überprüfungen im vergangenen Jahr ermittelt. Das geht aus dem Jahresbericht 2024 hervor, den die Gutachter der Krankenkassen in Berlin vorstellten. Dabei geht es um besonders folgenschwere und vermeidbare Behandlungsfehler.
Finn Olsen hat durch schwere Behandlungsfehler seinen Unterschenkel verloren. Sein Operateur verliert zwar in Norwegen die Lizenz, arbeitet aber in Deutschland weiter - ganz legal.
02.10.2025 | 2:41 minNeben der Verwechslung von Patienten, Körperteilen oder Medikamenten gehören auch Gegenstände dazu, die Ärztinnen und Ärzte nach Operationen unbeabsichtigt im Körper zurücklassen.
Medizinischer Dienst: 75 Todesfälle nach Behandlungsfehlern
Im vergangenen Jahr stellte der Medizinische Dienst in rund 3.700 Fällen Behandlungsfehler fest. In rund 2.800 dieser Fälle (76 Prozent) erlitten Patientinnen und Patienten dadurch gesundheitliche Schäden, ein Drittel davon seien dauerhaft.
Zudem seien 75 Todesfälle ermittelt worden. "Tatsächlich weisen die Begutachtungszahlen auf ein immenses Problem hin", sagte der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer, bei der Vorstellung der Statistik.
Fachleute gehen davon aus, dass es jährlich circa 17.000 fehlerbedingte vermeidbare Todesfälle in unseren Krankenhäusern gibt.
Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes
Denn eine offizielle Statistik zu Behandlungsfehlern gibt es nicht, da diese in Deutschland nicht zentral erfasst werden. Die Dunkelziffer sei deutlich höher, sagte Gronemeyer.
In Europa verlieren jährlich Hunderte Mediziner ihre Lizenz – wegen schwerer Fehler, Betrugs oder sexueller Übergriffe. Nach Recherchen praktizieren rund 30 dieser Ärzte in Deutschland weiter.
07.10.2025 | 13:36 minMilliardenkosten: Behandlungsfehler belasten Gesundheitssystem
Der Medizinische Dienst fordert seit Jahren mehr Transparenz und eine Meldepflicht von Behandlungsfehlern. Patientinnen und Patienten sollten sich darauf verlassen können, dass sie von medizinischen Fehlern erfahren, heißt es im Bericht. Zudem müssten Gesundheitsfachkräfte die Möglichkeit haben, Zwischenfälle offen zu berichten, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.
Für Patientinnen und Patienten könnten durch Versehen Kosten entstehen, etwa für erneute Untersuchungen oder Folgeoperationen. Doch nicht nur das:
Zusätzlich zum Leid der Betroffenen kostet unsichere Versorgung sehr viel Geld.
Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes
Der Medizinische Dienst schätzt die Kosten für das Gesundheitssystem auf mehrere Milliarden Euro. Eine Stärkung der Patientensicherheit müsse gesetzlich verpflichtend umgesetzt werden.
Zu kurze "Arzt-Patienten-Zeit" könne zu Fehldiagnosen führen, so Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des Aktionsbündnis für Patientensicherheit.
17.09.2024 | 12:33 minWas tun bei Behandlungsfehlern?
Wenn Versicherte Fehler vermuten, können sie sich bei den Krankenkassen oder bei Sachverständigen und Schlichtern der Ärzteschaft melden. Diese geben dann medizinische und juristische Gutachten in Auftrag.
Für viele Menschen ist ein Gutachten laut Medizinischem Dienst wichtig, um Klarheit zu erhalten, ob ein Fehler Ursache für einen erlittenen Schaden war. Sie könnten unter Umständen helfen, Forderungen nach Schadenersatz geltend zu machen.
Das Gesundheitssystem steht unter Druck: Die Ausgaben der Kassen steigen, trotz Milliardenlücke verspricht die Koalition stabile Beiträge. Wie das finanziert wird, bleibt offen.
05.09.2025 | 1:36 minMehr als jeder vierte Verdacht bestätigt
Der Medizinische Dienst erstellte im vergangenen Jahr rund 12.300 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern. Mehr als jeder vierte Vorwurf bestätigte sich demnach. In diesen Fällen wurde eine medizinische Behandlung nicht angemessen, sorgfältig, richtig oder zeitgerecht durchgeführt. In mehr als jedem fünften Vorwurf war das Versehen auch ursächlich für einen Schaden.
Im vergangenen Jahr gab es laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) insgesamt rund 578 Millionen Behandlungsfälle.
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