Outdoor als Geschäft: Wie Firmen die Wildnissehnsucht nutzen

Natur als Geschäftsmodell:Wie die Industrie die Wildnis-Sehnsucht nutzt

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Instagram zeigt Bergpanoramen, der Outdoor-Trip beginnt jedoch im teuren Shop. Psychologische Tricks und Lifestyle-Marketing lassen Anfänger viel Geld für Unnötiges ausgeben.

Pia Osterhaus steht in Wanderausrüstung auf einer Lichtung. Im Hintergrund ist ein Wald und ein Bergpanorama zu sehen

Ein großes Trendthema im Netz ist Outdoor. Wie sorgt die Industrie dafür, dass wir Geld ausgeben, um an einem eigentlich kostenlosen Ort zu sein? Pia Osterhaus will es herausfinden.

13.10.2025 | 44:15 min

Die Natur ist umsonst, das Erlebnis im Grunde unbezahlbar. So lautet das unausgesprochene Versprechen, das auf Social Media in Form von sonnengetränkten Bergpanoramen und idyllischer Camper-Romantik gezeigt wird. Doch wer als Anfänger den ersten Schritt in die Wildnis wagen will, landet zunächst an der Kasse eines Outdoor-Geschäfts.

Das Problem: Einsteiger haben oft wenig Expertise und lassen sich so leichter beeinflussen. Spezialisierte Shops bieten Artikel an, die auf den ersten Blick alle wichtig erscheinen: Funktionsunterwäsche, Geschirrtuch, Göffel - Gabel und Löffel in einem, je nachdem, welche Seite man benutzt - und noch mehr. Die Preise für die speziellen Produkte: hoch. Eine Grundausstattung mit solchen Produkten kann da schon mal bis zu mehreren tausend Euro kosten.

Was man für draußen wirklich braucht

Diese Produkte machen den Aufenthalt im Freien sicherlich komfortabler. Was man aber wirklich braucht, erklärt Maurice Ressel, Extrem-Survival-Coach, in der ZDFinfo-Dokumentation "Nice Price - Die Tricks der Outdoor-Industrie".

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Unverzichtbar für eine mehrtägige Tour seien lediglich ein Zelt, ein Schlafsack, ein Erste-Hilfe-Set und vor allem eine gute Isomatte. Ein teurer Fleece-Pullover? Laut Ressel reicht ein normaler Pulli aus. Um Geld zu sparen, könne auch ein spezieller Hut gegen einen Schlauchschal ausgetauscht werden.

Dass Anfänger für den Urlaub oft mehr kaufen und einpacken als notwendig ist, liegt am sogenannten Preparedness Bias. Der Psychologe Riccardo Frink beschreibt diesen als das evolutionär bedingte Bedürfnis, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Also dieser Gedanke, was wäre, wenn ich das jetzt nicht dabei hab'? Der trifft uns genau in unserem Unsicherheitsgefühl.

Riccardo Frink, Psychologe

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Branche lockt mit High-Tech-Versprechen

Und dann gibt es noch den Novelty Bias: Menschen bewerten Produkte besser, nur weil sie neu sind und technisch klingen. Ein Experiment mit zwei identischen Jacken zeigte beispielsweise: Die Variante, die mit technologischen Fachbegriffen beworben wurde, wurde von den Befragten fast einstimmig als hochwertiger empfunden als die Jacke, die schlicht als "wasserdicht" und "atmungsaktiv" beschrieben war.

Selbst bei der Nahrung wird getrickst. Spezielles "Adventure Food" wirbt prominent mit hohen Kalorienwerten der Mahlzeiten, um den Eindruck von Energie und Leistungsfähigkeit zu erwecken.

Der Trick: Die Kalorien werden für das trockene Pulver angegeben. Rechnet man es auf die zubereitete Mahlzeit um, liefern günstigere Supermarkt-Alternativen, wie zum Beispiel Fertig-Pasta, genauso viel Energie - zu einem Bruchteil des Preises.

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Funktionskleidung als Modestatement

Längst ist es der Outdoor-Industrie gelungen, ihre Produkte vom Berg in die Innenstadt zu bringen mit Funktionskleidung als Modetrend. Ein Grund dafür sei auch das Marketing von Influencern in den letzten Jahren, sagt Riccardo Frink:

"Auch hier greift wieder ein psychologischer Effekt. Wir bauen zu berühmten Persönlichkeiten emotionale Verbindungen, sogenannte parasoziale Beziehungen, auf." Diese positiven Gefühle würden sich automatisch auf das Produkt übertragen, so Frink weiter.

Das heißt Rapper, Sportler, Influencer, die verkaufen uns einen Lifestyle, den auch Leute cool finden, die sonst mit Outdoor eigentlich nichts am Hut haben.

Riccardo Frink, Psychologe

Die Verkaufsstrategie der Branche zeigt Erfolg: Der Umsatz von Outdoor-Produkten steigt weltweit jährlich um bis zu sechs Prozent. Doch am Ende geht es nicht um die Kotschaufel im Rucksack, sondern nur um eines: das Erlebnis, draußen zu sein.

Senderlogo ZDF info
Quelle: ZDFinfo

Sehen Sie die ZDFinfo-Dokumentation "Nice Price - Die Tricks der Outdoor-Industrie" am 19. Oktober um 18.45 Uhr im ZDF und jederzeit im ZDF-Streamingportal.


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