Während die Übernahme großer Teile der insolventen Air Berlin durch die Lufthansa bei Börsenanlegern für Jubel sorgte, schauen viele Kunden in die Röhre, denn das Geld für ungültig gewordene Tickets werden sie oftmals nicht zurückbekommen.
Generell wird Air Berlin voraussichtlich ab Ende Oktober nicht mehr unter eigener Flugnummer fliegen, spätestens ab dem 28. Oktober. Schon Ende September war bekannt geworden, dass Air Berlin die verbliebenen Routen auf der Langstrecke ab dem 15. Oktober nicht mehr bedienen wird; die Tickets verlieren ihre Gültigkeit. Von den Flugstreichungen sind insgesamt mehr als 200.000 Tickets betroffen.
Stornierungen und Erstattungen
Vor allem jene Kunden, die ihre Tickets vor Bekanntgabe der Insolvenz am 15. August gekauft haben, werden wohl leer ausgehen: Sie müssen ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Wer nach dem 15. August 2017 gebucht hat, erhält laut Angaben der Fluggesellschaft eine Erstattung des Flugpreises, wenn sein Flug nicht durchgeführt wird. Umbuchungen auf andere Fluggesellschaften sind nicht möglich.
Kunden, die Air-Berlin-Flüge im Rahmen einer Pauschalreise gebucht haben, haben insgesamt mehr Sicherheit. Reiseveranstalter müssen bei Flugausfällen für Ersatz sorgen. Entsprechend verweist die Airline Pauschalreisekunden, deren Flüge ausfallen, zunächst an ihre jeweiligen Reiseveranstalter. Kunden sollten sich direkt an den Reiseveranstalter wenden und um Aufklärung bitten.
Fluggutscheine können weder eingelöst noch umgetauscht werden. Gutscheininhaber müssen ihre Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden.
Grundsätzlich empfiehlt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland Passagieren, im Falle einer Flugannullierung durch Air Berlin zunächst eine Umbuchung einzufordern, bevor auf eigene Kosten ein Ersatzflug oder eine Hotelübernachtung zur Überbrückung gebucht wird. Die Chancen für eine Umbuchung seien allerdings gering.
Es sei außerdem ratsam, möglichst kein Gepäck mehr bei Air Berlin aufzugeben. Denn gehe ein Koffer verloren oder werde beschädigt, bleibe der Kunde wohl auch auf diesem Schaden sitzen.
Wer storniert, ohne dass der Flug ausfällt, muss Stornokosten tragen. Man bekommt nur einen Teil des Ticketpreises zurück. Doch ob dieser noch ausbezahlt wird, ist fraglich.
Eine Lastschrift (Einzugsermächtigung), der man zugestimmt hat, kann acht Wochen zurückgeholt werden. Allerdings kann der Insolvenzverwalter (bzw. Sachwalter) auf Zahlung bestehen, da ein wirksamer Vertrag zustande kam. Die Zahlung fällt dann in die Insolvenzmasse. Kreditkartenzahlungen, die freigegeben wurden und bereits erfolgt sind, können nicht zurückgeholt werden. Flugbuchungen ab dem 15. August sollen aber nach Angaben von Air Berlin bei Nichtdurchführung erstattet werden.
Kundenschutz bei Insolvenz gefordert
„Schutz für alle Flugreisenden ist längst überfällig“, sagt Kay P. Rodegra, Anwalt für Reiserecht. Für den Fall der Insolvenz einer Fluggesellschaft fordern die Verbraucherzentralen seit Jahren einen Insolvenzschutz für alle Flugreisenden, nicht nur bei Pauschalreisen. „Bei einer Pauschalreise ist der Kunde im Fall einer Pleite des Reiseveranstalters nämlich abgesichert und bekommt bei Nichtdurchführung der Reise vom Versicherer sein Geld wieder“, konkretisiert der Reiserechtsexperte.
Die Verbraucherzentralen hätten bereits in drei Verfahren gegen die Vorauskassepraxis verschiedener Fluggesellschaften geklagt und seien vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert. Die Richter begründeten ihre Urteile damit, dass Zulassungs- und Aufsichtsbestimmungen das Insolvenzrisiko deutlich verringern würden.
Wie geht es weiter?
Während der Übernahme wird die Lufthansa im Betrieb noch mindestens ein halbes Jahr improvisieren müssen, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Das werde nicht völlig reibungslos gehen, ein stabiler Betrieb sei in sechs bis neun Monaten zu erwarten.
Spohr kündigte zugleich ein Angebot an, um im Ausland gestrandeten Passagieren der Air Berlin die Heimreise zu einem fairen Preis anzubieten, sofern es die Kapazitäten dafür gebe. Aus Sicht Spohrs wird das Aus für Air Berlin die Ticketpreise nicht nach oben treiben, da sich der Wettbewerb in Europa und auch weltweit weiter verschärfen werde.