Streiks bei Ryanair

Streiks bei Ryanair

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Ryanair-Flugzeug auf dem Flughafen Köln-Bonn

Bei der Billigfluglinie Ryanair kommt es erneut zu Streiks. Ab Freitagfrüh werden knapp 250 Flüge in Deutschland für rund 42.000 Passagiere gestrichen. Weitere Streiks in den Sommerferien sind nicht ausgeschlossen.

Betroffen vom Streik der Piloten in Deutschland sind fast alle Verbindungen, die zwischen Freitagfrüh um 03:01 Uhr und Samstagfrüh 02:59 Uhr aus Deutschland abfliegen, teilte die Fluggesellschaft Mittwochfrüh mit. Die Piloten in Baden-Baden werden sich als einzige nicht an dem Ausstand beteiligen. Darüber hinaus kommt es auch in den Niederlanden, Belgien, Irland und Schweden zu Flugausfällen: 400 von insgesamt 2400 Flügen, davon 250 in Deutschland, werden gestrichen. Passagiere können ihren Flug kostenlos umbuchen oder sich die Kosten ihres Flugs erstatten lassen.

Hintergrund des Streiks

Die Pilotengewerkschaft Cockpit fordert für die rund 480 Ryanair-Piloten in Deutschland einen erstmaligen Abschluss eines Tarifvertrages, eine bessere Bezahlung sowie bessere Arbeitsbedingungen: Ryainair dürfe seine Piloten nicht weiterhin von heute auf morgen auf eine andere Station irgendwo in Europa versetzen. Ryanair-Manager Peter Bellew sieht den Streik als unnötig an, da bereits in den vergangenen Verhandlungen Fortschritte erzielt worden seien. Die Gewerkschaft hingegen beklagt einen mangelnden konstruktiven Willen seitens Ryanair.

Weitere Streiks wurden von Cockpit nicht ausgeschlossen. Sie können in Zukunft noch spontaner, also bis zu 24 Stunden vorher angekündigt werden, und auch erneut innerhalb der Sommerferien erfolgen.

Allgemeine EU-Fluggastrechte

Kay P. Rodegra, Anwalt für Reiserecht: „Als Passagier hat man umfangreiche Rechte, denn auf den Flügen mit Ryanair gelten die EU-Fluggastrechte“. Diese gelten immer, wenn es um einen Flug ab der EU geht oder mit einer EU-Airline von einem Drittstaat in die EU, also etwa von Urlaubsländern wie der Türkei, Ägypten oder Tunesien nach Deutschland. „Die Airline muss übrigens über die EU-Fluggastrechte informieren, wenn es zu Problemen kommt. Sie sollten unbedingt bei der Airline am Flughafen nachfragen“, mahnt der Experte.
Kommt es zu einer größeren Verspätung – ab zwei Stunden auf der Kurzstrecke, drei Stunden auf der Mittelstrecke und vier Stunden auf der Langstrecke – muss die Airline kostenfrei Verpflegung und Getränke anbieten. Wird eine Übernachtung erforderlich, muss die Airline auch ein Hotel bezahlen sowie den Transfer dorthin. „Man sollte diese Betreuungsleistungen unbedingt einfordern und nicht gleich selbst Verpflegung kaufen oder ein Hotel beziehen“, rät Rodegra.
Kann sich eine Airline bei einer großen Verspätung oder Annullierung nicht entlasten, also das Verschulden von sich weisen, muss sie dem Passagier auch eine sogenannte Ausgleichszahlung bezahlen. Dies ist ein Betrag zwischen 250 und 600 Euro, abhängig von der Länge der Flugstrecke.

Spezialfall Streik

Allerdings: „Ob ein Streik dazu führt, dass sich eine Airline auf außergewöhnliche Umstände berufen kann, ist durchaus umstritten, wird aber eher zugunsten der Fluggesellschaft entschieden“, sagt Rodegra. Bei einem Streik, der lange angekündigt ist, könne man der Airline aber vorwerfen, dass sie nicht alles Zumutbare getan hat, um den Streik abzuwenden oder auch um die Folgen für den Passagier zu minimieren. „Die Airline muss also auch sehen, ob nicht eine Umbuchung auf eine andere Airline vorgenommen werden kann“, so der Experte.
Aufgrund der EU-Fluggastrechte muss die Airline bei einem gestrichenen Flug einen Ersatzflug anbieten. Muss man sich selbst um einen Ersatzflug bemühen, muss die Airline die Kosten dafür übernehmen. Zuvor sollte man aber immer den Kontakt zur Airline suchen. „Nur wenn sie diese Betreuungsleistungen (Hotel, Verpflegung u.a.) ablehnt oder auch keinen Ersatzflug stellt, kann man Selbstabhilfe vornehmen“, rät Kay P. Rodegra. Wer kein Interesse mehr am ausgefallenen Flug hat, kann auch kostenfrei vom Flug zurücktreten.

Wenn Fluglotsen oder das Bodenpersonal streiken, könne man in der Regel sagen, dass ein sogenannter außergewöhnlicher Umstand vorliegt und die Airline keine Ausgleichszahlung leisten muss, so Rodegra. „Bei lang angekündigten Mitarbeiterstreiks kann das gegebenenfalls anders sein“, ergänzt er.

Betreuungsleistungen müssen aber bei Problemen auf jeden Fall erbracht werden – egal wer für den Streik verantwortlich ist. „Darum ist es immer gut, Flüge zu buchen, für die die EU-Fluggastrechte gelten“, sagt der Reiserechtsexperte. 

Flug als Teil einer Pauschalreise

Ist der Flug Teil einer Pauschalreise, hat der Reisende neben der Airline einen weiteren Ansprechpartner (Haftungsgegner), nämlich den Reiseveranstalter. Er muss dafür sorgen, dass der Reisende vereinbarungsgemäß befördert werde. „Geht da einiges schief, hat man einen Preisminderungsanspruch und gegebenenfalls auch einen Schadensersatzanspruch gegen den Reiseveranstalter.“

Beharrlichkeit zahlt sich aus!

Bis die Fluggesellschaft tatsächlich eine Ausgleichszahlung leistet, kann mitunter etwas Zeit vergehen. Wichtig ist, sich nicht abwimmeln zu lassen. Kay P. Rodegra: „Da muss man wirklich etwas stur sein. Leider hüllen sich die Airlines vermehrt in Schweigen, wenn eine Forderung oder Reklamation des Kunden eingeht. Vorgänge werden einfach nicht bearbeitet, um so den Kunden mundtot zu machen. Wenn die Airline nicht reagiert, sollte man seine Forderung mit einem auf das Reiserecht spezialisierten Anwalt einfordern. Mit etwas Druck wird auch das Schweigen der Airlines gebrochen.“
Mit Material von ZDF, reuters

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