Straftat Unfallflucht
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Etwa jeder Fünfte macht sich nach einem Unfall einfach aus dem Staub. Vielen ist dabei vielleicht nicht klar: Fahrerflucht oder Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht, klärt auf.
Wer einen Schaden verursacht hat und diesen nicht meldet, macht sich der Unfallflucht schuldig. Offiziell heißt es „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Schätzungen gehen von mehr als 500.000 Delikten pro Jahr aus. Der Unfallfluchtparagraf § 142 StGB (Strafgesetzbuch) erfasst jeden Schaden im Straßenverkehr, auch wenn er noch so unbedeutend erscheint. Oftmals ist der Umfang des Schadens gar nicht sofort erkennbar, da beispielsweise verdeckte Teile beschädigt wurden. Das unfallverursachende Fahrzeug muss noch nicht einmal ein Kraftfahrzeug sein.
„Selbst wenn Sie mit einem Einkaufswagen auf einem Parkplatz ein Auto beschädigen und weitergehen, ermittelt regelmäßig die Polizei wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB. Nur bei reinen Bagatellschäden scheidet eine Strafbarkeit von vornherein aus. Die von den Gerichten üblicherweise angenommene Grenze liegt hier allerdings bei nur 25 Euro. Aus der anwaltlichen Praxis kann ich Ihnen allerdings berichten, dass der Schaden bei einem Anstoß zweier Fahrzeuge immer deutlich über dieser Grenze liegt. Die Schätzung des Gutachters ist regelmäßig deutlich höher als jede Laien-Schätzung der beteiligten Autofahrer“, so Verkehrsrechtler Arndt Kempgens.
Zettel an Scheibe hinterlassen reicht nicht
Auf den Fahrzeughalter zu warten, kann lange dauern, doch einfach nur einen Zettel mit Namen und Versicherung an die Windschutzscheibe zu klemmen und dann den Unfallort zu verlassen, ist nicht erlaubt. „Grundsätzlich reicht es nicht, einen Zettel zu hinterlassen. Wenn Sie auf den Fahrzeughalter warten, der aber nicht kommt, müssen Sie unbedingt mit der Polizei Kontakt aufnehmen. Wenn Sie am Unfallort selbst hierzu keine Möglichkeit haben, sollten Sie die nächstgelegene Polizeidienstelle aufsuchen“, rät Kempgens. „Andererseits ist es natürlich gut, wenn Sie zusätzlich einen Zettel an der Windschutzscheibe hinterlassen. Wenn sie nämlich die Unfallstelle verlassen, um die Polizei aufzusuchen, können Sie so nachweisen, dass sie tatsächlich nicht flüchten wollten.“
„Bei vorsätzlicher Fahrerflucht gemäß § 142 StGB drohen bei Schäden ab etwa 1500 Euro sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Geldstrafe von etwa ein bis zwei Nettomonatsgehältern bei Ersttätern. Wenn der vorwerfbare Schaden geringer ist, also unter 1500 Euro liegt, sind Geldauflagen und Fahrverbote von ein bis drei Monaten üblich", so Fachanwalt Kempgens.
Trotz hoher Strafen fliehen nach wie vor viele Fahrer vom Unfallort – vermutlich aus Angst. Dabei übernimmt die Haftpflichtversicherung den Schaden – auch wenn Fahrer nicht richtig eingetragen sind. „Das sind lediglich Gründe für Tarifrabatte, die aber keinen Einfluss auf die Schadensregulierung haben. Die Versicherer sind dann nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag berechtigt, Nachzahlungen für das gesamte Versicherungsjahr zu berechnen. Dies sind dann meist die Beträge, die durch die günstigeren Rabattmerkmale eingespart worden sind. Außerdem kann der Versicherer bei vorsätzlicher Falschangabe eine Vertragsstrafe verlangen“, so der Anwalt für Verkehrsrecht.
Zeugen finden
Die Polizei ist im Falle von Fahrerflucht in erster Linie auf Zeugenaussagen angewiesen. Arndt Kempgens empfiehlt: „Sollte es in der Umgebung Überwachungskameras geben, bitten Sie den Inhaber, die in Betracht kommende Sequenz zu sichern – die meisten Überwachungsvideos speichern nur einen kurzen Zeitraum, der dann wieder überschrieben wird. Daher ist es wichtig, schnell zu handeln. Wenn die Polizei dies für Sie übernimmt, ist das natürlich gut. Sie sollten aber selbst auch aktiv werden. Gerade bei kleineren Unfällen wird die Polizei keine aufwändigen Ermittlungen durchführen.“
„Wenn es sich um einen Parkplatzunfall handelt, fährt der Verursacher oft gar nicht weg, sondern parkt an anderer Stelle in unmittelbarer Nähe“, weiß der Anwalt aus Erfahrung. „Sie sollten daher die Schadenstelle der Höhe nach ausmessen und nach ähnlich beschädigten Fahrzeugen in der Nähe suchen. Auch verbleiben oft Farbpartikel von dem Verursacherauto am eigenen Auto, die einen Hinweis auf die Farbe des unfallverursachenden Autos geben. Ihre Beobachtung können Sie dann der Polizei mitteilen.“
Zudem empfiehlt Kempgens, in umliegenden Ladenlokalen nachzufragen – vielleicht hat jemand zufällig etwas beobachtet. Auch macht ein Blick in die umliegenden Fenster Sinn: Befindet sich dort eine Person, die „am Fenster hängt“, könnte sie Entscheidendes gesehen haben. Ist der Unfall in einem Wohngebiet passiert, kann man davon ausgehen, dass der potentielle Verursacher mit seinem Fahrzeug zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommt.
Versicherungsschutz bei Fahrerflucht
Es handelt sich um eine sogenannte Obliegenheitsverletzung nach einem Versicherungsfall. Der Versicherungsfall ist der Unfall, die daraufhin erforderliche Anwesenheit am Unfallort ist die zu erfüllende Obliegenheit. „In Fällen der Verletzung einer solchen wird in aller Regel die eigene Vollkaskoversicherung den Eigenschaden nicht übernehmen. Der verursachte Fremdschaden wird im Außenverhältnis zwar über die Haftpflichtversicherung abgewickelt. Im Innenverhältnis kann die eigene Haftpflichtversicherung dann aber einen Teil des Schadens zurückfordern. Die Rückforderungsmöglichkeit ist allerdings im Versicherungsvertrag gedeckelt und beträgt je nach Schwere des Vorgangs zwischen 2500 und 5000 Euro“, so der Verkehrsrechtsexperte.
Für den Fall, dass man sein Auto verliehen hat und der Fahrer damit einen Unfall verursacht und Fahrerflucht begeht, ist der Fahrer zunächst eine sogenannte „mitversicherte Person“. „In Unfallfluchtfällen dieser mitversicherten Person zahlen Vollkaskoversicherung und Haftpflichtversicherung zunächst voll, da der eigentliche Versicherungsnehmer in aller Regel mit der Unfallflucht des Fahrers (also der „mitversicherten Personen“) nichts zu tun hat. Der Versicherer kann dann allerdings gezahlte Beträge von dem mitversicherten Fahrer zurückverlangen“, erläutert Fachanwalt Kempgens.
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