Geburt nach Gebärmuttertransplantation

Geburt nach Gebärmuttertransplantation

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Zwei Ärzte des Universitätsklinikum Tübingen freuen sch über die Geburt

Die Freude am Universitätsklinikum Tübingen ist groß. Dort sind deutschlandweit die ersten zwei Babys nach einer Gebärmuttertransplantation auf die Welt gekommen.

Die beiden gesunden Kinder sind per Kaiserschnitt geboren worden. Eines schon vor wenigen Wochen, das zweite vor wenigen Tagen. Das gaben am Donnerstag Prof. Dr. Sara Brucker, geschäftsführende Direktorin am Forschungszentrum für Frauengesundheit des Universitätsklinikums Tübingen, und Prof. Dr. Silvio Nadalin, Leiter des Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Tübingen, in einer Pressekonferenz bekannt. An den Transplantationen waren jeweils auch Ärzte aus dem schwedischen Göteborg beteiligt, die als Pioniere auf dem Gebiet der Gebärmuttertransplantation gelten.

Die beiden Mütter sind aufgrund einer Erbkrankheit, dem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, ohne Gebärmutter geboren worden. Die Spenderinnen waren nahestehende Personen. In einem Fall war es die Mutter der Patientin. Eben diese Transplantation erregte schon im Oktober 2016 als erste Gebärmuttertransplantation in Deutschland öffentliche Aufmerksamkeit.

Gebärmuttertransplantation - ein experimentelles Verfahren

Bisher gab es weltweit circa 40 Transplantationen dieser Art, allerdings mit weniger als 20 Geburten. Das erste Baby nach einer Gebärmuttertransplantation kam 2014 in Schweden zur Welt. In Südamerika brachte eine Frau im vergangenen Jahr erstmals ein Kind nach einer Gebärmuttertransplantation von einer verstorbenen Spenderin zur Welt. 

Für wen ist das Verfahren geeignet?

Eine Gebärmuttertransplantation kommt dann infrage, wenn bei einer jungen Frau die Gebärmutter fehlt, sie aber funktionsfähige Eierstöcke hat. Dies kann nach Notfall- oder Krebsoperationen oder bei einer angeborenen Fehlbildung der Fall sein.
Die sogenannte "absolute uterine Infertilität" betrifft drei bis fünf Prozent aller Frauen und galt bis vor kurzem als nicht heilbar. Die einzigen Möglichkeiten für diese Frauen, Mütter zu werden oder genetisch eigene Kinder zu bekommen, waren die Adoption oder die Leihmutterschaft, die allerdings in Deutschland verboten ist.

Die Lebendspende ist laut Experten medizinisch vorzuziehen. Transplantationstechnisch sei sie der bessere Weg, da das Organ zum Zeitpunkt der Verpflanzung besser durchblutet ist, als bei einer Totenspende. Dies führe zu besseren Ergebnissen, so Prof. Dr. Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen.

Gebärmuttertransplantation - Therapie mit Zukunft?

Im deutschsprachigen Raum wird diese Art der Transplantation bislang nur im Rahmen von Forschungsprojekten durchgeführt.

Auch die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) der Schweiz bewertet die Gebärmuttertransplantation als ein experimentelles Verfahren. Sie schließt allerdings nicht aus, dass es nach weiterer umfassender Forschung – vor allem zu mittel- und langfristigen Effekten auf die Gesundheit der Kinder – Eingang in den klinischen Alltag finden könnte.

Wie schätzen Experten die Lage ein?

Dass es sich hier um einen medizinischen Fortschritt handelt, der die Therapie bei Unfruchtbarkeit langfristig verbessern kann, darüber sind Forscher sich weitestgehend einig. Jedoch sind gerade bei der Lebendspende zur Behandlung der Unfruchtbarkeit noch viele strukturelle und ethische Fragen offen:

Aus eigener Erfahrung in Belgien stellen wir fest, dass die Zahl der Frauen, die eine Uterus-Transplantation brauchen, sehr wahrscheinlich größer ist als die Zahl der geeigneten Organspenderinnen. Deswegen ist eine vorsichtige Entwicklung der Lebendspende aus meiner Sicht verantwortbar."

Prof. Dr. Dr. Xavier Rogiers, Leiter des Transplantationszentrums, Universitätskrankenhaus Gent, Belgien

Wesentlicher Bestandteil des ärztlichen Ethos ist das sogenannte Nicht-Schadens-Gebot, also die Pflicht eines Arztes, einem Patienten keinen Schaden zuzufügen. Bei einer Uterus-Transplantation wird eine gesunde Spenderin einer äußerst invasiven Maßnahme – nämlich einer mehrstündigen Operation unterzogen – die für sie keinen gesundheitlichen Nutzen hat. Das widerspricht diesem medizin-ethischen Prinzip."

Dr. Claudia Bozzaro, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Ich denke nicht, dass die Uterus-Transplantation eine Standardtherapie werden wird, sondern sie wird eine Therapie für ausgewählte Frauen werden. (...) Bei der hohen Anzahl an Nachfragen müsste eine sehr hohe Anzahl an Transplantationszentren vorhanden sein. Dieses ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sichtbar, sodass ich denke, dass es einigen hochspezialisierten Zentren vorbehalten sein wird."

Prof. Dr. Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen

Mit Material von AFP, dpa, Science Media Center Germany

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