Blauer Brief für die Schule

Blauer Brief für die Schule

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Auf Würeln steht: Lehrermangel geschrieben

Die Belastungen und Anforderungen an Lehrer steigen ständig. Der eigentliche Unterricht wird oft zur Nebensache. Eine kurzfristige Entspannung der Situation ist schwer - es fehlt an Lehrpersonal.

Blauer Brief für die Schule

„Die Lücken sind opulent: Insgesamt müssen in den nächsten zehn Jahren rund 78 000 Stellen an öffentlichen und privaten Schulen in NRW besetzt werden“, sagt Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologen-Verbands NRW.
Die Belastungen und Anforderungen an Lehrer wachsen zunehmend: Inklusion, soziale Probleme und große Klassen. Lehrer müssen sich immer häufiger um andere Aufgaben kümmern und der eigentliche Unterricht wird zur Nebensache. Die Situation zu entspannen – keine einfache Aufgabe, es fehlt massiv an Lehrpersonal. „Die Geburtenrate liegt mit derzeit 1,5 Kindern je Frau so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr“, erklärt Peter Silbernagel. Die Zahl der Schüler sei über Jahre hinweg gesunken und im Zuge dessen wurden viele Stellen abgebaut. Nun werden wieder viele Lehrkräfte benötigt, doch in den Hochschulen werden bei weitem noch nicht so viele Lehrer ausgebildet, wie benötigt werden.

Während in den kommenden Jahren im Gymnasial-Lehramt ein Überschuss von rund 16 000 Lehrern zu erwarten ist, fehlen rund 15 000 Lehrer an Grund-, Haupt- und Sonderschulen. „In den nächsten 20 Jahren müssen 140 000 und damit 85 Prozent aller Stellen besetzt werden“, meint Silbernagel.

Maßnahmen gegen den Lehrermangel

Vergangenen Freitag stellte die NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer neue Maßnahmen gegen den Lehrermangel. Durch kurzfristige Verbeamtungsperspektiven soll studierten Oberstufenlehrern das Unterrichten einer Sekundarstufe I-Klasse, attraktiver gemacht werden. Für Pensionäre soll es finanzielle Anreize geben, falls sie wieder stundenweise in den Schuldienst gehen würden. Der Ruhestand von verbeamteten Lehrern soll auf Antrag um bis zu drei Jahre ausgesetzt werden. „Zudem hat das Schulministerium mit der Öffnung des Seiteneinstiegs reagiert. 2017 wurden auf diese Weise elf Prozent aller Lehrer neu eingestellt“, sagt Silbernagel.
„Die Landesregierung investiert massiv in die Inklusion“, so Gebauer. Schulen, die inklusiven Unterricht anbieten, müssen neben geeigneten Räumen und Sonderpädagogen auch geeignete Konzepte zur Umsetzung vorlegen. Auch kleine Sonderschulen in NRW sollen erhalten werden. Durch Herabsetzung der Mindestgröße „können sich 40 akut, von Schließung bedrohte Schulen retten“, sagt Silbernagel.

In Nordrhein-Westfalen soll ab dem Schuljahr 2018/19 an allen Schulen der Unterrichtsausfall digital erfasst werden. Die Schulen sollen die Daten wöchentlich an das Schulministerium. Nach Ablauf des Schuljahres soll es eine ausgiebige Veröffentlichung der Ergebnisse geben. Auch auf der Internetseite des Schulministeriums soll zu sehen sein, wie viele Unterrichtsstunden, an welcher Schule entfallen sind.

Mangelndes Engagement der Eltern

Vor einigen Jahren sah es an den meisten Schulen noch so aus: die Wahlen zum Elternbeirat waren schnell erledigt und Elternabende gut besucht. Heute sieht das anders aus, meint Silbernagel: „Eltern nehmen sich weniger Zeit für die Mitarbeit an der Schule als noch vor zehn, 15 Jahren. Veränderungen an der Schule wollen viele Eltern – aber sie möchten nichts dafür tun. Das funktioniert eben nicht.“
An Deutschlands Schulen gibt es noch einige Baustellen. Ob durch solche Maßnahmen der Lehrerkräftemangel nachhaltig behoben werden kann, ist umstritten. Dass Handlungsbedarf besteht, hat die Politik aber erkannt.

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