Ärger in Engelberg:Diskussionen um die Haltungsnoten im Skispringen
von Sebastian Ungermanns
Seit vergangener Saison wird vor allem die Landung im Skispringen strenger bewertet. Spätestens seit Engelberg steht das massiv in der Kritik. Wieso?
Die Haltungsnoten sorgen für Gesprächsstoff im Skispringen. Experte Severin Freund erklärt, was genau die Juroren bei den Athleten bewerten.
21.12.2025 | 0:38 minDer Jubel war groß, dabei war es fast eine Randnotiz. Der junge Skispringer Stephan Embacher erwischte im ersten Durchgang des Skispringens in Engelberg am Sonntag einen tollen Sprung, zog ihn runter auf 145 Meter. Neuer Schanzenrekord, große Freude bei Embacher.
Doch die Platzierung gab das nicht wieder. Eine "sieben" leuchtete auf dem Ergebnismonitor auf. Für einen Sprung mit Schanzenrekord durchaus ernüchternd. Im zweiten Durchgang überragte Embacher erneut - 140 Meter. Doch wieder ging er nicht in Führung, am Ende stand ein achter Platz zu Buche. Wie kann das sein?
FIS ändert Benotungskriterien
Die Erklärung ist recht einfach. Im hohen Weitenbereich mit einem Telemark, also der Landung in Schrittstellung, zu landen, ist schwierig. Für die würde es aber die höchste Punktzahl geben.
Die Haltungsnoten sorgen im Skispringen aktuell für Diskussionen. Was die Aufregung verursacht erklären ZDF-Reporter Stefan Bier und Experte Severin Freund.
21.12.2025 | 1:41 minStattdessen landete der junge Österreicher mit beiden Ski parallel zueinander. Das gibt Abzug in den Haltungsnoten - so war es schon immer. Doch diese Saison sind die Abzüge besonders groß.
"Eigentlich gibt es schon seit der vergangenen Saison neue Benotungskriterien von der FIS, bei denen der Telemark noch mal mehr in den Fokus gerückt worden ist", erklärt Ex-Skispringer Severin Freund.
Eine nicht perfekte Telemarklandung gibt dementsprechend mehr Abzüge, als vorher.
Skisprung-Experte Severin Freund
Noten in dieser Saison tiefer
Daher habe die FIS schon vergangenes Jahr zugesichert, dafür zu sorgen, dass die Skispringer nicht mehr so weit springen wie vorher. "Kurze Zeit hat es funktioniert, dann wurde aber relativ schnell wieder sehr weit gesprungen", so Freund weiter.
Das Skispringen der Männer in Engelberg im Relive. Kommentator: Stefan Bier. Co-Kommentator Severin Freund. Moderation: Florian Zschiedrich.
21.12.2025 | 120:32 minAlso bürgerte sich vergangene Saison eine Mischung aus dem alten und dem neuen Benotungssystem ein. Die Abzüge waren nicht so dramatisch, daher gab es kaum Beschwerden.
Diese Saison ist das allerdings anders: "Die Noten sind in dieser Saison schon noch mal deutlich tiefer", so Freund, "von der Weite her wird nach wie vor weit gesprungen, aber sie setzen es jetzt scheinbar klarer um".
Bundestrainer Kuttin: "Das geht gar nicht"
Und das sorgt nicht nur bei Embacher für Ärger. Am Samstag gelang der Deutschen Selina Freitag ein phänomenaler Sprung. Ihre Landung war allerdings nicht ideal, der Punktabzug entsprechend hoch.
Das Skispringen der Frauen in Engelberg vom 20. Dezember im Relive. Kommentatorin: Eike Papsdorf.
20.12.2025 | 68:35 min"Was da abgezogen wird - klar, für diesen Telemark gibt es Abzüge - aber so viel. Teilweise bis -13,5 das geht gar nicht, meiner Meinung nach", ärgerte sich Frauen-Bundestrainer Heinz Kuttin im ZDF.
Auch von Freund gibt es Kritik an dem neuen System. "Der Fokus verschiebt sich damit in die falsche Richtung", meint der Olympiasieger von 2014. "Im Idealfall sollte immer noch der Weiteste gewinnen. Die Noten sollten nur entscheiden, wenn zwei sehr ähnlich weit gesprungen sind - und nicht auf einmal genauso großen Einfluss haben."
FIS gibt Verantwortung für Anlauflänge ab
Und es hagelt noch mehr Kritik aus dem Springerlager. Unter anderem wird moniert, dass die FIS die Verantwortung für die Anlauflänge auf die Trainer abwälzt.
Die FIS sagt dann gerne: Der Trainer kann ja jederzeit verkürzen.
Skisprung-Experte Severin Freund
Der 1. und 2. Durchgang beim Weltcup der Skispringerinnen in Engelberg/Schweiz relive. Kommentatorin: Eike Papsdorf. Co-Kommentator: Severin Freund.
21.12.2025 | 102:44 minDas Problem dabei: Um die Bonuspunkte zu bekommen, wenn man die Verkürzung selbst veranlasst hat, muss der Athlet eine bestimmte Mindestweite springen. "Gerade bei wechselhaften Bedingungen ist das immer mit Risiko verbunden", so der Skisprung-Experte weiter.
Es gibt auch Lösungsansätze, um die neuen Vorgaben besser in die Tat umzusetzen. Man könnte beispielsweise die Haltungsnoten stärker in Relation zur gesprungenen Weite setzen, um so die Punktabzüge bei verpatzten Landungen im hohen Weitenbereich abzufedern.
Es wird wohl weiter diskutiert werden
Bis es soweit ist, werden die Diskussionen wohl immer wieder hochkochen. Zumal in dieser Saison neben der Tournee mit den Olympischen Winterspielen in Mailand und Cortina ein weiteres Highlight ansteht.
Freuen tun sich die Athletinnen und Athleten trotzdem über große Weiten, wie man bei Stephan Embacher gesehen hat. Und vielleicht werden sie dafür bald auch wieder etwas nachsichtiger benotet.
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