Bundestrainer zur Skispringer-Krise: Gründe und Chancen
Interview
Skispringer vor WM in der Krise:Bundestrainer erklärt Gründe und Chancen
von Lars Becker
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Bundestrainer Stefan Horngacher spricht vor der Nordischen Ski-WM über die Krise bei den DSV-Springern. Wo liegen die Ursachen und gibt es überhaupt Medaillen-Chancen?
Für Bundestrainer Stefan Horngacher ist klar: "Es liegt jetzt am ganzen Team, an Trainern, Betreuern und den Sportlern, gemeinsam wieder heranzukommen an die Weltspitze."
Quelle: imago
ZDFheute: Das deutsche Skisprung-Team ist fulminant in den Winter gestartet und seit der enttäuschenden Vierschanzentournee in der Krise. Wo sehen Sie die Ursachen dafür?
Stefan Horngacher: Wir sind heuer wirklich gut gestartet in den Winter und sind jetzt sehr weit hinten. Die Gründe dafür sind natürlich vielfältig. Eine genaue Analyse, warum wir die Leistung über die Saison nicht hochhalten können, muss im Frühjahr erfolgen.
Der aktuelle Stand ist einfach absolut unzufriedenstellend - für uns Trainer genau wie für die Sportler.
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Stefan Horngacher
ZDFheute: Liegen die Probleme an einem mangelnden Trainings-Zustand oder an Material-Nachteilen?
Horngacher: Der technische Ablauf des Springers ist das Erste, wo wir schauen. Das Zweite ist dann das Material. Aktuell sind wir auf der Suche und versuchen, das Material über die Techniker und die Anzug-Schneiderei vorwärts zu entwickeln. Das Material zu finden, das uns vielleicht noch ein bisschen einen Boost gibt und den Sportlern ein besseres Gefühl im Sprung.
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Aber es ist über einen zu langen Zeitraum zu schlecht Ski gesprungen worden. Man will ja dann was besonders gut machen, vielleicht noch was drauflegen - und das geht halt meistens dann in die Hose.
ZDFheute: Was am meisten verblüfft, ist die Entwicklung von Pius Paschke nach dem grandiosen Saisonstart. Er wirkt zunehmend verzweifelt.
Horngacher: Der Pius ist leider Gottes ein Springer, der ein bisschen kopfgesteuert ist, wenn sein Feingefühl nicht unbedingt passt. Wenn er verkrampft, dann kann es auch ganz wild werden, das hat er oft genug durchgemacht. Aber er ist auch oft genug wieder rausgekommen aus der Situation.
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Als Trainer brauchen wir einen klaren Plan und eine einfache, umsetzbare Korrektur für ihn. Das bringt nichts, wenn man ihm jetzt fünf Sachen erzählt.
Es gilt generell für uns Trainer in dieser Situation, dass wir jetzt nicht kompliziert werden.
Horngacher: Ob Wellinger, Paschke oder Geiger; Es sind immer noch die gleichen Sportler, die schon sehr, sehr erfolgreich waren. Es liegt jetzt am ganzen Team, an Trainern, Betreuern und den Sportlern, gemeinsam wieder heranzukommen an die Weltspitze.
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Die WM beginnt ja auf der kleinen Schanze in Trondheim. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt für uns, der uns definitiv helfen kann. Auf der kleinen Schanze sind wir traditionell immer sehr stark. Und wir haben auch in der Vorbereitung nur auf der kleine Schanze trainiert.
ZDFheute: Wie kann man einem Team in der Krise Selbstvertrauen vermitteln?
Horngacher: Am meisten Selbstvertrauen holt man sich immer noch, wenn das Gefühl am Ende des Tages passt. Wenn der Sportler aus dem Training rausgeht und sagt: Heute war es cool, heute habe ich richtig gespürt, wie der Ski gedrückt hat, wie mein Körper geflogen ist. Ich bin weit gesprungen und habe ein super Gefühl gehabt. Das stärkt das Selbstvertrauen am allermeisten. Die Skispringer springen ja Ski, weil es eine coole Sache ist, weil man fliegen kann.
ZDFheute: Haben Sie noch Medaillenhoffnungen für die WM in Trondheim?
Horngacher: Wenn du in einer Minusspirale bist, dann geht es immer sehr lange nach unten. Jetzt hoffe ich, dass wir ganz unten angekommen sind und uns relativ schnell wieder nach oben spiralisieren können. Wir sind sicher keine Favoriten, aber wir wollen unsere Außenseiter-Chance nutzen. Wir fahren sicher nicht nur mit dem Ziel dahin, dass wir vielleicht mit Glück im Team eine Medaille machen.
Die Ausgangssituation ist nicht wahnsinnig gut, aber wenn wir in den Flow reinkommen und ein, zwei technische Fehler abstellen können, kann es auch relativ schnell gehen.
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Stefan Horngacher
Bei Weltmeisterschaften gibt es auch eigene Gesetze. Wir arbeiten darauf hin, dass wir schon in Trondheim beim ersten Wettkampf wieder um die Siegerehrung mitspringen können.
Quelle: Reuters
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