CAS vor dem EuGH: Bleibt das Sportgericht die letzte Instanz?

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Bleibt der CAS letzte Instanz?:Wie der EuGH das Sportrecht verändern könnte

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Dopingstrafen, Transferverbote, Sperren - bei Streit darüber ist bislang der Sportgerichtshof CAS die oberste Instanz. Ein Urteil des höchsten EU-Gerichts könnte dies nun ändern.

Europäischer Gerichtshof EuGH, steht auf einer Mauer auf Stein.
Der EuGH Fällt am Freitag ein für die Sportwelt weitreichendes Urteil.
Quelle: Imago

Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) geht es am morgigen Freitag, 10 Uhr, um die Frage, ob der Internationale Sportgerichtshof CAS das letzte Wort haben darf. Das Urteil des höchsten europäischen Gerichts könnte weitreichende Konsequenzen für die Sportrechtswelt haben.
Der CAS, das wichtigste Schiedsgericht des internationalen Sports, entscheidet etwa über Dopingsperren von Athletinnen und Athleten sowie Teilnahmebedingungen für Wettkämpfe. Die wichtigsten Fragen zu dem Fall im Überblick:

Worüber entscheidet der EuGH?

Es geht darum, ob ein Schiedsurteil des CAS (Court of Arbitration for Sport, also wörtlich "Schlichtungsgerichtshof" für Sport) verbindlich ist oder durch Gerichte der Mitgliedsstaaten auf Verstöße gegen EU-Recht überprüfbar sein muss.
Jannick Sinner
Jannik Sinner, Weltranglistenerster, akzeptiert nach zwei positiven Tests und einem Verfahren vor dem CAS eine umstrittene dreimonatige Sperre der Welt-Anti-Doping-Agentur.18.02.2025 | 1:19 min
Bislang kontrolliert den CAS, der in Lausanne und damit außerhalb der EU sitzt, nur das Schweizerische Bundesgericht. Dieses prüft zudem lediglich, ob es vor dem Sportgerichtshof Verfahrensfehler gab.
Die Richterinnen und Richter in Luxemburg urteilen jetzt, ob das nach EU-Recht ausreicht oder in der EU auch die nationalen Gerichte CAS-Entscheidungen überprüfen dürfen.

Warum ist der Fall so wichtig für die Sportwelt?

Der EuGH könnte mit dem Urteil ein wesentliches System im Sportrecht aufbrechen. Die Grundidee hinter einer Institution wie dem Sportschiedsgerichtshof ist, dass die privat festgelegten Regelwerke im Sport weltweit einheitlich ausgelegt werden - und nicht in jedem Land unterschiedlich je nach den dortigen Gerichtsentscheidungen. So soll über Ländergrenzen hinweg Fairness im Wettbewerb sichergestellt werden.
Nationale Gerichte können die Urteile des CAS daher grundsätzlich nur sehr eingeschränkt überprüfen. Je nach Entscheidung des EuGH könnte sich das ändern.
Wenn die Schiedssprüche nicht mehr verbindlich wären, wäre das für sich genommen eine "Sensation", sagt Sportrechtsexperte Jan F. Orth von der Universität Köln.

Wir brauchen so etwas wie den internationalen Sportschiedsgerichtshof, weil er einheitlich und in der Regel schnell entscheidet.

Jan F. Orth, Sportrechtsexperte Uni Köln

DFB-Sportgericht für VfL Bochum
Auch der DFB unterhält ein Sportgericht. Im Januar hat es dem Einspruch Bochums stattgegeben und die Partie bei Union Berlin mit 2:0 für Bochum gewertet.10.01.2025 | 1:45 min
Gleichzeitig stehe der CAS in der Kritik. Ihm werde vorgeworfen, Sportverbände bei seinen Entscheidungen zu bevorzugen und sehr teuer für die Athleten zu sein.

Wie kam es zu dem Verfahren vor dem EuGH?

Im konkreten Fall streitet sich der belgische Fußballverein RFC Seraing seit mehr als zehn Jahren mit der FIFA über das Verbot der sogenannten Dritteigentümerschaft. Dieses Verbot ist in den Regelwerken der FIFA, der UEFA und der nationalen Verbände festgelegt.
Die FIFA hatte dem Klub deshalb untersagt, dass externe Investoren Rechte an Spielern erwerben - und ihn 2015 mit einer Transfersperre und Geldstrafe belegt. Der Fall landete vor dem CAS, der im Sinne der FIFA entschied. Auch das Schweizerische Bundesgericht hatte nichts daran auszusetzen.
Der Präsident des Weltfußballverbands FIFA, Gianni Infantino, blickt geradeaus. Er trägt ein Sakko über offenem weißem Hemd. Er ist neben einem großen Fragezeichen zu sehen. Das Foto ist grün- gelb eingefärbt.
FIFA-Präsident Gianni Infantino ist angetreten, um die Fifa zu erneuern. Doch er baut seine Macht aus. Ist er ein geldgieriger Autokrat, der alle nach seinen Regeln spielen lässt?18.12.2023 | 14:30 min
Daraufhin stellte Seraing die Unabhängigkeit des CAS infrage, da dieser durch internationale Verbände finanziert wird. Der Verein zog vor die Gerichte in Belgien.

Welche Position vertritt die Generalanwältin?

Die zuständige Generalanwältin hält es für notwendig, dass nationale Gerichte Sportschiedssprüche umfassend prüfen können - um sicherzustellen, dass zum Beispiel FIFA-Regeln mit EU-Recht vereinbar sind.
Sollte der EuGH dieser Argumentation folgen - was er in rund 90 Prozent der Fälle tut -, könnte das weitreichende Folgen haben.

Warum das Urteil bedeutsam ist

Das Verfahren betrifft nicht nur einen Einzelfall. Es stellt das gesamte System der Sportgerichtsbarkeit infrage. Sollte der CAS nicht länger als höchste Instanz gelten, müssten nationale Gerichte stärker eingebunden werden.
Für Sportverbände, Vereine und Athletinnen und Athleten in Europa könnte das einen Paradigmenwechsel bedeuten. Je nach Ausgang könnte der EuGH mit der Entscheidung "erheblichen Druck" auf die Sportverbände ausüben.

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Quelle: Reuters

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Quelle: ZDF, dpa

Entscheidungen des Sportgerichtshofs CAS