Radsport: Sicherheits-Chaos nimmt kein Ende

Arndt erleidet Wirbelbruch:Sicherheits-Chaos im Radsport nimmt kein Ende

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Schwere Stürze, chaotische Kurse: Vor den Nordklassikern entbrennt im Radsport abermals die Sicherheitsdebatte. Bei Brügge-De-Panne erwischt es einen Deutschen besonders schwer.

Sturz bei der Flandern-Rundfahrt 2023
Stürze - wie hier bei der Flandern-Rundfahrt 2023 - haben im Radsport eine Sicherheitsdebatte entfacht. Eine Lösung ist bislang nicht in Sicht.
Quelle: imago

Am Ende waren gerade einmal 16 Fahrer übrig, die am Mittwoch um den Sieg bei Brügge-De Panne spurteten. Der große Rest des Pelotons? Zu Boden gegangen oder ausgebremst durch einen der vielen Massenstürze, ganze viermal krachte es auf den letzten fünf Kilometern.

Arndt nach Sturz bereits operiert

Am heftigsten erwischte es Nikias Arndt, der einen stabilen Wirbelbruch erlitt, wie sein Team Bahrain-Victorious tags darauf mitteilte. Der 33-Jährige ist bereits operiert worden. In den kommenden Tagen werde Arndt seine Reha beginnen und an seiner Beweglichkeit arbeiten, hieß es.
Das völlig chaotische Finale beim Eintagesrennen in Belgien lässt die Sicherheitsdebatte im Radsport erneut hochkochen - und die zunehmend wütenden Fahrer kopfschüttelnd zurück.

Profis üben scharfe Kritik

"Die Strecke ist einfach sehr gefährlich mit den vielen Kurven, wenn am Ende jeder gewinnen will, dann passiert eben genau das", kritisierte der italienische Sprinter Jonathan Milan das Finale in De Panne.

Das war eines der gefährlichsten Finals, die ich je gefahren bin.

Radprofi Jonathan Milan

Vor den großen Nordklassikern rund um das legendäre Paris-Roubaix, die in den kommenden Wochen sportliches Spektakel versprechen, ist das größte Problem des Radsports auf schmerzhafte Weise wieder in den Fokus gerückt.

Maßnahmen der UCI zu zahnlos

Knapp zwei Jahre nach dem tödlichen Rennunfall von Gino Mäder und gut sechs Monate nach dem tragischen Tod von Muriel Furrer (beide aus der Schweiz) nach einem Sturz bei der Juniorinnen-WM hat sich die Sicherheitslage der Athleten offensichtlich nicht verbessert.
Die bisherigen Maßnahmen des Weltverbandes UCI, der sich der Sache angenommen hat, scheinen nicht zu fruchten. Wohl auch, weil sie ein bisschen zahnlos daherkommen.
Gedenkveranstaltung für die nach einem Sturz verstorbene junge Radsportlerin Muriel Furrer
Der Tod von Muriel Furrer bei der WM 2024 schockte den Radsport. ZDF-Experte Marcel Kittel sieht das Thema Sicherheit bei der UCI zwar priorisiert, es müsse aber noch mehr getan werden.28.09.2024 | 3:03 min

Gelbe Karten ohne Wirkung

So hat die von der UCI ins Leben gerufene Arbeitsgruppe "SafeR" beispielsweise Gelbe Karten eingeführt, die Fahrer für gefährliches Fahrverhalten erhalten. Bei mehreren dieser Verwarnungen, die auch eine Geldstrafe nach sich ziehen, kann es zu einer Sperre des Fahrers kommen. Die Gelben Karten kommen auch zum Einsatz, die Grundprobleme aber bleiben.
Das stetig verbesserte Material, die optimierten Trainingsbedingungen, der höhere finanzielle Druck durch Auf- und Abstiegsmöglichkeiten in der World Tour: All das hat dafür gesorgt, dass die ohnehin atemraubenden Durchschnittsgeschwindigkeiten im Spitzenradsport in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind.
Zwei Teilnehmer des TCR 2024
Erschöpfung, Überwindung, Hochgefühle: die deutschen Ultracycling-Athleten Jana Kesenheimer und Joschka Völkel beim TCR, dem härtesten Radrennen der Welt - über 4000 km ohne Hilfe.25.10.2024 | 43:29 min

Renn-Veranstalter in der Kritik

Und die Veranstalter der Rennen kommen ihrer Verantwortung für die Sicherheit der Sportler immer wieder nicht nach. Bei Brügge-De Panne hoffte man blauäugig auf die üblichen Winde, um das Feld vor dem Finale zu entzerren. Nur: Diese blieben diesmal aus - und viel zu viele Fahrer fuhren mit Highspeed in die viel zu engen Schlusskilometer hinein.
Eine verwinkelte Streckenführung, die der Deutsche Max Walscheid, der nur ausgebremst und nicht zu Fall gebracht worden war, bei Radsportnews als "total bescheuert" bezeichnete.

Fahrer mit Weltverband unzufrieden

Die UCI, die finanziell in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Ausrichtern steht, übt in den Augen vieler Aktiver zu wenig Druck aus. "Ich find's schade, dass sich die UCI nicht nach vorne bewegt. Mit ihrer Power macht sie nichts", kritisierte unter anderem Routinier John Degenkolb kürzlich in der Sportschau.
Beim Weltverband beruft man sich auf mögliche Sanktionen und Herabstufungen gewisser Rennen bei Sicherheitsbedenken. Einen durchschlagenden Ansatz für die Problemlösung aber hat die UCI noch nicht gefunden.
Quelle: SID, dpa
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