Erstmals in Afrika:Rad-WM in Ruanda: Eine Premiere mit Makel
Die Rad-WM findet ab Sonntag in Ruanda und damit erstmals in Afrika statt. Beobachter erwarten ein sportliches Spektakel, Kritiker sprechen von Sportwashing.
Unterstützung von höchster Stelle für den Radsport: Ruandas Präsident Paul Kagame (links) und UCI-Chef David Lappartient (Mitte) beim Start der Tour Du Rwanda 2025 im Februar.
Quelle: ImagoZehn Kilometer außerhalb von Ruandas Hauptstadt Kigali werde es richtig schön und ruhig, erzählt Jens Zemke, der Bundestrainer der männlichen Radprofis.
"Die Straßen sind in einem top Zustand, nirgendwo ist Müll zu sehen", sagt er im Gespräch mit ZDFheute nach einer ersten großen Trainingsausfahrt mit Miguel Heidemann, der am Sonntag als einziger deutscher Teilnehmer für das Einzelzeitfahren bei der Rad-WM in Ruanda gemeldet ist.
Große Zuschauermengen bei Rad-WM erwartet
Zemke geht davon aus, dass diese WM "ein Fest wird, ein Spektakel mit extremer Begeisterung von unglaublich vielen Zuschauern". Die WM in Ruanda ist eine Premiere, in diesem Frühherbst finden erstmals Welt-Titelkämpfe in Afrika statt.
Das zieht die Menschen vor Ort an, da bin ich sicher.
Jens Zemke, Rad-Bundestrainer der Männer
Radsport ist ein großes Thema in Ruanda, dem ostafrikanischen Land der 1.000 Hügel. Seit 2001 wird dort die Tour du Rwanda regelmäßig ausgetragen, sie ist ein sportliches Großereignis in dem kleinen Land mit 14 Millionen Einwohnern.
Erstmals findet eine Straßenrad-WM in Afrika statt – Bundestrainer Jens Zemke über die Strecke in Ruanda, die knifflige Fahrerauswahl und Medaillenchancen für Deutschland.
19.09.2025 | 3:20 min"Die Zuschauermengen dort sind gigantisch. Insofern wurde es Zeit, nun endlich auch mal eine WM nach Afrika und konkret nach Ruanda zu vergeben", sagt der Saarländer Matthias Schnapka, der Teamchef der Mannschaft Bike Aid, die als Drittdivisionär beim Radsport-Weltverband UCI gemeldet ist.
Schnapka will mit seinem Team vor allem den Radsport in Afrika voranbringen und war bereits oft vor Ort bei Rennen, nicht nur bei der Tour du Rwanda. Ihm geht es dabei vor allem um die Breitenwirkung, die eine solche Veranstaltung auslöst - und nur sekundär um das Ergebnis. Von Ruanda als Radsport-Standort spricht er, wie auch Zemke, nur "mit größtem Respekt".
Rad-WM hat auch eine politische Komponente
Doch beide, der Bundestrainer und der Rad-Funktionär, wissen, dass diese WM auch noch eine zweite Ebene hat - eine politische. Das EU-Parlament etwa wirft Ruandas Armee vor, die Rebellengruppe M23 im Nachbarstaat Demokratische Republik Kongo zu unterstützen.
Am Sonntag geht es in Ruanda los mit dem Zeitfahren.
19.09.2025 | 1:47 minDadurch werde der Konflikt weiter angefacht. In einem Entschließungsantrag forderte das Europaparlament deshalb im Februar 2025, Ruanda die WM zu entziehen, "wenn das Land seinen Kurs nicht ändert."
UCI-Präsident David Lappartient erklärte dazu, dass die WM auf jeden Fall in Ruanda stattfinden werde. So wird es nun auch kommen, die WM-Woche beginnt am Sonntag mit dem Einzelzeitfahren der Frauen und Männer und sie endet eine Woche später mit dem WM-Rennen der Männer.
Europäische Fußballklubs werben für Ruanda
Kritiker werfen dem WM-Ausrichterland und dessen umstrittenem Präsidenten Paul Kagame vor, die Rad-WM sei für ihn ein Instrument des Sportswashings.
Als Sportswashing werden Bestrebungen bezeichnet, das Ansehen des eigenen Landes durch Sportveranstaltungen und deren positive Reputation in den Medien zu verbessern.
Staaten inszenieren Mega-Events, investieren in populäre Klubs oder platzieren nationale Marken im Sport, um systematisch von Problemen wie Menschenrechtsverletzungen oder autoritärer Herrschaft abzulenken. Kritische Debatten sollen so in den Hintergrund gedrängt, internationale Beziehungen und die Wahrnehmung des Landes verbessert werden.
Dazu passt, dass die Tourismus-Initiative "Visit Rwanda" auf den Trikotärmeln des FC Arsenal und von Paris Saint-Germain wirbt.
Auch der FC Bayern ist Teil dieser Charme-Offensive, doch der deutsche Rekordmeister fuhr sein Engagement nach heftiger Kritik aus dem Kreis seiner politisch aktiven Fans zurück. Auf den Werbebanden in der Allianz-Arena taucht der Slogan nicht mehr auf, es besteht nur noch ein Fördervertrag für den Jugendfußball.
Kritiker monieren Einschüchterung der Opposition
Kagame ist bereits seit 25 Jahren Präsident des Landes. Als Milizenführer hatte er einst mit dafür gesorgt, dass der grausame Bürgerkrieg des Jahres 1994 samt Genozid der Hutus an den Tutsis ein Ende fand.
Kagames Anhänger lassen wissen, er habe das Land mittlerweile wieder vereint und wirtschaftlich stabilisiert. Allerdings sehen diverse Menschenrechtsorganisationen die Lage deutlich kritischer. Ihnen zufolge werde die Opposition eingeschüchtert und die Pressefreiheit eingeschränkt.
Ruanda gilt als Vorzeigestaat in Ostafrika: sauber, sicher, gut organisiert. Doch hinter der Fassade steht ein diktatorisches Regime, das politische Gegner gnadenlos verfolgt.
28.05.2024 | 8:10 minSchub für den afrikanischen Radsport
Das alles sei ihm durchaus bewusst, sagt Jens Zemke: "Ich bin aber dafür, diesem Land diese Chance zu geben. Nur wenn wir vor Ort sind, können wir Missstände, die uns auffallen, deutlich ansprechen." Schnapka sagt: "Für mich steht vor allem der sportliche nachhaltige Aspekt im Vordergrund. Diese WM wird dem Radsport in Afrika einen enormen Schub verleihen."
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