Speerwerfer ist Gold-Favorit:Julian Weber vor dem Wurf seines Lebens
Julian Weber steht im Finale von Tokio und greift nach seiner ersten WM-Medaille. Der diesjährige Speerwurf-Dominator ist in Topform und scheint bereit für den Wurf seines Lebens.
Julian Weber bei der Speerwurf-Qualifikation der Leichtsathletik-WM in Tokio.
Quelle: Michael Kappeler/dpaJulian Weber streckte den rechten Arm in die Luft, nachdem er den Speer in den Tokioter Abendhimmel gefeuert hatte: Mit 87,21 Meter benötigte der diesjährige Dominator den zweiten Versuch in der Qualifikation, um den Finalplatz am Donnerstag (12.10 Uhr im ZDF-Livestream) zu sichern. "Es war nicht der schönste Wurf, aber relativ weit. Das wird am Donnerstag sicher besser klappen", sagte Weber anschließend in der ARD.
Diesmal soll es endlich mit der WM-Medaille klappen, nachdem der Mainzer in den vergangenen Jahren meist nur wenige Zentimeter am Treppchen vorbeigeworfen hatte. Weber ist mit seinen 91,51 Metern der Jahresbeste, mit denen er beim Diamond-League-Finale in Zürich gewann. Er ist in der Form seines Lebens, und Weber weiß genau, worauf es ankommt.
Perfekter Anlauf als Basis für Webers Erfolg
"Das ist schwer zu beschreiben", sagt der 31-Jährige im Gespräch mit ZDFheute über den Moment des perfekten Wurfs - einen, den er auch im Finale brauchen wird. "Es ist ein Gefühl, das man einfach hat. Und das merkt man dann auch direkt, ob der Versuch weit ist oder nicht", so Weber und fügt an:
Oft gehen meine Arme schon automatisch nach oben, wenn ich den Speer fliegen sehe. Dann weiß ich: 'Okay, der geht weit'.
Julian Weber
Diese Selbstsicherheit ist neu. Früher haderte Weber häufig mit seinem Anlauf, mit Rhythmusproblemen oder technischen Fehlern. "Der Anlauf muss einfach sicher sein", erklärt er. "Damit hatte ich immer wieder Probleme. Jetzt kann ich total entspannt und rhythmisch in den Abwurf hineinfliegen."
Wenn alles passt ist Weber kaum zu stoppen
Dabei entscheiden Feinheiten über Erfolg oder Misserfolg: "Den rechten Fuß etwas mehr in Wurfrichtung setzen, den Speer mit der Spitze am Kopf halten, den Arm nicht zu tief fallen lassen, sondern in einer Linie mit dem Oberkörper bleiben", schildert er.
"Es ist immer noch sehr emotional, wenn ich mir das angucke", sagt Speerwerfer Julian Weber über seinen ersten Wurf über die magische 90-Meter-Marke (91,06 Meter).
25.07.2025 | 3:23 min"Und das linke Bein nicht zu weit nach außen stellen, sondern ebenfalls in der Achse bleiben." Wenn alles zusammenpasse, wenn Rhythmus und Timing stimmen, dann, so Weber, "verlässt der Speer die Hand, und man spürt sofort: Der kann sehr, sehr weit gehen."
Harte Konkurrenz aus Indien und Pakistan
Solche Würfe hat er in dieser Saison mehrfach gezeigt. Viele Experten sehen ihn als Favoriten auf Gold, doch die Konkurrenz ist hochkarätig. Besonders im Blick hat Weber Arshad Nadeem. Der Pakistani ist ein Phänomen: Er taucht selten im internationalen Wettkampfgeschehen auf und liefert dann bei den großen Ereignissen ab.
In Paris holte er Olympia-Gold, und auch in Tokio wird er wieder ein ernstzunehmender Rivale sein. Neben Nadeem lauert mit dem Inder Neeraj Chopra ein weiterer Superstar der Szene, Olympiasieger von Tokio 2021 und Weltmeister von 2023.
Bitte nicht wieder nur Platz vier
Doch anders als in den Jahren zuvor hat Weber nun etwas, das er lange vermisste: Konstanz. Er ist nicht mehr nur der Athlet, der an guten Tagen mithalten kann, sondern einer, der regelmäßig 88 Meter und mehr wirft. Diese Konstanz macht Hoffnung, dass Weber in Tokio endlich die Lücke schließen kann.
2017 wurde er bei der WM in London Vierter, ebenso bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021. Auch 2022 in Eugene und 2023 in Budapest landete er stets knapp hinter den Medaillenrängen. Das Etikett des "ewigen Vierten" war für ihn lange eine Last – doch nun hat er die Chance, es endgültig abzustreifen.
Mit Gelassenheit zur Medaille
Dass Weber sich selbst in dieser Rolle sieht, zeigt seine Gelassenheit. "Wenn man den perfekten Moment erwischt, in dem wirklich alles gleichzeitig stimmt – dann kann es sehr weit gehen."
Julian Weber hat die beste Ausgangslage seiner Karriere, und im Finale von Tokio kann er mit dem Wurf seines Lebens Geschichte schreiben - nicht mehr als der ewige Vierte, sondern endlich als Medaillengewinner. Vielleicht sogar als Weltmeister.
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