Magersucht: Auch Jungen und Männer von Essstörung betroffen

Anorexie bei Jungen und Männern:Magersucht - Essstörung bei jungen Männern oft spät erkannt

Malin Ihlau, Redakteurin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen.

von Malin Ihlau

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Magersucht gilt als typische Frauenkrankheit. Doch durch die Konfrontation mit Schönheitsidealen bei Instagram und Co. nimmt die Krankheit auch bei jungen Männern zu. Weltweit.

Zwei Männer sitzen am Tisch und essen.

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Statistisch gesehen erkranken von 1.000 Menschen 14 Frauen und zwei Männer an Magersucht. Bei Jungen und Männern wird die Diagnose aber oft erst spät gestellt - viele Ärztinnen und Ärzte unterschätzen die Anzeichen für eine Essstörung bei ihnen.

Da die Essstörung als typisch weiblich gilt, haben Männer auch eine höhere Hemmschwelle, sich Hilfe zu suchen. Eine frühe Diagnose ist aber wichtig, um Mangelerscheinungen und Spätfolgen für Körper und Psyche zu verhindern und damit die Krankheit nicht chronisch wird.

Wie äußert sich eine Magersucht beim Mann?

Eine Magersucht äußert sich bei Männern ähnlich wie bei Frauen. Typisches Anzeichen ist ein starker Gewichtsverlust oder anhaltendes Untergewicht. Im Internet kursieren zahlreiche Magersucht-Bilder: Männer mit hohlen Wangen, stockdünnen Armen und hervorstehenden Rippen.

Was für Außenstehende oft sehr verstörend wirkt, sehen die Betroffenen nicht als krankhaft an. Denn sie leiden oft auch an einer gestörten Körperwahrnehmung. Im Spiegelbild sehen sie ein verzerrtes Ich. Das heißt, sie sehen sich selbst immer noch als zu dick an. Die Angst, die Kontrolle zu verlieren, zuzunehmen und zu dick zu sein, ist sehr groß.

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Einfluss von Social Media auf Magersucht

Thomas J. Huber leitet das Fachzentrum für gestörtes Essverhalten der Klinik am Korso, Bad Oeynhausen. Er sieht in der Magersucht mehr als nur eine Oberflächenkrankheit.

Häufig ist eine Unsicherheit mit sich selbst der Auslöser.

Prof. Dr. Thomas J. Huber, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Es ist der Wunsch, "Erfolgserlebnisse zu haben, mit sich zufrieden sein zu können", erklärt er. Und da sei Social Media für beide Geschlechter sehr einflussreich. Weil wir in Social Media ständig konfrontiert seien mit der Sonnenscheinseite von Menschen, so Huber.

Vanessa steht vor einer grünen Hecke und einer Parkbank. Sie hat ein Eis in der Hand und schaut lächelnd in die Kamera.

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Wenn Magersucht einen Lebensinhalt bietet

Magersucht könne den Betroffenen einen Lebensinhalt geben und Erfolgsgefühle schenken, wenn sie beispielsweise ein bestimmtes Gewichtsziel erreichen. Wenn die Betroffenen den ganzen Tag mit dem Thema Magersucht beschäftigt seien, "dann müssen sie nicht über andere Probleme nachdenken", erklärt Huber.

Die Gedanken eines magersüchtigen Mannes kreisen ständig um Essen und das eigene Aussehen. Daher kontrollieren Betroffene ihre Ernährung rigoros und entwickeln Rituale wie:

  • Kalorien zählen
  • langsames Essen
  • Kleinschneiden der Nahrung oder
  • Essen nach bestimmten Zeitplänen.

Viele Männer mit Magersucht treiben auch sehr viel Sport, um noch mehr Gewicht zu verlieren. Oft geht die Magersucht auch mit psychischen Erkrankungen wie etwa Depression, Zwangsstörungen oder Angststörungen einher.

Hanteln und Gewichte liegen aufgereiht in einem Regal
Quelle: dpa

Manche Männer leiden an einer sogenannten Muskelsucht, also dem Streben nach einem perfekt definierten, muskulösen Körper. Sie trainieren sehr häufig, achten sehr auf proteinhaltige Nahrung und würden sich nicht als magersüchtig einordnen.

Eine Muskelsucht ist keine klassische Essstörung, auch wenn die Symptome und die Krankheitsentwicklung einer Magersucht ähnlich sind. Jungen und Männer mit Muskelsucht empfinden dabei ihren Körper als nicht muskulös oder stark genug. Durch übermäßiges Training und rigorose Ernährungspläne versuchen die Betroffenen, Körperfett zu reduzieren und so die Muskelmasse ihres Körpers zu steigern - selbst, wenn sie bereits durchtrainiert sind. Typisch ist dabei ein übertriebenes Streben nach Perfektion.

Auch Verletzungen oder körperliche Beschwerden halten sie nicht davon ab, weiterhin Sport zu treiben. Mitunter nehmen Männer mit dieser Verhaltensstörung Medikamente ein, um das Wachstum der Muskeln zu steigern. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper geht zudem oft gleichzeitig mit Ängsten, Minderwertigkeitsgefühlen, Scham, Selbstabwertung oder Depressionen einher. Dreht sich im Leben eines Mannes alles darum, einen möglichst muskulösen und definierten Körper zu haben, kann sich daraus eine Essstörung wie zum Beispiel eine Magersucht entwickeln.

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Therapie kann ambulant oder in der Klinik erfolgen

Je früher die Magersucht erkannt wird, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige Heilung. Die Art der Therapie hängt unter anderem davon ab, wie schwer ausgeprägt die Magersucht ist. Sie kann ambulant oder in einer Klinik erfolgen.

Bei lebensbedrohlichem Untergewicht oder sehr schlechtem Allgemeinzustand ist mitunter auch eine Zwangsbehandlung nötig. Ziele der Behandlung sind vor allem, das Gewicht zu normalisieren, das krankhafte Essverhalten zu ändern und persönliche oder familiäre Probleme mithilfe einer Psychotherapie zu lösen.



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Ursachen von Magersucht

Die Ursachen für Magersucht bei Männern sind ähnlich wie bei Frauen. In der Regel wirken verschiedene Faktoren zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen.

  • genetische Faktoren (in einigen Familien treten Essstörungen häufiger auf als in anderen)
  • Veränderungen im Hormonsystem (etwa der Geschlechtshormone wie Testosteron) 
  • körperliche Faktoren wie Unter- oder Übergewicht oder das Alter 
  • soziokulturelle Faktoren wie bestimmte Schönheitsideale 
  • familiäre Faktoren, etwa die Trennung der Eltern, Gewalt, auffallendes Essverhalten oder negatives Körperbild anderer Familienmitglieder, hoher Erfolgs- und Leistungsdruck, Depression oder Suchterkrankung eines Elternteils
  • persönliche Faktoren wie ein geringes Selbstwertgefühl, ein hoher Leistungsanspruch an sich selbst, Hang zum Perfektionismus, geringe Stressresistenz oder traumatische Erlebnisse wie sexueller Missbrauch


Körperliche Folgen der Magersucht

Neben seelischen Auswirkungen gibt es auch körperliche Folgen: Das dauernde Hungern führt zu Mangelerscheinungen und Symptomen wie Konzentrationsstörungen, Kreislaufbeschwerden, Herzrhythmusstörungen oder einem verlangsamten Herzschlag. Auch Potenzprobleme können entstehen.

Viele Betroffenen ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld komplett zurück, vernachlässigen Hobbys oder Arbeit, sind gleichgültig oder reagieren sehr gereizt. Zudem steigt das Risiko zu sterben oder Suizid zu begehen. Menschen mit Magersucht haben ein mehr als fünffach höheres Risiko zu sterben als Gleichaltrige ohne die Erkrankung.

Malin Ihlau ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen.

Der Artikel wurde erstmals am 28. Juni 2023 publiziert und am 24. Oktober 2025 aktualisiert.

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