Flutkatastrophe an der Ahr: Schwere Vorwürfe gegen Ex-Landrat Pföhler
Flutkatastrophe an der Ahr:Schwere Vorwürfe gegen Ex-Landrat Pföhler
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Aus Sicht des Landes Rheinland-Pfalz hat Ex-Landrat Jürgen Pföhler bei der Flutkatastrophe an der Ahr gravierende Fehler gemacht. Dessen Anwalt sieht ein Ablenkungsmanöver.
Bei der Flut im Ahrtal im Sommer 2021 kamen in Rheinland-Pfalz 135 Menschen ums Leben. Seitdem geht es auch um die Frage, wer die Verantwortung trägt.
Quelle: Imago
Der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler (CDU) hat während der tödlichen Flutkatastrophe an der Ahr "gravierend gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen". Zu diesem vorläufigen Ergebnis kommt der Ermittlungsbericht im Disziplinarverfahren gegen den CDU-Politiker, wie das Innenministerium von Rheinland-Pfalz in Mainz mitteilte.
"Die Unterlassungen und Verhaltensweisen vor, während und nach der Naturkatastrophe im Ahrtal werden hiernach als Verstoß gegen das Rechtmäßigkeitserfordernis, gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht sowie die im Beamtenstatusgesetz normierte Einsatzpflicht gewertet", hieß es in der Mitteilung.
Der ehemalige Landrat werde zu diesem vorläufigen Ermittlungsergebnis derzeit angehört. Pföhlers Anwalt Olaf Langhanki weist die Vorwürfe als unbegründet und verfehlt zurück.
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Land erwägt Aberkennung von Ruhegehalt
In der Mitteilung des Innenministeriums hieß es weiter:
Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass vonseiten des Innenministeriums anschließend Disziplinarklage mit dem Ziel der Aberkennung der Ruhegehaltsansprüche zu erheben ist.
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Innenministerium Rheinland-Pfalz
Als vorläufige Maßnahme sei beabsichtigt, ein Drittel des monatlichen Ruhegehalts einzubehalten.
Das Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Landrat war im August 2021 eingeleitet worden. Es sollte prüfen, "inwieweit im Kontext der Naturkatastrophe im Ahrtal gegen beamtenrechtliche Pflichten verstoßen wurde", schreibt das Innenministerium.
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Anwalt wirft Land Befangenheit vor
Pföhlers Anwalt Langhanki schreibt auf Anfrage:
Es ist skandalös und unterstreicht die Befangenheit der Behörde, dass eine Pressemitteilung erfolgt, bevor Herr Dr. Pföhler angehört und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
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Olaf Langhanki, Anwalt
Es handele sich um ein taktisches Manöver des Ministeriums, mit dem die Öffentlichkeit getäuscht und vom "Versagen der damaligen Landesregierung, des damaligen Innenministers und der ADD" abgelenkt werden solle, heißt es. ADD steht für die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion. Langhanki werde für Pföhler innerhalb des Disziplinarverfahrens zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
Mit Anträgen werde er dafür sorgen, "dass das Versagen der damaligen Landesregierung, des damaligen Innenministers und der ADD ganz konkret in den Blick gerät". Man werde aufzeigen, dass Pföhlers Ruhegehalt nicht antastbar sei.
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Flutkatastrophe: 135 Tote in Rheinland-Pfalz
Durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 kamen in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben, davon 135 in der Ahr-Region und ein Mensch im Raum Trier. Ein Mensch gilt zudem weiterhin als vermisst. In Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen.
Der damalige Landrat war seit August 2021 krankheitsbedingt nicht mehr im Dienst und wurde im Oktober 2021 auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
Gegen Pföhler lief auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Koblenz. Während diesem wurde das Disziplinarverfahren ausgesetzt, schrieb das Innenministerium. Im April 2024 wurden die Ermittlungen gegen ihn eingestellt - und das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen.
Ein hinreichender Tatverdacht habe sich nicht ergeben, hatte der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler, damals gesagt. Einige Hinterbliebene wehren sich bislang gegen die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen.