Daniela Klette: Grüße aus dem Frauenknast zum 1. Mai
Daniela Klette:"Herzliche Grüße aus dem Frauenknast"
von Anne Herzlieb
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Daniela Klette lässt ein Statement bei der 1. Mai-Demo in Berlin verlesen. Die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin muss sich zur Zeit wegen versuchtem Mord vor Gericht verantworten.
Gruß aus dem Knast: In Berlin-Kreuzberg verliest ein vermummter Redner eine Botschaft von Daniela Klette.
Quelle: dpa/Sebastian Gollnow
Berlin-Kreuzberg am frühen Donnerstagabend: Bei Sonnenschein sammeln sich Besucher zur 1. Mai-Demo. Sprechchöre sind zu hören: "Die Straße frei - erster Mai". Kreuzberger Rapper sorgen auf der Bühne für Stimmung. Dann tritt ein mit Maske, Sonnenbrille und Mütze vermummter Redner auf die Bühne - als Überbringer einer Botschaft aus dem Hochsicherheitsgefängnis für Frauen in Vechta, geschrieben von der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette.
In ihrem Grußwort wettert die Inhaftierte gegen Kapitalismus, den vermeintlichen "Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung" und die Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine. Dass Russland das Land völkerrechtswidrig angegriffen hat, erwähnt sie nicht.
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Klette und Komplizen seit Jahrzehnten gesucht
Klettes Anwalt Lukas Theune hatte im Vorfeld bestätigt, dass bei der 1. Mai-Demonstration ein Grußwort von seiner Mandantin verlesen werden soll. Die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin hatte viele Jahre in Berlin Kreuzberg im Untergrund gelebt und war 2024 festgenommen worden.
Klette und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg wurden Jahrzehnte gesucht als Mitglieder der Roten Armee Fraktion - auch wenn ihre Anwälte betonen, eine RAF-Mitgliedschaft sei nicht bewiesen. Den weiter Flüchtigen ließ Klette in ihrer Botschaft heute weiterhin "Liebe und Kraft" ausrichten.
Die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin Daniela Klette steht unter anderem wegen Raubüberfällen vor Gericht. 30 Jahre lang war sie untergetaucht. 09.04.2025 | 18:12 min
Ende März begann im niedersächsischen Celle der Prozess gegen Daniela Klette. Die Liste der Anklagepunkte: mehrere schwere Raubüberfälle sowie Verstöße gegen das Waffenrecht und das Kriegswaffenkontrollgesetz und versuchter Mord.
Klettes Anwälte weisen das entschieden zurück. Ihr Anwalt Lukas Theune sagt gegenüber ZDFfrontal: "Frau Klette ist eine ganz normale Frau und keine kaltschnäuzige, skrupellose Person. Dieses ganze Aufgebausche und dieses Bild, was in der Öffentlichkeit aufgezeigt wird, das ist schon eine krasse Vorverurteilung, die einmalig ist."
Verhaltener Applaus für Klette-Botschaft in Berlin
Dass die inhaftierte Daniela Klette sich mit einem Grußwort aus dem Gefängnis meldet, ist nicht das erste Mal. Anfang des Jahres veranstaltete die Zeitung "Junge Welt" einen Kongress unter dem Motto: "Das letzte Gefecht - Wie gefährlich ist der Imperialismus im Niedergang?". Schauspieler Rolf Becker trug im Namen von Daniela Klette einen Beitrag vor. Die Raubüberfälle unter anderem auf Geldtransporter, an denen sie laut Anklage beteiligt gewesen sein soll, bezeichnete sie als "bewaffnete Enteignungsaktionen". Im Publikum sorgten diese Worte damals für große Zustimmung.
Heute in Berlin-Kreuzberg dagegen war der Applaus eher verhalten. Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP), beobachtet das Geschehen und sagt gegenüber ZDFfrontal:
Der Nahostkonflikt ist längst das dominierende Thema der revolutionären 1. Mai-Demos. Das macht uns am meisten Kopfschmerzen.
„
Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner GdP
Trotzdem sei zu erwarten gewesen, "dass die Protagonisten vor Ort die Personalie Klette als Symbolfigur nutzen, um den einen oder anderen Sympathisanten zu gewinnen".
Daniela Klette, mutmaßliches Mitglied der RAF, steht heute vor Gericht wegen mehrerer Überfälle auf Geldtransporter und Supermärkte.25.03.2025 | 1:38 min
Felix Neumann, Extremismus- und Terrorismusexperte der Konrad Adenauer-Stiftung, betont: "Inhaftierte Personen wie Daniela Klette stehen für die linksextreme Szene sinnbildlich für eine vermeintliche Unterdrückung politischer Gruppen durch den Staat. Dass aus dem Gefängnis heraus mittels Grußbotschaften mit den eigenen Anhängern kommuniziert wird, trägt entscheidend zu einer Art Heroisierung bei."
Ungeklärte Morde der RAF
Für den Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 wurden Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt verurteilt – doch der Todesschütze ist bis heute unbekannt.
Quelle:
Der Mythos RAF scheint also weiterzuleben am 1. Mai in Berlin-Kreuzberg. Klettes Anhänger*innen kündigen unterdessen weitere Solidaritätsaktionen für die Inhaftierte an - unter anderem kommende Woche, wenn der Prozess gegen die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin weitergeht.
Anne Herzlieb ist Redakteurin beim ZDF-Magazin "frontal".
Die Rote Armee Fraktion hat mehr als 30 Menschen getötet. Die Terrorgruppe war als Reaktion auf Vietnamkrieg und Gewalt gegen Studentenproteste entstanden. Sie löste sich 1998 auf.