Von der Leyens EU-Kommission muss sich Misstrauensvotum stellen

Antrag gegen EU-Kommission:Von der Leyen muss sich Misstrauensvotum stellen

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Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen muss sich der Abstimmung über einen Misstrauensantrag stellen. Sie soll kommende Woche im EU-Parlament in Straßburg stattfinden.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht vor einem schwarzen Hintergrund.
Die rechte Minderheit im EU-Parlament stellt Kommissionspräsidentin von der Leyen die Misstrauensfrage. Es ist eine schwierige Situation für sie, sagt ZDF-Korrespondent Ulf Röller. 02.07.2025 | 6:36 min
Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen muss sich kommende Woche im Europäischen Parlament der Abstimmung über einen Misstrauensantrag stellen. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola unterrichtete darüber die Fraktionsvorsitzenden.
Zuvor war geprüft worden, ob der von einem rechten rumänischen Abgeordneten initiierte Misstrauensantrag wie in den Regeln vorgesehen von mindestens einem Zehntel der 720 Abgeordneten unterstützt wird. In dem zweiseitigen Text werden der Kommission unter anderem mit Blick auf die Corona-Politik Intransparenz und Missmanagement vorgeworfen.

Misstrauensvotum: Von der Leyens Abwahl gilt als unwahrscheinlich

Die Unterstützung des Antrags durch mindestens 72 Abgeordnete bedeutet, dass über ihn während der Tagung des Parlaments in der kommenden Woche debattiert und abgestimmt werden muss. Sollte er angenommen werden, müsste die EU-Kommission geschlossen zurücktreten.
Ein solches Szenario gilt allerdings als unwahrscheinlich, da es dafür die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und gleichzeitig die Mehrheit der Mitglieder des Parlaments brauchen würde. Das wären mindestens 361, wenn alle Abgeordneten anwesend sind und ihre Stimmen abgeben, sogar 480 Stimmen. Bei der Wahl im vergangenen November hatte die Kommission von Ursula von der Leyen 370 von 688 abgegebenen Stimmen bekommen.
Ursula Von der Leyen (l), Präsidentin der Europäischen Kommission und Teresa Ribera Rodriguez, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang, nehmen an der wöchentlichen Sitzung des Kollegiums der Kommissare am Hauptsitz der Europäischen Kommission teil.
Bis 2050 will die EU klimaneutral werden, heute legt die Kommission ihr Etappenziel bis 2040 vor. 02.07.2025 | 1:26 min

ZDF-Korrespondentin: Antrag vor allem aus Reihen der EKR

Der Antrag sei vor allem aus Reihen der EKR gestellt worden, der Rechtsaußen-Fraktion, mit der von der Leyens EVP immer wieder zusammenarbeitet, erklärt ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers aus Brüssel . "Das Misstrauensvotum dürfte keine Chance auf Erfolg haben", so Schaefers, denn Grüne und Sozialdemokraten wollten nicht gemeinsam mit den Rechtsaußen-Fraktionen abstimmen. "Auch, wenn sie einige Kritikpunkte sogar teilen."

Aber der Antrag zeigt doch, dass von der Leyen im Europaparlament nicht unumstritten ist. Dem Parlament, in dem sie auch weiterhin Mehrheiten für ihre Gesetzesvorhaben finden muss.

Isabelle Schaefers, ZDF-Korrespondentin in Brüssel

Für die deutsche CDU-Politikerin ist der Vorstoß aus dem rechten Lager trotz der geringen Aussichten auf Erfolg damit auch eine Belastungsprobe. Grund ist, dass die 66-Jährige mit manchen politischen Initiativen zuletzt auch bei ihr eigentlich wohlgesonnenen Abgeordneten für Unmut sorgte und etwa ein milliardenschweres Kreditprogramm für Verteidigungsinvestitionen als Notfallmaßnahme ohne Parlamentsbeteiligung plante. Das wird auch in dem Misstrauensantrag kritisiert.
Flagge der Europäischen Union
Das neue Weißbuch zur Verteidigungsstrategie der EU-Kommission soll erstmals die engere militärische Zusammenarbeit beschreiben und die EU unabhängiger und sicherer machen.19.03.2025 | 2:07 min

Antragsteller nehmen Von der Leyen-SMS ins Visier

Konkret werfen der Rumäne Gheorghe Piperea und die Antragsteller aus dem rechten Lager der EU-Kommission zudem vor, bis heute Informationen zu in der Corona-Krise ausgetauschten Textnachrichten zwischen von der Leyen und dem Chef des US-Pharma-Konzerns Pfizer zu verweigern. In diesem Fall urteilte jüngst auch das Gericht der EU, dass dies bislang ohne ausreichende rechtliche Begründung geschehe.
Darüber hinaus wird etwa kritisiert, dass Corona-Impfstoffe im Wert von rund vier Milliarden Euro an Impfdosen ungenutzt blieben und die Kommission angeblich über eine verzerrte Anwendung des Gesetzes über digitale Dienste auf Wahlen in Mitgliedstaaten wie Rumänien und Deutschland Einfluss nahm.

Misstrauensantrag in schwierigen Zeiten

Der Misstrauensantrag kommt nach Einschätzung von ZDF-Korrespondent Ulf Röller zu einem schlechten Zeitpunkt, "weil sie eigentlich jetzt gerade in der ganz, ganz heißen Phase ist, um ein Handelsabkommen mit Amerika zustande zu bringen". Der Zollstreit mit den USA sei noch nicht beigelegt, so Röller, und am 9. Juli laufe die Frist ab.

Eigentlich hatte von der Leyen gehofft, dass sie irgendwann jetzt einen Termin im Weißen Haus kriegt bei Donald Trump, bei dem man eine Einigung verkünden kann.

Ulf Röller, ZDF-Korrespondent in Brüssel

Der europäische Misstrauensantrag komme daher für von der Leyen absolut ungelegen.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, spricht bei einer Medienkonferenz während eines EU-Gipfels.
Die EU-Kommission hat im Zollstreit mit den USA ein neues Angebot erhalten. Kommissionspräsidentin Von der Leyen zeigt sich offen, schließt aber ein mögliches Scheitern nicht aus.27.06.2025 | 1:19 min

EVP-Chef Weber: Misstrauensantrag parteitaktisches Spielchen

EVP-Chef Manfred Weber bezeichnete den Antrag in einer ersten Reaktion als ein parteitaktisches Spielchen, das auch nicht im Ansatz eine Mehrheit im Parlament finden werde. Der CSU-Politiker sagte:

Europa hat vor einem Jahr gewählt und Ursula von der Leyen führt die EU in turbulenten Zeiten mit einem starken Mandat.

Manfred Weber, EVP-Chef

In Zeiten von wirtschaftlicher Unsicherheit und globalem Umbruch sei es vollkommen unverantwortlich, solche Öffentlichkeitsstunts durchzuziehen. Die Antragsteller verfolgten das Ziel eines instabilen und schwachen Europas.
Frau von der Leyen sowie Bettina Schausten im Gespräch.
Rechtsruck in Europa, die USA kein verlässlicher Partner mehr in Handels- und Sicherheitsfragen. Was nun, Frau von der Leyen? Fragen von Bettina Schausten an die EU-Kommissionspräsidentin. 02.06.2025 | 18:29 min
Quelle: dpa, ZDF

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