Diversität in US-Unternehmen: Schluss mit Gleichheit?

Diversität in US-Unternehmen:Schluss mit Gleichheit?

Klaus Weber - HR Wirtschaft - Börse/Finanzen
von Klaus Weber
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Die Trump-Administration hat der Diversität in Unternehmen den Kampf angesagt. Auch deutsche Firmen stellen sich darauf ein. Ist das das Ende für Gleichberechtigung und Inklusion?

Donald Trump im Weißen Haus.
Donald Trump hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt alle DEI-Programme der US-Regierung beendet.
Quelle: AP

Vor kurzem machte die Meldung die Runde, dass sich viele US-Unternehmen aus dem Sponsoring der Christopher Street Days in Köln und Berlin zurückgezogen haben. Ein deutliches Zeichen, wie sich die Beendigung vieler Gleichberechtigungsprogramme von US-Konzernen hierzulande bereits auswirkt. Jahrzehntelange Unterstützungen und Wertevorstellungen werden mit einem Handstreich eingestampft und verworfen.
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Trumps erste 100 Tage im Amt zeigen bereits ihre Auswirkungen. Welche Veränderungen nimmt der neue US-Präsident an Wirtschafts- und Sozialpolitik und der aktuellen Weltordnung vor?30.04.2025 | 43:59 min

DEI soll Minderheiten helfen

Sogenannte DEI-Programme (Diversity, Equity und Inclusion) wurden eingeführt, um Minderheiten zu fördern, die historisch gesehen aufgrund von Diskriminierung benachteiligt wurden.
Donald Trump hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt alle DEI-Programme der US-Regierung beendet und ein Dekret unterschrieben, das Firmen dazu zwingen soll diese Programme ebenfalls zu beenden. Dadurch stehen auch viele deutsche Unternehmen massiv unter Druck.
Donald Trump vor Elite-Universität.
US-Präsident Donald Trump übt Druck auf Universitäten aus. Milliarden-Zuschüsse für die Elite-Uni Harvard hat er eingefroren. Trump hatte unter anderem ein Ende von Maßnahmen für mehr Vielfalt und Inklusion auf dem Campus gefordert.15.04.2025 | 32:33 min
Die Deutsche Telekom reagierte bereits vor Wochen: Man werde alle "ungerechten Formen von Diskriminierung eliminieren", versprach der Chefjurist der US-Tochter T-Mobile der zuständigen Behörde. Dies geschah aus der Angst heraus, dass die geplante Übernahme des Kabelnetzbetreibers Lumos sonst wohl nicht genehmigt worden wäre.
Nun verabschiedete sich der größte deutsche DAX-Konzern SAP sogar von der Frauenquote. Es ist zu befürchten, dass weitere Unternehmen den Beispielen von SAP und T-Mobile folgen werden.
Thevessen SGS
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Unternehmen stehen vor einem Dilemma

Vielfach wird dieses Verhalten nun als Einknicken vor Trump bezeichnet. Doch ist das wirklich so? Oder muss man nicht auch Verständnis haben für Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die 65 Prozent ihres Umsatzes in den USA generieren? Schließlich geht es auch um Verantwortung für Mitarbeiter, um Unternehmensziele und Aktionärsinteressen.

Den Unternehmen kann man keinen Vorwurf machen, sie müssen sich der Rechtslage beugen.

Marc Liebscher, Rechtsanwalt

Marc Liebscher, Rechtsanwalt und Mitglied des Vorstands der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, ergänzt konkret zu SAP: "Der Konzern hat nicht zur Unternehmensaufgabe, sich an einer kulturellen/politischen Auseinandersetzung über DEI zu beteiligen, sondern soll erfolgreich unternehmerisch tätig sein und ist dabei den Vorschriften der USA unterworfen. Er soll Gewinne erwirtschaften unter Beachtung der Rechtslage."
Fakt ist trotzdem, dass die aktuelle Entwicklung in den USA diametral demgegenüber steht, was gestern noch verlangt wurde. Eine Zeitenwende, auch weil die Gesetzeslage in Europa genau gegensätzlich ist. Es geht dementsprechend auch um die Glaubwürdigkeit im Heimatmarkt.
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Stellenabbau bei Behörden, Musk als treibende Kraft ohne politisches Mandat, Anzweifeln von Gerichtsurteilen, die Trumps Kurs widersprechen. Will der US-Präsident eine Autokratie? 09.03.2025 | 3:23 min

Gegenbewegung ist auch Chance für Diversität

"Es ist ein Auseinanderdriften zwischen den USA und Europa zu sehen. In Europa sehen wir das bisher nicht im gleichen Maße", sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment.

Das liegt auch am anderen Rechtssystem und einem geringeren Risiko von Klagen, einer zur USA diametralen Regulatorik und der Verwurzelung der Nachhaltigkeit bei den Unternehmen in der Unternehmensstrategie.

Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment

Speich sieht durch diese Entwicklung sogar "eine Chance für europäische Unternehmen, Wettbewerbsvorteile zu erlangen". Er glaubt von daher auch nicht daran, dass die DEI-Bewegung zu einem Ende gekommen ist.
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Die Zollpolitik von US-Präsident Trump gilt als unberechenbar. Immer mehr deutsche Exporteure orientieren sich deshalb nach Asien und anderen Teilen der Welt.29.04.2025 | 1:32 min
Andrea Hammermann, Ökonomin für Arbeitsbedingungen und Personalpolitik am IW in Köln, sieht das ähnlich. Bei der Förderung von Diversität und Inklusion gehe es nämlich um mehr als Quotenregelungen: "Aufgrund zunehmender Arbeitskräfteknappheit sind die Themen Mitarbeitergewinnung und -bindung für Unternehmen auch in den nächsten Jahren strategisch bedeutend und die Gewährung von Chancengleichheit im Unternehmen ist wichtig, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden."
Klaus Weber ist  Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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