Portugal: Konservative Regierung hofft auf Wiederwahl

Straßenwahlkampf in Sintra mit Premierminister Luís Montenegro von der konservativen Partei PSD: Fähnchen mit dem Parteilogo werden geschwenkt, eine Musikgruppe trommelt, das Lied "Deixem o Luís trabalhar" dröhnt aus den Lautsprechern. Übersetzt heißt das: "Lasst Luís in Ruhe arbeiten".

Montenegros Wahlkampflied soll den Eindruck vermitteln, dass die Neuwahlen nur auf Druck der Oppositionsparteien nötig geworden waren. Dabei stand der Interessenskonflikt des Premierministers im Zentrum der politischen Krise, die zu den Neuwahlen geführt hat.

Montenegro hatte zumindest indirekt über ein Familienunternehmen Beraterhonorare von privaten Firmen erhalten, obwohl er bereits Premierminister war. Die konservative Minderheitsregierung stellte im März die Vertrauensfrage und scheiterte nach nur elf Monaten im Amt.

Im Wahlkampf ging es jedoch vor allem um sozialpolitische Themen. "Der Interessenkonflikt des Premiers hat keine so große Rolle gespielt, wie es sich die Opposition gewünscht hätte", sagt die Politologin Filipa Raimundo von der Universität Lissabon.

Dank der boomenden Tourismus- und Exportindustrie lag das Wirtschaftswachstum in Portugal im vergangenen Jahr bei 1,9 Prozent und damit doppelt so hoch wie das durchschnittliche Wachstum in der Eurozone. Das hat mehr Geld in die Staatskassen gespült und den finanzpolitischen Spielraum der Regierung erweitert. Sie hat Löhne erhöht und langjährige Tarifkonflikte mit Lehrern, Polizisten und Krankenpflegern entschärfen können.

"Wir werden die Politik der Einkommenserhöhung und die Stärkung öffentlicher Leistungen wie Gesundheit, Bildung, Wohnen fortsetzen - trotz höherer Verteidigungsausgaben. Glücklicherweise verfügt Portugal heute über eine sehr stabile Finanzlage, um beides miteinander zu vereinen," sagte Premierminister Montenegro der ZDFheute am Rande der Wahlkampfveranstaltung in Sintra.

Die Sozialisten, die größte Oppositionspartei im Land, bezweifeln jedoch, dass die konservative Regierung ihre Pläne umsetzen kann, ohne neue Schulden zu machen.

Beide großen Volksparteien präsentieren keine neuen Ideen, wie das schwerwiegendste Problem in Portugal gelöst werden kann: Die Wohnungsnot. Die Immobilienpreise in Portugal sind im vergangenen Jahrzehnt so stark gestiegen wie in kaum einem anderen EU-Staat. Die liberale Einwanderungspolitik, die sowohl wohlhabenden ausländischen Investoren wie auch Migranten aus dem Niedriglohnsektor die Tür öffnete, hat die Krise auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich verschärft.

Die konservative Regierung hat nun versucht, das Thema selbst zu besetzen. Mitten im Wahlkampf gab die Regierung bekannt, dass Tausende von Migranten abgeschoben würden. Diese Rhetorik verfolge einen strategischen Zweck, sagt Politologin Raimundo:

Ob das für eine stabile Regierung reicht, ist bislang nicht klar. In den jüngsten Umfragen zeichnet sich ein Wahlsieg der Konservativen ab, allerdings ohne eine absolute Mehrheit zu erreichen. Portugal drohen deshalb nach der Wahl ähnlich instabile Regierungsverhältnisse wie zuvor.