Zwergplanet Ceres: Spuren von Eisvulkanen, Wasser und Salz im All

Im Billardraum des Sonnensystems:Ceres: Zwergplanet überrascht mit Eisvulkanen

von Andreas Singler
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Meteoriten, die auf der Erde einschlagen, haben eine Heimat: den Asteroidengürtel. Die Raumsonde Dawn flog mittenrein - und übermittelte spektakuläre Bilder und Funde von Ceres.

Computeranimiertes Bild der Oberfläche eines Himmelskörpers mit Wolkenfahnen, die auf einer bestimmten Höhe um 90 Grad abknicken, im Hintergrund eine blaue Kugel.
Jenseits der Planeten verbergen sich Welten, eingehüllt in Dunkelheit. Außerhalb der Reichweite selbst der stärksten Teleskope liegen kaum erforschte, geheimnisvolle dunkle Orte.03.05.2025 | 44:53 min
Der Asteroidengürtel - ein Gebiet zwischen Mars und Jupiter, zwischen der Welt der Gesteinsplaneten und der Sphäre der Gasplaneten. Es ist der Schauplatz eines seit Milliarden von Jahren andauernden gigantischen Billardspiels. Die ZDFinfo-Dokumentation "Eine Reise durch das Sonnensystem - Dunkle Welten" zeigt, wie Millionen Gesteinskörper aus den Anfangstagen unseres Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren aufeinander prallen wie Billardkugeln. Sie zerspringen in immer kleinere Stücke: Asteroiden.
Inmitten dieses Trümmerfeldes: der Zwergplanet Ceres. Er war das Ziel der Raumsonde Dawn, die 2007 gestartet war und elf Jahre lang ihren Dienst versehen hat. Sie lieferte einzigartige Bilder aus einer Region unseres Sonnensystems, deren größte Objekte bislang nur als schwacher Schein erkennbar waren.

Mich erstaunt oft, dass wir Dinge wie den Urknall, das frühe Universum und weit entfernte Galaxien erforschen können, und immer noch nicht alles über unser eigenes Sonnensystem wissen.

Dr. Malena Rice, Astrophysikerin an der Yale-Universität

Eine künstlerische Darstellung der Planeten K2-18b, auf dem Forscher Hinweise auf außerirdisches Leben entdeckten.
Forscher haben auf einem entfernten Planeten offenbar Hinweise für außerirdisches Leben entdeckt. Sie entdeckten dort Schwefelverbindungen, die auf Leben hinweisen könnten.17.04.2025 | 0:25 min

Salz: Weiße Kristalle in dunkler Welt gefunden

Die Forscher der Dawn-Mission hatten sich das größte Objekt im Asteroidengürtel als letzte Etappe vorgenommen: Ceres, kugelförmig und so groß, dass er mit seinem Durchmesser von etwa 1.000 Kilometern als Zwergplanet gilt. Schätzungen zufolge vereint er bis zu einem Drittel der Gesamtmasse aller im Asteroidengürtel vorhandenen Himmelskörper.
Ceres wirkte zunächst wie alle anderen Objekte in dieser Gegend des Sonnensystems: dunkel und von Kratern übersät. Doch dann zeigten sich überall an der Oberfläche weiße Kristalle: Hinweise auf Meersalz.
Harald Lesch sitzt vor Saturn
Die Suche nach Exoplaneten ist faszinierend. Doch vielleicht finden wir Leben nicht auf den Planeten selbst, sondern auf ihren Monden! Heiße Kandidaten: die Eismonde von Saturn und Jupiter.02.04.2025 | 11:44 min
Als Dawn in die Umlaufbahn um Ceres eintrat, bewiesen Messungen des von den Kristallablagerungen reflektierten Sonnenlichts, dass es sich um Natriumkarbonat handelt: Salz. Es wurden aber auch Spuren von Hydrohalit entdeckt - Kochsalz mit Wassermolekülen in der Struktur.
Salzkristalle wie diese wurden bisher nur auf der Erde gefunden.

Die Existenz von Hydrohalit auf Ceres war überraschend.

Lynnae Quick, Nasa-Planetenwissenschaftlerin

Überraschungen waren jedoch der Normalfall auf dieser Mission.

Sehen Sie die Doku-Reihe "Eine Reise durch das Sonnensystem“ am 15. Juni ab 15 Uhr bei ZDFinfo oder streamen Sie sie jederzeit bei Web und App.

Computeranimiertes Bild eines Himmelskörpers in Form einer Walnuss, der im All schwebt, im Hintergrund ein heller orangefarbener Streifen.
In der unermesslichen Weite des Sonnensystems gibt es Welten, die sich jeder Erklärung entziehen. Seltsame Planeten und Monde, Außenseiter und Sonderlinge mit eigenartigen Formen und Größen.03.05.2025 | 44:17 min

Ein Ozean und aktive Vulkane auf Ceres

Die Funde begründeten die Annahme, dass es früher einen Ozean auf Ceres gegeben haben muss. Forscher*innen vermuten sogar, dass es noch heute unter der Oberfläche flüssige Wasser-Reservoirs gibt. Und dass es lange Zeit dort aktive Vulkane gab - vielleicht sogar noch immer gibt, wenngleich nicht mehr explosiv wie vor Millionen von Jahren.
Aber nicht glühende Lava bildete die salzigen Ablagerungen auf Ceres, sondern Eisvulkane. Die Wissenschaft spricht von Kryo-Vulkanismus, wenn Flüssigkeit oder Gas aus einer ansonsten gefrorenen Umgebung aufsteigt.
Computeranimiertes Bild eines kleinen Himmelskörpers, auf dessen Oberfläche leuchtend rote Flecken zu sehen sind, im Hintergrund ein größerer Körper mit verschiedenfarbigen Wolkenstreifen
Im Sonnensystem erschaffen Vulkane dynamische Welten. Planeten und Monde, beherrscht von Feuer und Eis. Fremde Landschaften mit gigantischen Vulkanen, deren Eruptionen bis ins All reichen.03.05.2025 | 43:57 min

War Ceres sogar zeitweise bewohnbar?

Vermutet wird, dass schlammiger Match aus der Tiefe nach oben gelangt. Dort verdampft das schwach gebundene Wasser. Übrig bleiben große Salzablagerungen, wie sie in dem Ceres-Krater Occator gefunden wurden.
Occator mit seinen 92 Kilometern Durchmesser ist das Ergebnis eines Asteroideneinschlags vor rund 22 Millionen Jahren. Dieser könnte den Eisvulkanismus in Gang gesetzt und die Integrität der ansonsten harten Kruste dauerhaft beeinträchtigt haben. Ganz versiegt scheint die vulkanische Aktivität noch immer nicht zu sein.
Professor Harald Lesch schaut in die Kamera. Neben ihm sieht man grafisch dargestellt den Sendetitel sowie die Originalaufnahme eines unidentifizierten Flugobjekts.
Intelligentes außerirdisches Leben – gibt es wahrscheinlich nicht. Ufos – sind vor allem was für Spinner. So denkt die Mehrheit der Deutschen. Forschende sehen das anders.12.04.2022 | 43:41 min
Durch die beim Aufprall entstehende Hitze könnte sich Ceres in der Folge sogar in einen - theoretisch - zeitweise bewohnbaren Ort verwandelt haben. Bis sich wieder Kälte breit machte.

Was Ammoniakfunde über die Herkunft von Ceres verraten könnten

Helle, leicht gelbliche Ablagerung auf der Oberfläche von Ceres wiesen noch auf einen weiteren Stoff hin, der hier nicht erwartet worden ist: Ammoniaksalze. Vermutlich war der Zwergplanet also einst mit gefrorenem Ammoniaksalz bedeckt. Das wirft Fragen nach dem Herkunftsort von Ceres auf.

Dort, wo Ceres sich heute befindet, existiert Ammoniak nicht in Form von Eis. Es muss sich in größerer Entfernung von der Sonne bilden, wo es kalt genug ist.

Queenie Hoi Shan Chan, Planeten-Wissenschaftlerin der Royal Holloway Universität London

Eine Theorie zur Herkunft von Ceres besagt: Der heutige Planet im mittleren Asteroidengürtel muss weiter draußen im Sonnensystem entstanden sein. Jenseits der Eislinie - wo Ammoniak gefriert.
Vielleicht hat Jupiter ihn mit seiner Schwerkraft angezogen. So wanderte er auf die Sonne zu in seine heutige Position inmitten des Trümmerfeldes Asteroidengürtel. Das schmelzende Ammoniakeis hinterließ schließlich jene hell-gelblichen Salze, die die Raumsonde Dawn in einigen Kratern identifiziert hat.
Computeranimiertes Bild einer breiten Schlucht in eisiger Landschaft, im Hintergrund ein großer Himmelskörper, dessen Oberfläche mit verschiedenfarbigen Streifen bedeckt ist.
Eine Reise zu den kältesten und entlegensten Welten des Sonnensystems. Orte, an denen sich Eis sonderbar verhält. Es könnte sogar eine Umgebung geschaffen haben, in der Leben möglich ist.03.05.2025 | 44:15 min

Dawn: Lebensabend im Billardraum des Sonnensystems

Für Dawn war elf Jahre nach dem Start eine aufregende Mission zu Ende. Der Kontakt zur Erde ist zwar erloschen. Zehntausende gestochen scharfe Bilder beschäftigen die Forschung jedoch noch für viele Jahre.
Mit den letzten Treibstoffresten ihres elektrischen Ionenantriebs wurde die Sonde in eine Umlaufbahn um Ceres manövriert. Dort verbringt sie gewissermaßen ihren Lebensabend, im Billardraum des Universums.
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