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In Straßenbahn in Brand gesetzt:Frau in Gera angezündet: Ehemann stellt sich
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Er soll seine Frau in einer Straßenbahn in Gera mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet haben. Nun stellte sich der Ehemann des Opfers der Polizei.
Nach dem Brandanschlag auf eine Frau in einer Straßenbahn in Gera in Thüringen ist der mutmaßliche Täter festgenommen worden. Der Mann habe sich am Montagvormittag bei der Polizeiinspektion Gera gestellt und habe bei der Festnahme keinen Widerstand geleistet. Bei ihm handelt es sich laut Polizei um den 46 Jahre alten Ehemann der verletzten Frau.
Frau mit brennbarer Flüssigkeit übergossen
Ein Angreifer hatte die Frau am Sonntagvormittag in einer Straßenbahn mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet. Andere Fahrgäste drückten den Notfallknopf, woraufhin die Bahn stoppte und die Türen öffneten. Der Straßenbahnfahrer löschte das Opfer mit einem Feuerlöscher ab, der Täter nutzte die Gelegenheit zur Flucht. Die Frau erlitt lebensgefährliche Verbrennungen. Ein Rettungshubschrauber flog sie in eine Klinik.
Noch am Sonntag verdichteten sich nach Ermittlerangaben Hinweise, dass es sich bei dem Verdächtigen um den Ehemann der Frau handeln dürfte. Die Polizei startete daraufhin eine Öffentlichkeitsfahndung und veröffentlichte ein Foto des Gesuchten.
Motiv bislang unklar
Mit welcher Flüssigkeit der Mann die 46-Jährige übergoss, ist noch Gegenstand der Ermittlungen - zunächst war von Benzin die Rede gewesen. Zum Motiv des Mannes war zunächst nichts bekannt. Auch über den Gesundheitszustand des Opfers gab die Polizei am Montag nichts Weiteres bekannt.
Glücklicherweise seien neben der Frau selbst keine weiteren Menschen körperlich verletzt worden, sagte eine Polizeisprecherin. Aber: Den anderen Fahrgästen und dem Tramfahrer sei psychologische Betreuung angeboten worden. "Einige haben das Angebot wohl auch angenommen", so die Sprecherin.
LKA durchsucht Wohnung des Tatverdächtigen
Die Polizei suchte der Sprecherin zufolge auch "verschiedene Örtlichkeiten" ab und ging Hinweisen nach, wonach der Gesuchte gesehen worden sein soll. Am Montagmorgen durchsuchten Spezialkräfte des Thüringer Landeskriminalamts die Wohnung des Tatverdächtigen in Gera.
Sicher ist: In der Familie gibt es auch mehrere Kinder und der Mann war kein Unbekannter bei der Polizei. Diese bestätigte zudem, dass es bereits vor einigen Wochen zu einem Polizeieinsatz bei der Familie gekommen war. Weitere Angaben wurden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht.
Die Polizei ermittelt wegen versuchten Mordes und bittet weiter um Zeugenhinweise zur Tat. Wann der Tatverdächtige einem Haftrichter vorgeführt werden soll, war zunächst noch offen.
Innenministerin Faeser: "Grauenhafte Tat"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer "grauenhaften Tat". Diese sei "kein Einzelfall, statistisch gibt es fast jeden Tag einen Femizid in Deutschland".
Wir brauchen mehr Härte gegen die Täter und mehr Aufmerksamkeit und Hilfe für die Opfer.
Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
Dazu gehörten ein stärkeres Schutz- und Hilfesystem für Frauen, eine effektive Strafverfolgung der Täter und die elektronische Fußfessel.
Schon am Sonntag zeigte sich der Oberbürgermeister der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt Gera erschüttert ob der Attacke. Kurt Dannenberg machte sie ebenfalls als Symptom eines grundlegenden Problems aus. "Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter - die heutige Tat ist eine der niederträchtigsten", sagte der CDU-Politiker laut Mitteilung. Das Opfer werde sein Leben lang gezeichnet sein.
Kriminologin: Täter zeigen oft "kontrollierende Verhaltensweisen"
Als Femizide gelten grundsätzlich Tötungen von Frauen, die im Zusammenhang mit ihrem Geschlecht stehen, erklärte Kriminologin Julia Habermann von der Ruhr-Universität Bochum gegenüber ZDFheute live:
Sie werden getötet, weil sie Frauen sind.
Julia Habermann, Kriminologin
"Frauen werden sehr häufig durch den aktuellen oder ehemaligen Partner getötet", so Habermann. "Oft ist dem Ganzen eine Trennung vorausgegangen oder die Trennung stand im Raum". Ob dies auch im Fall des mutmaßlichen Mordversuches in Gera Teil des Motivs ist, ist derzeit unklar.
Klare Täterprofile gebe es nicht, so die Wissenschaftlerin - allerdings seien "kontrollierende Verhaltensweisen" innerhalb der Beziehung eine Gemeinsamkeit von Tätern. Zur Bekämpfung bräuchte es auch ein stärkeres Beratungsangebot. Es brauche auch die "weitere Sensibilisierung" von Polizei, Justiz und Gesellschaft.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa, AFP
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