Algen als Zukunftsfood: Gesund essen, nachhaltig genießen

Nahrungsmittel aus der Ostsee:Frische Algen: Superfood vor der Haustür

von Hai-Hsin Lu
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Gesundes Gemüse, das weder Ackerland noch Frischwasser braucht: Zwei Dänen ernten mit ihrem Unternehmen Algen aus der Ostsee und bringen sie auf dänische Teller.

Eine Bowl mit Algen, mit Sesam bestreut und einer Zitronenscheibe garniert, in der Essstäbchen stecken.
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"Hier in Dänemark und im restlichen Europa denken viele, Algen liegen nur stinkend am Strand!" Die Vorurteile gegen lästige Algen kennt Simon Weber Marcussen nur zu gut. Der 29-Jährige steht im hüfthohen Wasser im dänischen Isefjord, die Hände voll frisch geerntetem Blasentang.
Weber Marcussen ist bei der Wildernte: Eine Alge nach der anderen zieht er aus dem Meer, schneidet die Blätter ab und lässt die restliche Pflanze wieder ins Wasser fallen, damit sie weiterwachsen kann. Im Gegensatz zu Deutschland ist das Ernten von wildem Tang in Dänemark kommerziell erlaubt.
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Vom Scherz zur Unternehmensidee

Vor neun Jahren ließ sich der Däne auf ein Geschmacksexperiment ein. Er kostete erstmals jene Algen, die in den heimischen Gewässern der Region Odsherred, westlich von Kopenhagen, in Hülle und Fülle wachsen.

Meine Mutter meinte damals zu meinem Vater und mir: Wir sind doch von Wasser umgeben. Macht doch mal was mit den ganzen Algen.

Simon Weber Marcussen, erntet Algen

Was als ein Scherz begann, wurde zur Unternehmensidee. Simon und Claus Weber Marcussen gründeten "Dansk Tang" ("Dänische Algen") - und erschlossen sich eine ganz neue Wertschöpfungskette direkt vor der Haustür.
Zwei Männer ernten Algen aus dem heimischen Gewässer.
Simon (r.) und Claus Weber Marcussen haben für "Dansk Tang" Studium und Job an den Nagel gehängt.
Quelle: ZDF

Ein befreundeter Koch begann, passende Gerichte mit dem Meeresgemüse zu entwickeln. Als schließlich sogar ein Michelin-Restaurant eine Bestellung für frische Algen aufgab, brach Sohn Simon sein Studium ab, und auch Vater Claus kündigte seinen IT-Job.
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Nachhaltig und nährstoffreich

Algen liefern wertvolle Nährstoffe und brauchen zum Wachsen weder Dünger noch Süßwasser oder fruchtbares Ackerland. Entscheidend für den Verzehr ist die Wasserqualität. Denn das Meeresgemüse filtert das Wasser, in dem es wächst, und nimmt so z.B. Stickstoff auf, in Fällen von Wasserverschmutzung aber auch Schwermetalle. Weber Marcussen überprüft deshalb regelmäßig die Gewässer, die für ihre Wildernte infragekommen.

Die Alge ist sehr nährstoffreich. Sie enthält Vitamine, Proteine, Jod und Eisen sowie Omega-3. Diese ungesättigten Fettsäuren sind lebenswichtig und finden sich unter anderem auch in Fischen, da sie Algen fressen. Der direkte Verzehr von Algen ist eine nachhaltige Alternative, die gleichzeitig gegen Überfischung hilft.

Frische Algen für Dänemark

Pro Tag erntet Weber Marcussen durchschnittlich 40 Kilogramm Algen, die wild in den Gewässern des Kattegats wachsen. Hier gedeihen rund ums Jahr um die 16 Algenarten, die der 29-Jährige und sein sechsköpfiges Team bei Wind und Wetter händisch schneiden.
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Knapp 500 Meter von der Küste entfernt liegt der Firmensitz von "Dansk Tang". Hierher bringt Weber Marcussen die Ernte und macht sie bereit für Lieferungen, die an Restaurants in ganz Dänemark gehen. Raschelnde Berge an getrockneten Algen werden derweil in Kisten verpackt, denn er verkauft das Meeresgrün auch in Reformhäusern.

Algen lassen sich trocken jahrelang aufbewahren.

Simon Weber Marcussen

Plan B
Quelle: ZDF

Mehr Dokumentationen von plan b und Hintergründe dazu finden Sie jederzeit auf der ZDF-Streaming-Plattform oder samstags um 17:35 Uhr im TV.

Algenzucht für die steigende Nachfrage

Um dem steigenden Interesse gerecht zu werden, sucht die Firma nach effizienten Methoden, Algen im größeren Stil ernten zu können. "Genau das ist der Grund, warum wir mit der Kultivierung von Algen begonnen haben", erklärt Weber Marcussen. "Nur so können wir in Zukunft die benötigten Mengen liefern."
Zwei Männer begutachten einen Algen-Strang in der Küche.
Simon Weber Marcussen (l.) und Koch Claus Henriksen probieren regelmäßig Algengerichte aus.
Quelle: ZDF

Er fährt mit dem Boot hinaus zu seiner Meeresfarm. An langen Seilen wächst inzwischen schon der großblättrige Zuckertang. Er zieht eine weitere Leine an die Oberfläche und überprüft das tropfende Gewächs, es sind Meeresspaghetti.
Hier laufen erste Versuche, eine neue Wildalgen-Sorte zu züchten. Dafür sammelt der Autodidakt Keimzellen diverser Algenarten und züchtet sie zunächst im Labor, bevor er sie ins Meer bringt. Er hofft, heimisches Meeresgemüse so planbarer ernten zu können.
Blick auf einen stehendes Gewässer. Zu sehen ist die Oberfläche des Wassers und auch, die vielen Algen, die sich darunter verbergen. Im Hintergrund grenzen Steinhügeln ans Waser.
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Ein Gemüse der Zukunft?

Für den Unternehmer steht fest: Algen werden eine wichtige Rolle in der Ernährung der Zukunft spielen. Ressourcenschonend, nährstoffreich und vielseitig einsetzbar - ein regionales Superfood, das auf die europäischen Teller gehört.

Algen sind nichts anderes als Gemüse, das unter der Wasseroberfläche wächst. Das sollten wir nutzen.

Simon Weber Marcussen

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