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Das Gute zum Wochenende:Wenn der Fußgängerschutz zum Maßstab wird
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Guten Morgen,
gemeinhin ist das mit dem Hinweis auf Paradiese so eine Sache. Anders sieht das in Pontevedra im spanischen Galizien aus. Da gibt es tatsächlich ein kleines Paradies - ein Fußgängerparadies. Als der Arzt Miguel Fernández Lores 1999 Bürgermeister der 80.000 Einwohner zählenden Stadt wurde, da tat er etwas für die damalige Zeit Außergewöhnliches: Er verbannte die Autos aus der Innenstadt, ließ Ampeln und Verkehrsschilder abbauen. Das Zentrum unterscheidet nicht mehr zwischen Bürgersteig, Fahrradweg und Fahrbahn. Straßenmarkierungen? Fehlanzeige! Die goldene Regel lautet: Fußgänger haben immer Vorfahrt, gefolgt von Radfahrern. Am Ende stehen motorisierte Fahrzeuge, und davon dürfen nur ganz wenige ins Zentrum - der öffentliche Nahverkehr, die direkten Anwohner und der Lieferverkehr. Aber für alle gilt: nicht schneller als 30 Kilometer pro Stunde.
Was waren die Folgen? Bürgermeister Lores ist noch immer im Amt. Der Einzelhandel hat profitiert, die Umwelt dank weniger CO2-Emmissionen auch, und die Unfallrate ist deutlich gesunken. Kinder spielen unbekümmert auf den Straßen oder gehen alleine durch die Stadt zur Schule, ohne Sorgen der Eltern. Das Allerwichtigste aber, was das Beispiel Pontevedra lehrt, ist die gegenseitige Rücksichtnahme, der Respekt füreinander in einer Stadt, in der die schwächsten Verkehrsteilnehmer am wichtigsten genommen werden. Pontevedra ist inzwischen Vorbild für eine grundlegend veränderte Mobilitäts- und Verkehrspolitik. Und inspirierte auch Metropolen wie Barcelona, Helsinki, Zürich oder Paris, die immer fußgänger- und fahrradfreundlicher werden. Studien belegen den Erfolg solcher Maßnahmen. Denn es gibt weniger Unfälle, Verletzte und Getötete, weniger Luftverschmutzung, weniger Verkehrslärm und Stau und mehr Lebensqualität.
Auch Deutschland verfügt mittlerweile über zahlreiche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Tempo-30-Zonen, aber eine wirkliche Mobilitätsstrategie der Zukunft ist nicht zu erkennen. Zwar hatte die gescheiterte Ampel-Koalition in diesem Februar noch eine "Fußverkehrsstrategie" verabschiedet, doch dafür standen lediglich 2, 5 Millionen Euro Fördergelder bereit. Die neue Koalition hat sich zu fußgängerfreundlichen Veränderungen bisher nicht festgelegt.
Anders in Österreich: Dort rief das Bundesverkehrsministerium vor Jahren einen "Masterplan Gehen" ins Leben aus. Allein Wien investierte im vergangenen Jahr mehr als 20 Millionen Euro in die Verbesserung des Fußverkehrs.
Um die Optimierung der Verkehrssicherheit geht es heute auch bei "plan b". Die Forscherin Nora Strauzenburg hat sich zum Ziel gesetzt, vor allem die Jüngsten zu schützen. Die Expertin des Fraunhofer Instituts entwickelte eine neue Form der Verkehrserziehung: Schüler lernen, sich mittels Virtual Reality Brillen besser auf Verkehrssituationen einzustellen. Wie wichtig solche Schulungen sind, verdeutlichen die Zahlen: Allein im Jahr 2023 verunglückten in Deutschland 27.000 Kinder unter 15 Jahren im Straßenverkehr. Deshalb fordern auch Polizei, Unfallforscher und Autoclubs ein Umdenken bei der Verkehrsplanung, zuletzt beim Verkehrsgerichtstag Anfang des Jahres.
Denn wieviel Raum und Rücksicht man Fußgängern entgegenbringt, ist auch eine gesellschaftliche Entscheidung.
Ich wünsche Ihnen viel Zuversicht und ein schönes Wochenende
Ihr Christian Dezer, Redaktionsleiter von plan b
Was noch gut war diese Woche
"Grüner" Nobelpreis verliehen: Anfang der Woche wurde der "Goldman environmental prize" an mehrere Umweltschützer verliehen. Der Preis, der auch der "grüne Nobelpreis" genannt wird, geht an Menschen, die sich weltweit und erfolgreich für den Schutz des Planeten einsetzen. In diesem Jahr wurden Aktivisten ausgezeichnet, die erfolgreich gegen Minengesellschaften, Plastikfirmen und Energieunternehmen gekämpft hatten. Darunter der Spanier Carlos Mallo Molina, der den Bau eines Hafens in einem geschützten Meeresgebiet auf den Kanarischen Inseln verhindern konnte. Die Peruanerin Mari Luz Murayari und die beiden Albaner Besjana Guri und Olsi Nika setzen sich in ihren Ländern erfolgreich für den Schutz von Flüssen ein. Der Preis wird seit 1990 verliehen.
Keimtötende Farbe: Für Krankenhäuser ist der Kampf gegen Keime eine tägliche Herausforderung. Eine an der Universität von Nottingham neue entwickelte Farbe könnte jetzt dabei helfen die Aufgabe zu erleichtern. Forschende erprobten einen Anstrich, der ein Desinfektionsmittel enthält, welches zur Behandlung von Infektionen verwendet wird. Die Farbe erwies sich als wirksam bei der Beseitigung von Bakterien und Viren, einschließlich schwer abzutötender Arten wie MRSA, Grippe und Covid-19. Die Farbe kann auf eine Reihe von Kunststoffen und harten, nicht porösen Oberflächen aufgetragen werden, um eine antimikrobielle Beschichtung zu erhalten. Die Forschenden haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Mehr Inklusion im Deutschen Museum: Das Deutsche Museum in München verstärkt seine Bemühungen beim Thema Inklusion. Ab Ende des Monats führen Tandems von Menschen mit und ohne Behinderung Besuchergruppen durch das Museum. Mit den Begegnungen untereinander sollen Berührungsängste und Barrieren abgebaut werden. Museumsbesucher sollen Menschen mit Behinderung in einer führenden Position erleben.
Ihre Portion Konstruktives am Wochenende
Am Dienstag war "Earth Day". Damit wird seit 1970 auf den Klimawandel und die Umweltzerstörung hingewiesen. Die "plan b"-Doku "Mission Artenschutz" zeigt, wie engagierte Menschen dafür kämpfen, die Natur stärker zu schützen.
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Zusammengestellt von Christian Dezer.
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