Beethoven: Neue Erkenntnisse könnten Taubheit erklären

Der Grund für seine Taubheit?:Beethovens Locken enthüllen Bleivergiftung

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Zum Ende seines Lebens war Ludwig van Beethoven fast vollständig taub. Die Ursache seiner Taubheit ist umstritten. Jetzt gibt eine Gen-Analyse seiner Locke neue Hinweise.

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Bei der Uraufführung seiner letzten vollendeten Sinfonie, der neunten, war Ludwig van Beethoven fast vollständig taub. Daneben plagten den Komponisten lange viele weitere Gebrechen: ständige Bauchkrämpfe, Blähungen und Durchfall. Die Ursache für seine Krankheitsgeschichte wird seit 200 Jahren kontrovers diskutiert.

Theorien zu Beethovens Krankheiten

Verschiedene Theorien identifizierten wahlweise die Paget-Knochenkrankheit, das Reizdarmsyndrom, Syphilis, Pankreatitis, Diabetes oder eine Nierenerkrankung als Ursache. Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben Forscher schon vor 14 Jahren eine vermeintliche Locke Beethovens auf chemische Rückstände untersucht. Das Ergebnis: Der Komponist hatte eine schwere Bleivergiftung. Dumm nur, dass sich später die Locke als einer Frau zugehörig erwies.
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Haarlocken als Forschungsobjekt

Zum Glück, zumindest für die Forschung, waren Haarlocken von "Stars" zu Zeiten Beethovens begehrte Souvenirs. Und so befinden sich zahlreiche vermeintliche Locken des Musikers in Umlauf. Und genau auf diese Locken hat es ein internationales Forschungsteam unter Schirmherrschaft der Universität Cambridge abgesehen.
Die Jagd nach Beethovenlocken für Forschungszwecke habe vor rund 30 Jahren begonnen, erzählt William Meredith, Beethovenforscher und Teil des Forschungsteams. Und zwar als Ira Brilliant, Sammler von Beethovenmemorabilien, eine Locke ersteigert hatte, um den Komponisten besser erforschen zu können.

Beethovens Haarlocke im Labor

Seitdem hat sich die Genanalyse stetig weiterentwickelt. So konnte William Meredith nun zwei echte Beethovenlocken im Speziallabor für Schwermetallanalysen der renommierten Mayo Klinik in Rochester, Minnesota, testen lassen.
Die Haarprobe wird im Laufe der Testung zerstört, erklät Laborleiter Paul Jannett. Daher müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer möglichst kleinen Probe auskommen, um einen möglichst großen Teil der historisch wertvollen Locken zu erhalten. Zunächst werden die Locken gewaschen, getrocknet und gewogen. Dann wird das Haar in Salpetersäure aufgelöst.
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Stattliche Bleiwerte

Das Ergebnis haben die Forscherinnen und Forscher analysiert. Fazit: Auch Beethovens originale Haarprobe wies deutlich erhöhte Bleiwerte auf - genau wie die Locke seiner Zeitgenossin.

Die sogenannte Berman Locke, die etwa aus den Jahren 1820 bis 1827 stammt, hatte etwa 258 Milligramm Blei pro Haargramm. Und die Halm Locke hatte 380 Milligramm Blei pro Haargramm.

Paul Jannetto, Laborleiter Mayo Klinik

Das seien extrem hohe Bleiwerte, erläutert Paul Jannetto. "Viel höher als unser heutiger Referenzbereich, der unter vier Milligramm liegt."

Volkskrankheit Bleivergiftung?

Bleivergiftungen waren zu Zeiten Beethovens keine Seltenheit. Ronen Loebstein, Experte für toxikologische Geschichte am Tel Aviver Forschungskrankenhaus Sheba, erklärt: Ursache könnten die im Europa des 19. Jahrhunderts weit verbreiteten Wasserrohre aus Blei sein. Aber auch Wandfarben, Keramikglasuren, bemalte Trinkgläser und vor allem billige Weine seien bleihaltig gewesen.

Viele Weine, besonders die billigeren, enthielten Bleiazetate und es gibt Aussagen über Beethoven, die besagen, er habe eine Flasche Wein am Tag getrunken.

Ronen Loebstein, Toxikologe

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Taubheit durch Bleivergiftung?

Nichtsdestotrotz ist William Meredith skeptisch, dass Beethovens Taubheit allein mit einer Bleivergiftung zu erklären ist. Beethovens Gehörschäden setzten bereits mit 27 Jahren ein, die untersuchten Locken mit den extremen Bleiwerten stammten aber vom älteren Herrn Beethoven.
Laborleiter Paul Jannetto hält dagegen, dass Bleivergiftungen fortschreitend seien: Das Blei setzt sich im Laufe der Jahre zunehmend im Körper ab. So sei es stimmig, dass Beethoven mit fortschreitendem Alter immer schlechter hörte und die Halm Locke, die von kurz vor Beethovens Tod stammte, einen höheren Bleiwert aufwies, als die etwas ältere Berman Locke.
Ein endgültige Klärung der Frage könnte wohl nur durch eine Exhumierung der sterblichen Überreste erfolgen. Doch den Leichnam auszugraben, da sind sich alle einig, kommt nicht in Frage.
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Quelle: dpa

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Quelle: ZDF

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