Nachfolger dringend gesucht: Warum immer mehr Betriebe aufgeben

Nachfolger dringend gesucht:Warum immer mehr Betriebe aufgeben müssen

von Samuel Hüttenberger
|

Die IHK schlägt Alarm: Viele Unternehmer wollen in den Ruhestand, aber finden niemanden, der ihren Betrieb übernimmt. Wegfallende Arbeitsplätze und Leerstände seien die Folge.

Geschäft mit Plakat "Räumungsverkauf"

In den letzten zehn Jahren mussten immer mehr Einzelhändler wegen fehlender Nachfolge schließen. So geht es auch Rainer Hammes in Trier.

19.08.2025 | 1:53 min

Sein ganzes Leben drehte sich beim 82-jährigen Rainer Hammes alles um Schuhe. Schon als Kind war er nach der Schule jeden Tag im Schuhgeschäft, das sein Großvater 1896 gründete. Seit ungefähr 50 Jahren führt er diesen Laden in der Trierer Innenstadt nun selbst.

Doch Ende September wird das 'Schuhhaus Hammes' nach 129 Jahren für immer seine Türen schließen. Der Grund: Hammes findet keinen Nachfolger:

Wir haben immer daran gedacht, dass einmal das Ende kommt und haben uns früh genug nach anderen Nachfolgern umgesehen, aber leider hat sich keiner bereit erklärt.

Rainer Hammes, Schuhhaus Hammes

So viele Unternehmer wie nie suchen Nachfolger

Er habe sich schon vor Jahren bei seinen Kindern und Kollegen umgehört, ob jemand übernehmen möchte - alle hätten abgewunken.

Ein Mann bohrt in ein Stück Holz.

Beim Zukunftstag des Mittelstands macht der deutsche Mittelstand klar, was er von der nächsten Bundesregierung fordert. Welche Themen bewegen Unternehmerinnen und Unternehmer – und was steht für sie auf dem Spiel?

09.04.2025 | 2:26 min

Dass Unternehmen keine Nachfolger finden ist laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ein wachsendes Problem. Die IHK berät sowohl Senior-Unternehmer, die sich zurückziehen wollen, als auch Übernahmeinteressierte und stellt fest: Die Zahl der Senior-Unternehmer wird immer größer und damit auch die Schere zwischen Angebot und Nachfrage.

Im Jahr 2024 ließen sich gut 9.600 Senior-Unternehmer beraten, aber nur gut 4.000 Übernahmeinteressierte. Damit haben mindestens 5.600 Unternehmen keinen potenziellen Nachfolger. Noch vor fünf Jahren war diese Zahl nur etwa halb so groß.

Bürokratie, Energiekosten, Wirtschaftslage

Eine beunruhigende Entwicklung, findet Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin der IHK Rheinhessen. Als Gründe, warum so wenige einen etablierten Betrieb übernehmen wollen, nennt sie neben zu viel Bürokratie, steigenden Lohn- und Energiekosten auch die unsichere Wirtschaftslage.

Ein Mann bohrt in ein Stück Holz.

Beim Zukunftstag des Mittelstands macht der deutsche Mittelstand klar, was er von der nächsten Bundesregierung fordert. Welche Themen bewegen Unternehmerinnen und Unternehmer – und was steht für sie auf dem Spiel?

09.04.2025 | 2:26 min

Für viele ist ein sicherer Arbeitsplatz dann doch interessanter, als in ein Unternehmen zu übernehmen.

Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin IHK Rheinhessen

27 Prozent der Senior-Unternehmer, die sich von der IHK zur Nachfolge beraten ließen, erwägen ihren Betrieb zu schließen. Das geht aus dem 'DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2025' hervor. Fast alle Senior-Unternehmer haben denselben Grund: Es findet sich niemand, der ihr Geschäft weiterführt.

Fehlende Nachfolger: Folgen für den Wirtschaftsstandort

"Das sind erschreckende Zahlen", findet Karina Szwede. Denn wenn viele teils gut laufende Unternehmen schließen müssen, leide der Wirtschaftsstandort: "Es geht uns dann Wertschöpfung verloren."

Es führt zu Leerständen, es führt dazu, dass Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze nicht mehr gegeben sind. Aber auch, dass Regionen verarmen.

Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin IHK Rheinhessen

IHK-Unternehmensbarometer

Die Wirtschaft erwartet von der Bundesregierung drastische Einschnitte bei der Bürokratie sowie spürbare Entlastungen bei Abgaben und Energiekosten, so eine aktuelle Unternehmensumfrage der DIHK.

25.02.2025 | 1:33 min

Die DIHK spricht angesichts der fehlenden Nachfolge von "einer der größten Herausforderungen für den deutschen Mittelstand".

online-Unternehmensbörse für Nachfolgesuche

Einer der sich der Herausforderung einen Nachfolger zu finden stellt, ist Ulrich Drechsler. In seinem Laden in Mainz kann man Druckertinte kaufen und leere Patronen wieder befüllen lassen.

Das Geschäft laufe gut, doch einen Nachfolger zu finden, gestalte sich nicht einfach. Sein Mitarbeiter ist nicht bereit, den Betrieb zu übernehmen. Über Plakate oder Social Media zu suchen, sei nicht besonders erfolgreich gewesen.

Auf der Collage sieht man links eine Probe in einem Labor, in der Mitte einen Arbeiter im Stahlwerk und rechts sind mehrere Elektro-Autos zu sehen.

Mehr als 30 Unternehmen haben im Juli mit Kanzler Merz über neue Investitionen gesprochen. Ist der Wirtschaftsstandort Deutschland wieder im Kommen?

21.07.2025 | 32:05 min

Bessere Chancen erhofft sich Drechsler von einer online-Unternehmensbörse des Bundeswirtschaftsministeriums. Dort kann er seinen Betreib Übernahmeinteressierten vorstellen. Es läuft etwas zäh, dennoch ist er zuversichtlich: "Ich hätte mir (…) etwas mehr Resonanz gewünscht."

Wir haben aber jetzt durchaus schon das eine oder andere Angebot vorliegen, das muss man jetzt sondieren und schauen, wohin es geht.

Ulrich Drechsler, TintenCenter Drechsler

Auch wenn es vielleicht noch länger dauert, ist Drechsler überzeugt, dass er sein Geschäft übergeben kann und nicht schließen muss.

Damit es in Zukunft mehr Übernahmeinteressierte gibt, fordert die DIHK "Unternehmerisches Engagement einfacher zu machen". Dafür müssten unnötige Bürokratie abgebaut und Unternehmen von "zu hohen Steuerzahlungen und Energiekosten" entlastet werden.

Mehr über die Wirtschaftslage