Sky ECC: BKA-Ermittlungen zu Krypto-Handy und Kriminalität

Als die Ermittler des Hamburger Zolls im Februar 2021 die Schiffscontainer öffnen, trauen sie ihren Augen kaum. Versteckt in Kanistern mit Spachtelmasse finden sie 16 Tonnen Kokain - die bis dahin größte Menge, die je in Europa entdeckt wurde. Geschätzter Straßenverkaufswert: über zwei Milliarden Euro.

Der Schlag gegen die Drogen-Mafia war auch möglich, weil Fahnder der europäischen Polizeibehörde Europol die Kommunikation der Dealer gehackt hatten. Viele Kriminelle weltweit vertrauten damals auf den besonders gut verschlüsselten Krypto-Messenger Sky ECC. ZDF frontal liegen Tausende Dokumente aus den Sky ECC-Files vor: Chats und Fotos, die sich die Kriminellen geschickt haben - auch die der Schmuggler der 16 Tonnen Kokain.

Und das liest sich dann so: "Was ist los haben wir den Jackpot geknackt, hahahahaha. Wenn das klappen sollte bekommen wir 4 Million. Mein Bauch dreht gerade durch." Ein anderer schreibt in den Chat: "Dass die Ware so versteckt ist, kommt selten vor. Das ist schon Champions League."

"Es war wie WhatsApp für Kriminelle", sagt die Mafia-Expertin Zora Hauser. Sie forscht an der Universität in Cambridge zur Organisierten Kriminalität. "Sky ECC war unglaublich wichtig für die kriminellen Märkte, um sie effizienter zu machen. Man konnte Netzwerke aufbauen, neue Kontakte finden, sein gesamtes Geschäftsmodell organisieren", sagt Hauser.

In Deutschland hat das Bundeskriminalamt (BKA) die Ermittlungen koordiniert. Bis Ende März 2025 wurden 2.112 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Sky ECC eröffnet und 585 Haftbefehle vollstreckt, teilt das BKA auf frontal-Anfrage mit. "Die Auswertung der Crypto-Messenger-Daten zu Sky ECC ist definitiv einer der Game-Changer, um zu verstehen, wie organisierte Kriminalität in Deutschland, aber auch im internationalen Kontext stattgefunden hat", sagt BKA-Ermittler Heiko Löhr. Und ergänzt:

Für die Fahnder ist die Sky ECC-Überwachung ein großer Ermittlungserfolg. "Die Kriminellen dachten, die Polizei würde da niemals reinkommen. Und wir sind reingekommen", erinnert sich Europol-Chefin Catherine De Bolle. Auf dem Balkan haben Mafia-Clans über Sky ECC Gewaltverbrechen geplant.

Weil Europol live mitlesen konnte, habe man der Polizei vor Ort Hinweise gegeben, sagt die Europol-Direktorin. "Wir haben eine geplante Tötung in einer bestimmten Straße, zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeldet. So konnten wir 114 Morde verhindern."

Für Datenschützer ist die Sky ECC-Operation eine der größten Massenüberwachungen, die es je gegeben hat. Denn Europol hat alles gespeichert, was über "Sky ECC" verschickt wurde: mehr als eine Milliarde Nachrichten.

Rechtsanwalt Christian Lödden vertritt Mandanten, die Sky ECC genutzt haben. "Für mich ist das ein Skandal. Es gab 170.000 Telefone, der ganz überwiegende Teil in Europa, eine fünfstellige Anzahl in Deutschland. Und man hat über anderthalb Jahre sämtliche Daten mitgeschnitten. Das ist definitiv der größte Eingriff in die Privatsphäre von deutschen, europäischen und Weltbürgern", kritisiert er.