Tupperware und Co: Wie Network Marketing funktioniert
Tupper, Finanzprodukte und Co.:Wie sich Netzwerkmarketing entwickelt hat
von Gregor Lischka
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Der Vertrieb von Produkten über Netzwerkmarketing hat nicht nur Küchen der Republik, sondern auch Social Media erobert. Wie kam es dazu - und wann wird das Ganze zur Betrugsmasche?
Verkaufspartys zu Hause: Wie funktioniert Netzwerkmarketing - und wie seriös ist das Vertriebsmodell?
Quelle: obs
Was haben Tupperdosen mit fragwürdigen Finanzvertrieben auf Social Media gemeinsam? Die Verkäufer bewerben oft nicht nur ein Produkt oder eine Dienstleistung, sondern werben gleichzeitig auch neue Verkäufer an - und verdienen an deren Verkäufen wiederum mit. Doch ab wann wird aus diesem Vertriebsmodell eine fragwürdige Masche?
Die Ursprünge: Vom Direktvertrieb zum Netzwerkmarketing
Die Wurzeln des Netzwerkmarketings liegen im klassischen Direktvertrieb, der besonders in den USA der 1900er bis 1920er Jahre aufkam. Zu dieser Zeit zogen immer mehr Verkäufer von Haus zu Haus, um Bürsten, Salben oder Werkzeuge zu verkaufen. Gerade in ländlichen Gebieten war das oft die einzige Möglichkeit, an solche Produkte zu gelangen.
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Claudia Groß, die als Professorin an der Universität Nijmegen zur Geschichte von Multi-Level-Marketing-Systemen forscht, erklärt:
Man muss natürlich bedenken, dass es in den USA damals keine Geschäfts-Infrastruktur wie heute gab.
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Claudia Groß, Professorin an der Universität Nijmegen
Als die Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren zuschlägt, wird der Direktvertrieb für viele zur finanziellen Notlösung. Firmen suchen neue Wege, um ihre Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen, während viele Arbeitslose jede Einkommensmöglichkeit ergreifen.
In den 1940er Jahren geht eine Firma noch einen Schritt weiter: Nutrilite, ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, führt ein neues System ein. Verkäufer können nicht nur an eigenen Abschlüssen verdienen, sondern auch an den Umsätzen neuer Vertriebspartner, die sie angeworben haben.
Das Prinzip "Internal Buying"
Das Clevere beim Netzwerkmarketing: Neue Verkäufer müssen oft ein Starter-Set erwerben, also erstmal selbst zu Kunden werden - und dann neue Kunden finden, um diesen Kauf zu refinanzieren. Es ist ein Prinzip, das man "Internal Buying" nennt und das man auch von klassischen Direktvertrieben kennt. In den USA hebt ein praktischer Küchenhelfer dieses Prinzip auf eine neue Stufe: Die Tupperdose. Beziehungsweise: Die Tupperparty.
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Verkaufen mit Emotionen: Die Tupperware-Idee
"Earl Tupper hatte selbst keinen koordinierten Verkaufsplan, bevor wir Tupperware-Homepartys veranstaltet haben", sagte einst die amerikanische Marketing-Ikone Brownie Wise. Sie entwickelte das sogenannte Partyplan-Verkaufssystem für das von Earl Tupper gegründete Unternehmen und war damit maßgeblich für dessen späteren Erfolg verantwortlich.
Ihr Konzept: Produkte von Tupperware gibt es nur auf speziellen Partys, die von Gastgeberinnen organisiert werden. Diese laden Freundinnen und Nachbarinnen ein, wodurch das Verkaufen nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine soziale und emotionale Dimension bekommt. Der soziale Druck, auf solchen Partys auch wirklich etwas zu kaufen, selbst wenn man das Produkt gar nicht braucht, kann hoch sein.
Vom Haushaltshelfer zur Betrugsmasche?
Doch während klassisches Netzwerkmarketing auf den Verkauf realer Produkte setzt, gibt es auch undurchsichtige Modelle, die vor allem darauf basieren, neue Mitglieder ins System zu ziehen. Solche Pyramidensysteme funktionieren nur so lange, wie immer mehr Menschen einsteigen - bis das ganze Konstrukt schließlich zusammenbricht.
Man hat etwas, was eigentlich überhaupt gar keinen Wert hat und das man nie richtig verkaufen könnte. Aber schafft man es, ein Netzwerkmarketing-System aufzuziehen, dann kann man damit sehr viel Geld verdienen.
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Claudia Groß, Professorin an der Universität Nijmegen
Marie lernt ihren Traumpartner kennen und lässt sich von ihm überzeugen, in Kryptowährung zu investieren. Plötzlich ist der Mann weg - und mit ihm ihr Geld.21.02.2025 | 5:58 min
Ob ein Unternehmen ein seriöses Netzwerkmarketing-Modell oder ein Pyramidensystem betreibt, lässt sich mit zwei Fragen überprüfen:
Wird das Geld vor allem durch den Verkauf echter Produkte verdient - oder nur durch das Anwerben neuer Mitglieder?
Sind die Verdienstmöglichkeiten für die Vertriebler realistisch - oder beruhen sie auf vagen Versprechungen?
Nicht jede Form des Netzwerkmarketings ist also gleich ein Scam. Doch die Strukturen dieser Systeme machen sie anfällig für Missbrauch und falsche Versprechungen.
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