Rasanter Anstieg bei Neuverträgen:Ifo-Institut warnt: "Mietmarkt wird zur Lotterie"
Die Mieten bei Neuverträgen steigen drastisch, besonders in Großstädten. Das Ifo-Institut in München warnt vor den sozialen und ökonomischen Folgen dieser Entwicklung.
Laut eine Ifo-Studie sind neue Mietverträge in den sieben größten deutschen Städten im Schnitt 48 Prozent teurer als Bestandsverträge.
Quelle: dpaDie immer höheren Wohnungsmieten lassen nicht nur Großstadtbewohner, sondern auch die Wirtschaft leiden. Oliver Falck vom Münchner Ifo-Institut warnt:
Wenn Arbeitskräfte sich Wohnen in den Metropolen nicht mehr leisten können, verlieren die Städte an wirtschaftlicher Kraft.
Oliver Falck, Münchner Ifo-Institut
Zusammen mit anderen Forschern hat Falck errechnet, dass neue Mietverträge in den sieben größten deutschen Städten im Schnitt 48 Prozent teurer sind als Bestandsverträge. Pro Quadratmeter sind das 4,48 Euro.
Großstadtmieten: "Sozialer Sprengstoff"
Besonders groß ist die Differenz demnach in Berlin mit rund 70 Prozent, gefolgt von München mit 45 Prozent und Hamburg mit 37 Prozent. In Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf liegen die Aufschläge zwischen 30 und 36 Prozent.
SPD-Arbeitsministerin Bas will den Sozialbetrug mit Schrottimmobilien unterbinden. Ihre Idee: Der vom Amt zu bezahlende Mietpreis je Quadratmeter soll gedeckelt werden.
12.10.2025Seit 2013 seien die Mieten bei Neuverträgen um rund drei Viertel gestiegen, bei bestehenden Verträgen hätten sie nur moderat zugelegt.
Diese Entwicklung droht zum sozialen Sprengstoff und zum Wachstumshemmnis für Städte zu werden.
Oliver Falck vom Münchner Ifo-Institut
Auf dem Wohnungsmarkt hat sich ein neues Mietmodell entwickelt: Die Pauschal- oder All-inclusive-Miete.
16.05.2024 | 3:40 min"Der Mietmarkt wird zu einer Lotterie"
Sein Mitautor Simon Krause beschreibt die "Schere" auf dem Wohnungsmarkt genauer: "Während Mieterinnen und Mieter im Bestand von regulierten und stabilen Preisen profitieren, zahlen Wohnungssuchende bei Neuverträgen deutlich höhere Mieten. Das kann bei gleicher Lage und gleicher Wohnungsgröße mehrere hundert Euro Unterschied bedeuten, der Mietmarkt wird zu einer Lotterie", sagt er.
Das hat auch Folgen dafür, wie stark Haushalte von der Miete belastet sind. Bei Bestandsmieten sind es laut Ifo bei Haushalten mit niedrigem Einkommen seit Jahren stabil etwa 35 Prozent des Einkommens. Bei Neuvermietungen erreiche dieser Wert in Großstädten inzwischen fast 50 Prozent.
Angesichts der großen Differenz zwischen der Miete in bestehenden Verträgen und Neuverträgen bleiben die Menschen lieber in ihren günstigen Wohnungen, auch wenn diese nicht mehr zu ihrer Lebenssituation passen.
Pascal Zamorski, Mitautor
"Das senkt die Mobilität der Menschen und beeinträchtigt ihre Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt", sagt Pascal Zamorski, ein weiterer Mitautor.
Ein Studium war noch nie so teuer wie heute. In vielen deutschen Unistädten geben Studierende inzwischen mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete aus – im Schnitt rund 505 Euro im Monat. Dazu kommt die Wohnungsnot. Über drei Viertel der Studierenden, die allein oder in einer WG leben, gelten heute als armutsgefährdet. Tim und Simon aus Münster zeigen, wie schwer es ist, mit knappem Budget ein WG-Zimmer zu finden. Zum Semesterbeginn müssen beide auf Notlösungen zurückgreifen: Sie schlafen auf dem Campingplatz oder auf dem Sofa bei Freunden.
10.10.2025 | 11:06 minIfo sieht Politik in der Pflicht
Als Lösung nehmen die Forscher die Politik in die Pflicht: Diese müsse stärker auf der Angebotsseite ansetzen und den Wohnungsbestand effizienter nutzen. Entscheidend seien niedrigere Kosten beim Bau sowie beim Kauf beziehungsweise Verkauf, schnellere Genehmigungen und gezielte Förderung bezahlbarer Wohnungen.
Die Regulierung von Mietpreisen könne zwar dämpfend wirken, löse aber das Problem des knappen Wohnraums nicht.
Immer mehr Vermieter bieten Wohnungen zu überhöhten Preisen an, indem sie den Wohnraum möbliert und "zum vorübergehenden Gebrauch“ vermieten. Damit ist es möglich, die Mietpreisbremse zu umgehen.
01.07.2025 | 7:37 minDas Ifo steht mit seiner Analyse nicht allein. Erst vor einer Woche hatte das Pestel-Institut aus Hannover einen ähnlichen Schluss gezogen.
"Die Erstarrung der Wohnungsmärkte führt natürlich auch zur Erstarrung der Arbeitsmärkte, weil die Leute nicht mehr umziehen können, um Arbeitsplätze in anderen Regionen anzunehmen", sagte Pestel-Chefökonom Matthias Günther bei der Eröffnung der Münchner Immobilienmesse Expo Real.
Die Lösung der Wohnungsfrage ist Voraussetzung der wirtschaftlichen Entwicklung.
Matthias Günther, Pestel-Institut
Gesellschaft | Volle Kanne:Pauschalmiete: Vor- und Nachteile
6:16 minNachrichten | heute in Europa:Steigende Mieten und Inflation in Europa
Nachrichten | heute in Europa:Hohe Mieten in Wien
von Aleksandar Maier und Wolf-Christian Ulrich