Es ist der Alptraum eines jeden Urlaubers: Der Koffer taucht am Gepäckband nicht auf. Was Sie in einer solchen Situation tun können, verrät Reiserechtsexperte Kay P. Rodegra.
Dass Koffer nicht am Reiseziel ankommen und man den Urlaub ohne Gepäck beginnen muss, ist keine Seltenheit. In den meisten Fällen passieren Fehler bei Umsteigeverbindungen, wenn das Gepäck umgeladen wird und zum Beispiel auf falschen Förderbändern oder Gepäckwagen landet.
Falls auch Sie am Zielflughafen ankommen und nach der Landung ohne Koffer vor dem leeren Gepäckband stehen: Bewahren Sie Ruhe! Die meisten Koffer tauchen in der Regel spätestens fünf Tage später wieder auf und werden Ihnen dann kostenfrei an Ihren Urlaubsort nachgeliefert.
Gepäckband leer – was nun?
Im Ankunftsbereich jedes Flughafens befindet sich der sogenannte „Lost and Found“-Schalter. Mancherorts ist er auch als Gepäckschalter gekennzeichnet. Wenden Sie sich an die Mitarbeiter und melden Sie Ihr Gepäck als vermisst. Bewahren Sie auf jeder Flugreise Ihren Gepäckabschnitt (auch „Baggage-Tag“ genannt) gut auf. Beim Check-in wird Ihr Koffer mit einer individuellen Registrierungsnummer versehen. Diese Nummer findet sich auf Ihrem Baggage-Tag wieder.
Reiserechtsexperte Kay P. Rodegra empfiehlt darüber hinaus: „Machen Sie sofort am Flughafen bei der entsprechenden Airline eine Verlustanzeige, dann kann nach dem Koffer gesucht werden. Ist man mit einem Reiseveranstalter unterwegs und gehört der Flug mit zum Reisevertrag, informieren Sie auch die Reiseleitung und den Reiseveranstalter.“
Damit Ihr Koffer möglichst schnell wieder gefunden werden kann, sollte er sich von anderen Gepäckstücken unterscheiden. Koffer in auffälligen Farben oder mit unverwechselbaren Details können leichter gefunden werden. Außerdem sollten Sie vor der Abreise Ihr Gepäck mit der Zieladresse versehen – beim Hinflug mit der Adresse Ihres Hotels und beim Rückflug mit der Adresse Ihres Wohnorts. Manchmal fällt die Registrierungsnummer der Airline ab. Dann kann Ihr Gepäckstück nur noch durch Ihre Adresse zugeordnet werden. Zur Sicherheit sollten Sie zudem ein weiteres Adresskärtchen in den Koffer legen.
Urlaub ohne Kleidung?
Fluggesellschaften reagieren recht unterschiedlich, wenn deren Passagiere am Zielort ohne ihr aufgegebenes Gepäck ankommen. Falls Ihnen selbst das Nötigste fehlt, sollten Sie dies bereits bei der Verlustmeldung anmerken und nachfragen, wie Ihre Airline in diesem Fall üblicherweise vorgeht. Manche Fluggesellschaften halten sogenannte Overnight-Kits bereit und stellen ihren Passagieren die nötigsten Hygieneartikel zur Verfügung. Je nachdem, wie lange Ihr Gepäck noch unterwegs ist, kommen Sie um einen Einkauf von Ersatzkleidung und Toilettenartikeln jedoch nicht herum. Dazu Kay P. Rodegra: „Man kann sich notwendige Ersatzkleidung und auch Hygieneartikel kaufen. Allerdings sollte man unbedingt alle Belege aufbewahren.“
Wichtig: Beschränken Sie sich auf das Nötigste, und verzichten Sie auf besonders teure Produkte. Die Airlines legen hier den Grundsatz der „Angemessenheit“ an; die Grenze ziehen die Fluggesellschaften jedoch unterschiedlich. Manche Airlines erstatten die Auslagen für den Kauf von Waschartikeln komplett und von Textilien zu 50 Prozent. Andere Fluggesellschaften bieten ihren Passagieren hingegen Pauschalen von 25 bis 200 Euro für Ersatzbeschaffungen. Lassen Sie sich in jedem Fall bei Ersatzeinkäufen Quittungen geben. Diese müssen Sie schließlich bei Ihrer Fluggesellschaft einreichen. Nur belegbare Auslagen können Ihnen im Nachhinein erstattet werden. Der Umfang von möglichen Noteinkäufen lässt sich verringern, wenn Sie von vorneherein anders packen. Bestimmte Gegenstände sollten Sie stets im Handgepäck transportieren. Achten Sie dabei jedoch auf die limitierte Größe des Gepäckstücks.
Was sollte ins Handgepäck?
Packen Sie lebensnotwendige Medikamente oder Messinstrumente für Diabetiker niemals in Ihren Koffer. Medikamente unterliegen nicht der sogenannten 100-Milliliter-Regel, das heißt sie dürfen in der Regel ins Handgepäck und müssen auch nicht in einem Plastikbeutel transportiert werden (Beipackzettel mitnehmen). Achten Sie jedoch auf die Einreisebestimmungen Ihres Reiselandes. Diese finden Sie auf den Webseiten des Auswärtigen Amtes.
Wertgegenstände wie Bargeld oder Schmuck sollten stets ins Handgepäck. Auch wertvolle elektronische Geräte wie Laptops oder Foto- und Videokameras gehören nicht in Ihren Koffer, sondern ins Handgepäck. Falls Ihr Gepäck verloren bleibt, werden Wertgegenstände von der Airline in der Regel nur zu einem Teil beziehungsweise nur zu einem festgelegten Höchstbetrag ersetzt.
Wichtige Reisedokumente wie Reisepass, Visum, Impfpass, Unterlagen zur Auslandskrankenversicherung sollten ebenfalls ins Handgepäck, da Sie ohnehin jederzeit auf sie zugreifen können sollten.
Packen Sie die notwendigsten Kosmetika und Toilettenartikel ins Handgepäck. Achtung: Sonnencreme, Shampoo, Duschgel, Body Lotion oder After Shave zählen zu den Flüssigkeiten, die der 100-Milliliter-Regel unterliegen. Sie dürfen nur in Behältnissen transportiert werden, die höchstens 100 Milliliter fassen und müssen in durchsichtigen Plastikbeuteln (maximal ein Liter) verstaut werden.
Packen Sie Ihr Handgepäck so, dass Sie mindestens eine Nacht ohne Ihr aufgegebenes Gepäckstück auskommen könnten.
Schadensersatzansprüche
In den meisten Fällen wird Ihnen Ihr Gepäck mit ein paar Tagen Verspätung an Ihren Aufenthaltsort nachgeliefert. In 95 Prozent aller Fälle sind dies höchstens fünf Tage. In seltenen Fällen gelingt es der jeweiligen Fluggesellschaft jedoch nicht, Ihr Gepäckstück zurückzuverfolgen, nachzuschicken und zuzustellen. Dann ist die Rede vom sogenannten Totalverlust. Falls Ihr Koffer beschädigt auf dem Gepäckband liegt, verspätet ankommt oder verschwunden bleibt, haben Sie gegenüber der Fluggesellschaft Ansprüche auf Schadensersatz. Hierbei gelten die Regelungen des Montrealer Übereinkommens, das unter anderem Haftungsfragen im internationalen Luftverkehr vereinheitlicht.
In jedem Fall liegt der Höchstbetrag dieses Anspruchs bei circa 1360 Euro. Dies gilt pro Person, nicht jedoch pro Gepäckstück. Bei Verlust muss man der Airline eine Inhaltsliste des Koffers vorlegen. Wie hoch die tatsächliche Entschädigung ist, entscheidet die jeweilige Airline nach eigenem Ermessen. Bindend sind hingegen die Fristen, innerhalb derer Sie Ihre Ansprüche bei der Airline geltend machen müssen.
Beschädigung des Gepäcks sieben Tage nach Erhalt Verspätung des Gepäcks 21 Tage nach Erhalt
Koffer verschollen
Wenn Ihr Gepäck verspätet war, können Sie den Wert Ihrer Ersatzbeschaffungen einfordern. Falls Ihr Koffer verschollen bleibt, wird jedoch nur der aktuelle Zeitwert des Koffers samt dessen Inhalt ersetzt. Dafür müssen Sie genau nachweisen können, was sich in dem Koffer befand und was die jeweiligen Kleider und Gegenstände wert waren. Kaufbelege und Quittungen könnten Ihnen dabei helfen, den Wert Ihres Gepäcks etwas genauer beziffern zu können.
Bei Koffer-Totalverlust
Kay P. Rodegra: „Dann muss man der Airline und gegebenenfalls auch dem Reiseveranstalter mitteilen, dass man nun seinen Koffer samt Inhalt ersetzt haben möchte. Man muss eine Liste über den Inhalt des Koffers anfertigen und vorlegen.“
Kay P. Rodegra: „Man bekommt für den Inhalt des Koffers und auch für den Koffer selbst Ersatz. Ersetzt wird jeweils der Zeitwert. Hier gilt bei Fluggepäck aufgrund einer internationaler Regelung eine Haftungshöchstgrenze von etwa 1.360 Euro.“ Wenn der Inhalt des Koffers über diesem Betrag liegt, empfiehlt der Reiserechtsexperte, vor Beginn des Fluges die Airline darauf hinzuweisen und den Kofferinhalt extra zu versichern. „Gegebenenfalls übernimmt auch eine Gepäckversicherung den höheren Wert.“
Kay P. Rodegra: „Am besten machen Sie vor der Abreise ein Foto vom offenen gepackten Koffer. Erstellen Sie eine Liste über den Inhalt und lassen Sie zusätzlich jemand anderen kurz hineinschauen. Gut ist auch, wenn man Quittungen von den Käufen vorlegen kann, aber das kann natürlich nicht immer erwartet werden.“ Ein weiterer Tipp: Legen Sie einen Zettel mit der Heimatsanschrift und der Urlaubsanschrift in den Koffer.
Besonderheiten einer Pauschalreise
Ihr Gepäck kam im Rahmen einer Pauschalreise zu spät am Flughafen Ihres Urlaubslandes an? Dann müssen Sie die Verspätung nicht nur der Airline, sondern ebenfalls sofort Ihrem Reiseveranstalter melden. Sprechen Sie direkt Ihren Reiseleiter vor Ort an. Ein Urlaub ohne Gepäck stellt einen sogenannten Reisemangel dar. Für jeden Tag ohne Ihr Gepäck steht Ihnen eine Minderung des Reisepreises zu. In den meisten Fällen können Sie rund 20 bis 30 Prozent des Tagespreises zurückerstattet bekommen – manchmal sogar erheblich mehr. Hilfreich für die Berechnung der Reisepreisminderung können die Minderungstabellen vom ADAC, die Kemptener Reisemängeltabelle oder bei Kreuzfahrten die „Würzburger Tabelle“ sein.
Bleibt Ihr Gepäck verschwunden, haben Sie zusätzlich zur Preisminderung Anspruch auf Schadensersatz. Dann ist Ihr Haftungsgegner ebenfalls die Airline, aber auch der Reiseveranstalter.