Chancengleichheit durch Inklusion?
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Die Inklusion behinderter Kinder in Regelschulen ist ein allgegenwärtiges Thema in Deutschland. Wie ist es um die Chancengleichheit der „Förderkinder“ wirklich bestellt und welche Möglichkeiten oder Probleme haben Betroffene im Alltag?
Antworten auf die Frage nach dem aktuellen Fortschritt der Inklusion in Deutschland liefert die Studie der Bertelsmann Stiftung „Chancenspiegel“, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) der Technischen Universität Dortmund und dem Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) der Friedrich-Schiller-Universität Jena seit 15 Jahren immer wieder und auf verschiedenen Ebenen die Chancengleichheit deutscher Schüler vergleicht.
Ziel Chancengleichheit
Die Studie zeigt, dass sich der Anteil der Kinder mit Förderbedarf bundesweit von 2002 bis 2014 um 1,5 Prozent erhöht hat. Fast verdreifacht hat sich in diesem Zeitraum der Anteil der Förderkinder, die auf eine Regelschule gehen: von 13,3 Prozent auf 34,1 Prozent. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat auch die von Deutschland 2009 unterschriebene UN-Behindertenrechtskonvention, die dazu verpflichtete, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Förderbedarf zu unterstützen.
Auch laut der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Johanna Wanka, hat das Schulwesen in Deutschland eine positive Entwicklung angenommen. „Der Chancenspiegel 2017 zeigt viele erfreuliche Entwicklungen im Schulwesen – mehr Schülerinnen und Schüler nutzen Ganztagsangebote, es gibt weniger Schulabbrecher, die Inklusion schreitet voran“, so die Ministerin im Frühjahr dieses Jahres. Das Ziel der Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen bleibt jedoch eine wichtige und zentrale Aufgabe.
Wie sieht es im Alltag aus?
Die Lehrer, Eltern und Schüler des Bielefelder Gymnasiums „Heepen“ waren bereit, zu berichten, wie sie über das Projekt „Inklusion“ denken und welchen Problemen sie sich im schulischen Alltag stellen müssen.
Leider wird Kindern mit Förderbedarf schon die Anmeldung an einer Regelschule erschwert: In die 5c des Bielefelder Gymnasiums Heepen gehen 25 Kinder, von denen sieben Inklusionskinder sind. Luis ist einer von ihnen. Da er den Förderbedarf „lernen“ hat, braucht er die Unterstützung eines Sonderpädagogen. Luis hat Glück auf das Gymnasium gehen zu können, da er nah genug dran wohnt, jedoch wird er das Gymnasium nur bis zur neunten Klasse besuchen dürfen. Einen höheren Abschluss muss er an einer Förderschule machen. Hier scheitert das Modell Inklusion.
Zu wenig Personal
Ein nicht minder großes Problem ist der Fachpersonalmangel in den Schulen. Die Zahlen sprechen für sich: Am Bielefelder Gymnasium Heepen müssen sich zwei Sonderpädagogen um 15 Förderkinder kümmern und das, ohne die anderen Kinder zu vernachlässigen. Lehrerin Kathrin Schorn erklärt, dass sie nicht allen Kindern mit Förderbedarf gerecht werden kann, ohne dass es den Lernprozess der anderen Kinder stört, auch wenn diese den sogenannten I-Kindern helfen wollen. Ein „Regelkind“ beklagt, dass die I-Kinder öfter drangenommen werden, da sie weniger wissen. Dabei sind die Lehrer bemüht, für jede Klasse mit Förderkindern individuelle Lehrpläne zu erstellen, was einen gewaltigen Mehraufwand mit sich bringt. „Abends sitzt man deutlich länger am Schreibtisch, weil man die Pläne für die Kinder mit Integrationsstatus nochmal innerhalb der Gruppe differenzieren muss, um allen Kindern gerecht zu werden“, berichtet Kathrin Schorn.
Auch wenn die offiziellen Zahlen einen durchaus positiven Fortschritt der Inklusion behinderter Kinder in Regelschulen zeigen, besteht vielerorts noch Handlungsbedarf. Der reale Alltag ist aufgrund von Fachpersonalmangel in den Schulen optimierungsbedürftig. Lehrern und Kindern wird der Lernalltag erschwert und nur wenige trauen sich, das Problem Inklusion anzusprechen, aus Angst in einen Interessenskonflikt oder in den Verruf von Diskriminierung zu geraten.
Mit Material von: Bertelsmann-Stiftung, Spiegel Online, BMBF und Chancen-Spiegel
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