Markus Hof, ursprünglich 187 Kilo schwer, hat sich den Magen verkleinern lassen. Wir begleiten ihn seit einem Jahr, haben ihn vor, während und nach der OP getroffen. Heute berichtet er uns, wie es ihm ein Jahr nach der Operation geht.
Die steigende Adipositasrate der letzten Jahre stellt eine schwerwiegende Belastung der internationalen Gesundheitssysteme dar. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betrachtet die krankhafte Fettleibigkeit (morbide Adipositas) als das weltweit am häufigsten auftretende chronische Gesundheitsproblem. Zu den wichtigsten Folgeerkrankungen gehören Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes und Schlaganfall.
Ursachen von krankhaftem Übergewicht
Ursachen der sogenannten Adipositas können Stress in der Schule oder am Arbeitsplatz sein, weil dies zu Frustessen führt. Aber auch ungünstige Lebensgewohnheiten wie mangelnde Bewegung bei zu fettreicher Ernährung, genetische Faktoren, psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen, Psychosen und Burn-out können zu einer Fettleibigkeit beitragen. Um krankhaftes Übergewicht zu vermeiden, werden regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung empfohlen, sowie ein möglichst geringer Konsum zuckerhaltiger Getränke und Alkohol.
Prof. Dr. med. Rudolf Weiner, Klinik für Adipositas-Chirurgie:„Diäten sind das Schlimmste was man machen kann… alle Extremformen, die wir hier sehen, sind die Folgen von Diäten. Der Körper reagiert damit, dass in der Diätphase Hunger ansteigt, die Sättigung sinkt, aber der Körper weiß das, merkt die Unterversorgung, und das ist ein ganz alter Mechanismus, den wir seit hunderttausenden von Jahren entwickelt haben, der Körper schützt sich dagegen und fährt den Energieverbrauch nach unten. Und dann kommt irgendwann die Phase, wo man nicht mehr durchhalten kann. Der Energieverbrauch ist niedrig, die Zufuhr ist höher, und man baut jeden Tag ein Kilo wieder drauf. Bis man am gleichen Punkt ist, oder höher, also dieser Jojo-Effekt.“
Adipositas – wie behandeln?
Der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) gilt nach wie vor als Standard für die Beurteilung des Übergewichts. Der BMI errechnet sich durch das Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat. Bei einem Body-Mass-Index zwischen 30 und 40 spricht man von Fettleibigkeit, ab 40 von einer schweren krankhaften Adipositas. Menschen, die an krankhaftem Übergewicht leiden, haben eine acht bis zehn Jahre kürzere Lebenserwartung als Normalgewichtige.
Ist man von Adipositas betroffen, gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten: Dazu gehören zum einen ein Ernährungstagebuch, in dem man jeden Imbiss berechnet und sein tägliches Menü plant, zum anderen aber auch Mut und Disziplin eine Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie zu machen. Die chirurgische Behandlung mit einem Magenband, einem Magenbypass oder einer Schlauchmagenoperation wird ausschließlich Menschen empfohlen, die einen BMI von mehr als 40 haben oder einen BMI ab 35, wenn zusätzliche Risikofaktoren oder Folgeerkrankungen vorliegen.
Operationsverfahren
Bei dieser Methode wird ein kleines, verstellbares Silikonband wie ein Gürtel um den Magen gelegt. Dadurch wird der Magen ähnlich wie bei einer Sanduhr eingeengt, wodurch ein kleiner Vormagen entsteht, der durch einen schmalen Kanal mit dem Restmagen verbunden wird. Bei der Nahrungsaufnahme wird nun der Vormagen gedehnt, weshalb deutlich früher ein Sättigungsgefühl eintritt.
Der Therapieerfolg ist abhängig von der Mitarbeit des Patienten, denn: Mit dem Magenverband wird zwar die Menge der Nahrung, nicht aber der Kaloriengehalt kontrolliert. Somit kann durch Aufnahme stark kalorienhaltiger Flüssigkeiten keine ausreichende Gewichtsreduktion erzielt werden. In der Regel verbleibt das Magenband lebenslang im Körper, bei Komplikationen kann es aber wieder entfernt werden.
Auch bei diesem Verfahren wird der Magen in einen Vor- und Restmagen geteilt. An den Vormagen wird eine Dünndarmschlinge genäht, wodurch der Restmagen und der Zwölffingerdarm umgangen werden. Die Nahrung gelangt also direkt vom Vormagen in den Dünndarm. Durch diese „Abkürzung“ verringert sich die Strecke, auf der der Körper Fett und Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen und verwerten kann. Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, die ebenfalls nur noch reduziert aufgenommen werden können, müssen nach der Operation durch entsprechende Präparate ausgeglichen werden.
Für diesen Eingriff kann ein großer Bauchschnitt erforderlich sein, viele Ärzte operieren aber zunehmend minimal-invasiv. Die Operation kann nicht rückgängig gemacht werden. Sie kommt vor allem bei Patienten mit einem sehr hohen BMI (>50) oder bei Patienten, bei denen kein Magenband angezeigt ist, zum Einsatz.
Bei diesem dritten möglichen Verfahren der „bariatrischen Chirurgie“ wird der Magen unwiderruflich um bis zu 90 Prozent verkleinert. Dabei wird auch der Magenteil entfernt, der das Hungerhormon „Ghrelin“ bildet. Aus diesem Grund haben die operierten Patienten nach dem Eingriff ein weniger stark ausgeprägtes Hungergefühl. Allerdings werden bei dem Eingriff unter anderem auch Zellen in der Magenwand entfernt, die für die Bildung des „Intrinsic factors“ notwendig sind. Dahinter verbirgt sich ein Enzym, das man zur Aufnahme des Vitamin B12 benötigt. Aus diesem Grund muss Vitamin B12 nach dem Eingriff lebenslang künstlich zugeführt werden, zum Beispiel in Form einer Spritze, die einmal monatlich unter die Haut oder in den Muskel gegeben wird.
Über den schlauchförmigen Restmagen kann nur deutlich weniger Nahrung aufgenommen werden kann als vorher. Dies führt zu einem schnellen Gewichtsverlust. Auch mögliche Folgeerkrankungen des Übergewichts wie Diabetes Mellitus Typ 2, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen, verbessern sich in der Regel schnell. Durch den kleineren Magen und die dadurch eingeschränkte Menge von Nährstoffen ist allerdings keine ausreichende Versorgung mehr gewährleistet. Daher sind Mangelernährungszustände möglich, weshalb lebenslang eine engmaschige Beratung und Nachsorge durch die behandelnden Ärzte und Ernährungstherapeuten erfolgen sollte. Eine Übernahme der Behandlungs- und Operationskosten erfolgt für gesetzlich Versicherte nur fallbezogen auf Antrag.
Die mehrteilige Fernseh-Reportage „OP bei Adipositas“ von Dr. Thomas Bleich wurde in der Kategorie "Elektronische Medien" mit dem Ludwig-Demling-Medienpreis 2019 ausgezeichnet. „Die Beitragsreihe schildert in vorzüglicher Weise lebensnah und informativ die Entscheidung eines Übergewichtigen zur Schlauchmagen-OP und den beeindruckenden Verlauf im Jahr danach“, lobte die Jury. Hervorzuheben sei, dass in dieser Serie gelungen ist, ein Patientenschicksal über eine lange Zeit lebensnah und positiv darzustellen und dabei die wichtigen Fragen der Adipositas-Chirurgie zu besprechen.