Nachwuchs-Fußball: DFB-Sportdirektor Wolf mit neuen Ideen
Neue Ideen für den Kinderfußball:Mehr Bolzplatz, mehr Ballkontakte, mehr Begeisterung
von Ralf Lorenzen
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Ideen für einen neuen Kinder- und Jugendfußball, die er mit Großveranstaltungen vor Ort publik macht: Dafür erntet DFB-Sportdirektor Wolf viel Begeisterung - aber auch Skepsis.
Will den Kinder- und Jugendfußball umkrempeln: Hannes Wolf
Quelle: Imago
Als der damals frisch installierte DFB-Sportdirektor für Nachwuchs, Training und Entwicklung, Hannes Wolf, im September 2023 die neue "Trainingsphilosophie Deutschland" vorstellte, hörte Fußball-Deutschland neue Töne.
Nachwuchsfußball: Weniger Taktik und Tabellen
Jahrelang war trocken über den Reformbedarf im Nachwuchsfußball gesprochen worden, über zu viel Taktik und Tabellen sowie zu wenig Bolzplatz und Ballkontakte. Wolfs flammende Motivationsrede machte vielen Praktikern Mut für einen echten Aufbruch.
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25.12.2024 | 1:09 min
"Wir wollen für die Menschen greifbar sein", kündigte Wolf an. Zusätzlich zur Erstellung von Trainingsvideos und Online-Flipbooks reisen Wolf und sein Team durch die Republik und versuchen, den Menschen vor Ort ihren Schlüssel für ein gutes Kinder- und Jugendtraining in die Hand zu geben.
Fortbildung mit 1.000 Teilnehmenden
Beim Portal werder.de erklärte Wolf:
Wir haben kleine Spielformen, bei denen Kinder auf mehreren Feldern gleichzeitig trainieren beziehungsweise gegeneinander spielen.
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Hannes Wolf, DFB-Sportdirektor
"Dabei wird auf unterschiedliche Ziele, wie Tore, Dribbelzonen etc. gespielt, alle Spieler und Spielerinnen haben viele Ball-Aktionen, Dribblings, Torschüsse, Pässe", so Wolf.
Wie das praktisch aussieht, zeigten 16 Spieler von Werder Bremen zwischen 12 und 14 Jahren vor knapp 1.000 Trainern und Trainerinnen aus Bremen und Niedersachsen, die auf Einladung von Werder und dem Bremer Fußballverband ins Weserstadion gekommen waren. Auf zwei Feldern mit jeweils drei kleinen Toren spielten jeweils drei gegen drei Spieler plus Torwart.
Hannes Wolf (r.) mit Christian Reischke, Co-Trainer der U 15 des DFB
Quelle: Werder Bremen
Parallele Felder und kleine Spielformen
Auf dem dritten Feld kickten zwei gegen zwei auf zwei Tore. Die Tore auf diesem Feld bestanden aus Stangen, um zu zeigen, dass es kein Hinderungsgrund ist, wenn keine geeigneten Tore zur Verfügung stehen. "Dann nehmt Stangen oder Rucksäcke", sagte Wolf durchs Mikrofon.
Der Appell machte auch klar, dass es noch Widerstände gegen die neuen Spielformen gibt. Wolf kombinierte seine Erläuterungen der demonstrierten Formen immer wieder mit Begründungen für ihre Notwendigkeit.
Im linken Feld kommentierte er fast jede Aktion, machte aber mehrmals klar, dass jedes Feld in jedem Training gleich wertvoll ist. Die parallelen Felder sind in der "Trainingsphilosophie Deutschland" genauso wichtig wie die kleinen Spielformen, da sie die Partizipation möglichst vieler Spieler ermöglichen.
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Szenenapplaus und Anfeuerungen
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer war dennoch auf das Feld gerichtet, das Wolf leitete. Mehrfach wurden Schüsse, Pässe oder Torwart-Paraden mit Szenenapplaus bedacht. Auch Wolf mischte sich mitunter emotional ein. "Mach ihn, keine Gnade", feuerte er einen Torschützen an. Wichtig war ihm der Hinweis, dass jedes Feld begleitet werden muss, aber nicht notwendigerweise von einem Trainer - auch Eltern eignen sich beispielsweise als Spielfeldbegleiter.
Wolf gab auf seinem Feld für die Grundform 3 gegen 3 mit einem Torwart und wechselndem Angriffsrecht nach und nach weitere Regeln vor, die das Spiel veränderten - wie zum Beispiel Begrenzungen der Kontakte, der Zeit und der Zone für einen Abschluss. Die für jeden zugänglichen Onlinematerialien enthalten zahlreiche weitere Variationen dieser Trainingsform.
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Noch immer Vorbehalte in den Vereinen
"Wir wollen ganzheitlich trainieren, aber wir wollen Pointierungen für die Kids", sagte er.
Es wird einfacher und die Kinder haben mehr Spaß. Und das gilt für alle Alters- und Niveauklassen.
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Hannes Wolf, DFB-Sportdirektor
Wolf will damit nicht weniger als einen "gesellschaftlichen Wandel" erreichen, der auch den Schulsport erneuert.
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"Es machte sehr viel Spaß zuzuhören, vom Umfang her und der Übertragungsweise", sagte ein F-Jugendtrainer aus der Nähe von Oldenburg nach der Fortbildung vor dem Stadion. "Wir versuchen, das auch bei uns umzusetzen und nehmen an Funino-Turnieren* (*neue Spielform im Kinderfußball, Anmerk. d. Red.) teil."
Vorurteile gegen Reform müssen abgebaut werden
Vorbehalte gegen die Reform kenne er allerdings auch aus dem eigenen Verein. Meist werde gesagt, dass die Kinder lieber auf große Felder und Tore spielen wollen. "Da muss hier und da noch Überzeugungsarbeit geleistet werden, auch bei den Eltern."
Quelle: Reuters
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