Anschlag auf Konzerthalle in Moskau: Prozess startet

Anschlag auf Konzerthalle:Terrorverdächtige von Moskau vor Gericht

|

Vor über einem Jahr griffen mutmaßlich islamistische Attentäter eine Konzerthalle in Moskau an, mindestens 147 Menschen starben. Nun stehen in Russland 19 Personen vor Gericht.

Blick auf die bei einem Terroranschlag beschädigte Konzerthalle Crocus City Hall.
Nach dem Terroranschlag mit 149 Toten in der Crocus City Hall beginnt in Moskau der Prozess gegen 19 mutmaßliche Täter. US-Geheimdienste hatten vor der Gefahr früh gewarnt.04.08.2025 | 1:33 min
Nach dem islamistischen Terroranschlag auf eine Moskauer Konzerthalle in Russland mit mehr als 140 Toten hat die Verhandlung gegen mutmaßliche Attentäter und Komplizen vor einem russischen Militärgericht begonnen.

Prozess mit 19 Angeklagten

Der Auftakt des Mammutprozesses gegen 19 Angeklagte im großen Gebäude des Moskauer Stadtgerichtes fand öffentlich statt, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Danach sollte allerdings in geschlossener Sitzung verhandelt werden.
Vor mehr als einem Jahr, am 22. März 2024, waren der Anklage zufolge vier bewaffnete Männer in die Konzerthalle Crocus City Hall in Krasnogorsk am Moskauer Stadtrand eingedrungen. Sie schossen auf Besucher und Besucherinnen eines Konzerts der russischen Rockgruppe Piknik und legten Feuer. Ein Teil des Gebäudes stürzte ein.
Peter Neumann, Terrorismusexperte im Gespräch mit Antje Pieper
Der Anschlag in Moskau wurde mit großer Wahrscheinlichkeit vom sogenannten „Islamischen Staat“ verübt, schätzte Terrorismusexperte Peter Neumann kurz nach der Tat.23.03.2024 | 2:36 min

Hauptverdächtige aus Tadschikistan

Zur Zahl der getöteten Opfer kursieren in russischen Medien unterschiedliche Zahlen. Tass schrieb unter Berufung auf die Generalstaatsanwaltschaft von 149 Toten und einem Vermissten. Die Nachrichtenagentur Interfax berief sich ebenfalls auf die Behörde, schrieb aber von 147 Toten und 3 Vermissten. Mehr als 330 Menschen wurden verletzt.
Die Attentäter, Männer aus der zentralasiatischen Republik Tadschikistan, flüchteten in einem Auto und wurden im russischen Gebiet Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine und zu Belarus gefasst. Direkt danach führte die russische Justiz sie der Öffentlichkeit vor, mindestens ein Mann wies dabei Spuren von Folter auf.
Auch die mutmaßlichen Komplizen stammen aus dem früher sowjetischen Zentralasien. Sie sollen die Terroristen mit Geld, Autos oder Waffen versorgt oder ihnen Unterschlupf gewährt haben. Nach sechs weiteren mutmaßlich Beteiligten wird noch gefahndet.
Anschlag in Moskau: Verdächtiger wird abgeführt
Wenige Tage nach dem Anschlag wurden vier Männer verhaftet. Diese wiesen damals deutliche Folterspuren auf.25.03.2024 | 3:48 min

IS-Ableger offenbar Drahtzieher

Russland ist in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach von islamistischen Terroranschlägen erschüttert worden. Den Überfall auf die Crocus City Hall reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) über ihre bekannten Kanäle für sich. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten das Bekenntnis für glaubhaft und vermuten den IS-Ableger Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) hinter dem Anschlag.
Auch Moskauer Staatsvertreter bis hinauf zu Präsident Wladimir Putin gehen von einem IS-Angriff aus. Zugleich versuchten die russischen Behörden von Anfang an, die Schuld angeblichen ukrainischen Drahtziehern zuzuschieben. Stichhaltige Belege wurden nicht präsentiert, und die Regierung in Kiew hat jede Beteiligung dementiert.
Nico Lange, Sicherheitsexperte im Gespräch mit Antje Pieper
Nach dem Terroranschlag könnte Russland noch aggressiver gegen die Ukraine vorgehen, warnte Sicherheitsexperte Nico Lange. Russland werde nun versuchen, die Schwäche zu überspielen, sagte er kurz nach dem Anschlag. 23.03.2024 | 2:41 min
An dem Prozess sind den Berichten zufolge auch mindestens 115 Geschädigte als Nebenkläger beteiligt. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte der staatlichen Agentur Tass bereits in den vergangenen Tagen Einblick in die Anklage gegeben.
So soll etwa die Hälfte der Toten nicht durch Schusswunden, sondern an Brandverletzungen gestorben sein. Der Strafprozess wurde zwar angekündigt, der Beginn aber bis Sonntag geheim gehalten.
Quelle: dpa

Mehr zum Anschlag