Daniela Klette beim Prozessbeginn im März.
Quelle: dpa
Im Prozess gegen die ehemalige Terroristin der
RAF, Daniela Klette, hat das Landgericht Verden den Mordvorwurf gekippt. Das bestätigte die Pressesprecherin der Gerichtes gegenüber ZDFheute. Mit dem rechtlichen Hinweis ist der schwerwiegendste Vorwurf der Anklage vom Tisch. Im Fall einer Verurteilung kann die 66-Jährige mit einer niedrigeren Strafe rechnen.
Das Gericht geht allerdings weiter von einem sogenannten bedingten Tötungsvorsatz aus. Die Richter glauben also, dass der Schütze den Tod des Opfers zwar nicht unbedingt gewollt, ihn aber in Kauf genommen hat. Doch er sei von dem Vorsatz zurückgetreten und habe entschieden, die Tat nicht zu Ende zu bringen.
Die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin Daniela Klette steht unter anderem wegen Raubüberfällen vor Gericht. 30 Jahre lang war sie untergetaucht. 09.04.2025 | 18:12 min
Geldtransporter und Supermärkte überfallen
Der Überfall am 6. Juni 2015 in Stuhr bei Bremen dauerte nur etwa vier Minuten: Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sollen die drei ehemaligen linksextremistischen RAF-Terroristen Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub einen Geldtransporter mit knapp einer Million Euro im Laderaum gestoppt haben.
Vermummte Täter sprangen nach Angaben der Staatsanwaltschaft aus einem weißen VW-Transporter, der rückwärts gegen die Wand eines Supermarkts gefahren war. Drei Schüsse fielen, einer in den Reifen, einer gegen die Scheibe und einer gegen die Beifahrertür des schwarzen Wagens mit der anvisierten Beute. Zwei Schüsse drangen laut Anklage in die Fahrerkabine ein, die Geldboten blieben körperlich unverletzt. Das Trio soll am Ende ohne Beute geflüchtet sein.
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Anklage wegen 13 Raubüberfällen
Die Angeklagte steht unter Verdacht, mit Garweg und Staub Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen zu haben. Dabei sollen sie mehr als 2,7 Millionen Euro für ihr Leben im Untergrund erbeutet haben.
Ermittler nahmen Klette im Februar 2024 in ihrer Wohnung in Berlin fest. Sie sitzt seitdem im Frauengefängnis in Vechta in Untersuchungshaft. Ihre mutmaßlichen Komplizen sind weiter auf der Flucht.
Diskussion unter Juristen: War es ein Mordversuch oder nicht?
Die Staatsanwaltschaft wertet die Schüsse in Stuhr als Mordversuch. Diese Einschätzung ist unter Juristen umstritten: Noch vor Beginn des Prozesses stellte das Oberlandesgericht Celle klar, dass es keinen dringenden Tatverdacht wegen versuchten Mordes sieht. Auch die Verteidigung lehnte den Vorwurf von Anfang an ab. Sie betonte wiederholt, dass nicht gezielt auf den Fahrer des Geldtransporters geschossen worden sei.
Die Anwälte forderten weitere Gutachten, die unter anderem den Schusswinkel und ein Projektil überprüfen sollen.
Gericht: Geldbote blieb nur aus "reinem Zufall" unverletzt
Das Gericht lehnte die Anträge ab. Der Schütze war nach Überzeugung des Gerichts in einer solch dynamischen Situation nicht in der Lage, vor dem Abdrücken der Waffe den Schusswinkel oder das Splittern eines Projektils zu berechnen. Es sei "nur dem reinen Zufall zu verdanken", dass durch die Schüsse niemand verletzt wurde. Was am Ende zum Abbruch der Tat führte - ob das Trio beispielsweise durch eine Sirene der Polizei gestört wurde oder freiwillig den Rückzug antrat - muss nach Angaben des Vorsitzenden Richters noch geklärt werden.
Prozess für Sommerpause unterbrochen
Das Gericht hat den Prozess nun für einen Monat unterbrochen. Anfang August soll das Verfahren fortgesetzt werden. Weitere Verhandlungstermine sind bis Ende des Jahres festgelegt. Beobachter gehen davon aus, dass sich das Verfahren noch deutlich länger ziehen wird.
Quelle: dpa, ZDF